Auf den Spuren des mexikanischen Schamanismus

XtraEine fantastische Reise in das Herz Mexikos

Palenque. Foto: Steve Stoned

Text Steve Stoned

Meine dritte Reise nach Mexiko sollte eine sehr eindrückliche Reise werden. Wie ein Mosaik setzten sich die Erlebnisse nach und nach zu einer tiefgreifenden Erkenntnis zusammen. Mit offenen Augen, oder besser gesagt, mit allen Sinnen, bietet Mexiko farbenfroh einen wahren Schatz und eine unvergleichliche Vielfalt an Kunst, Kultur und Naturwundern. Mit meiner mexikanischen Freundin Mónica und ihrer Mutter bin ich die ersten Tage auf einen Besuch in Coyoacan, dem schönen südlichen Stadtbezirk von Mexiko-Stadt unterwegs, als neben uns am Ice Cafe ein junger Mexikaner mit einem bemalten Papierschild „Abrazo gratis = free hugs“ hin- und herschwingt. Unaufdringlich und offensichtlich auf besonderer Mission. Gelegentlich funktioniert der Aufruf, und er wird von verschiedenen Passanten herzlich umarmt und bekommt ab und an ein paar Pesos zugesteckt. Eine halbe Stunde beobachten wir die freudvolle Szene, und am Ende umarmen auch wir uns herzlich, und ich denke mir, was für ein schöner Moment von Herz und Menschlichkeit in diesen schrägen Zeiten! Ja, es beschäftigt mich in diesen wahrlich wirren und irren Zeiten ganz besonders: Was ist es eigentlich, das uns Menschen unmenschlich machen kann? Was macht, dass wir in Kriege ziehen, Kindern Masken aufzwingen und so viel Leid über andere bringen? Das Hauptproblem ist wohl immer die Macht – und deren Missbrauch – in den Händen weniger. Aber im Grunde sind wir doch im Guten zuhause. An dieses Menschenbild will ich auf jeden Fall glauben. Im Zentrum von Mexiko City gehen mit mir gefühlt eine Million Menschen auf und ab, und trotz der hohen Kriminalität im Land herrscht absoluter Frieden. Nun, ich weiß, eine schräge oder aggressive Person genügt bereits, damit es mit dem Frieden vorbei ist. Was ist es nur, welche Kraft ist fähig, diese Harmonie der Menschlichkeit aus der Balance zu bringen? Eine mögliche Antwort darauf werde ich auf dieser Reise erhalten.

Einige Tage später erreichen Mónica und ich mit dem Nachtbus die südliche Küste im Bundesstaat Oaxaca. Hier geht es in den meisten Küstenorten noch sehr entspannt zu. Wunderschöne Strände mit Schildkröten, der raue Pazifik und viel unberührte Natur erwarten uns. Pelikane, Seeadler und Schwärme von Seevögeln prägen den Himmel, die Wale kann man schon vom Strand aus beobachten. Hippies, Yogis, Surfer und ein bunt gemischtes internationales Publikum bestimmen das Bild. Alles ist wunderbar friedlich und entspannt. Nicht zu unterschätzen ist das Meer mit seinen unberechenbaren Wellen und starken Strömungen. Hier ist absolute Vorsicht geboten, denn das Meer kann alles andere als friedlich sein. In geschützten Buchten ist das Schwimmen kein Problem, aber es ist auf jeden Fall ratsam, nahe am Ufer zu bleiben.

Es gibt viele Kurse und Workshops, vor allem Yoga und Wellness, aber auch psychedelische Angebote wie Ayahuasca- und Kambô-Rituale sowie Erfahrungen mit dem 5-MeO-DMT-haltigen Sekret der Coloradokröte Incilius alvarius (Syn. Bufo alvarius) werden an Flyerwänden angeboten – wobei man sich fragen sollte: wer veranstaltet das, brauche ich das, tut es mir wirklich gut und passt das alles wirklich hierher? Mit dem Motorroller erreichen wir einen kleinen einheimischen Strand in Strandnähe. Dort kann man sich gut und günstig mit mittelmäßigem Gras eindecken. Dazu gibt es noch Cannabis Space Cookies und Space Cakes.  In Mexiko ist medizinisches Cannabis legal; Cannabis für Erwachsene ist zum Konsum noch nicht vollständig legalisiert, aber der Besitz von fünf Gramm oder weniger für den Freizeitgebrauch wurde 2009 entkriminalisiert. Eine landesweite Legalisierung ist in Planung, aber wie wir alle wissen, kann das dauern. Außerdem kann man hier beobachten, dass dezent konsumiert wird; ein zurückhaltender, respektvoller Umgang ist  angesagt. Man will und sollte hier sicherlich keine schlafenden Hunde wecken!

Auch Pilze und allerlei geheimnisvolle Tinkturen sind im Laden zu finden. Neben Mescal gibt es Mixturen mit Pilzen, Peyote, Potenzmittel aus allen möglichen Kräutern und Pflanzenextrakten. Wer sich wirklich auskennt, wird hier seine wahre Freude haben; ansonsten ist alles in Bezug auf Dosierung und Wirkung mit Vorsicht zu genießen! Einnahme-Anleitungen und Dosierungsinfos gibt es hier ausschließlich von der wirklich netten jungen Verkäuferin. Wir dürfen uns durch diverse Mescal-Drinks testen, und da meine Experimentierzeit vorbei ist, begnügen wir uns am Ende mit etwas Gras und Cookies. Auch bei den Keksen gilt: Erst mal ein Viertel zum Testen, das ist meistens schon genug. Im Regal entdecke ich ein Bild von Dona María Sabina (1894–1985), der berühmten Curandera des mexikanischen Indianervolkes der Mazateken. Manchmal ist sie auch als Street Art verewigt. Sie lebte in den Bergen von Oaxaca. Während ihrer Zeremonien (veladas) arbeitete sie mit den Kräften des heiligen Psilocybe-Pilzes und konnte viele Kranke heilen. Sie setzte ihre Kräfte wohl immer zum Guten ein und wurde von vielen als Heilige angesehen. Ihr Ruf eilte ihr voraus, ihre Geschichte wurde berühmt und viele Bücher wurden ihr gewidmet (siehe Box am Ende des Artikels). Die Pilze hier sehen hervorragend aus,; der Preis von 1000 Pesos ist wohl María Sabinas Berühmtheit zu verdanken und etwas abgehoben.

Wir verbringen die Wochen am Strand, mit Motorrollerausflügen, gutem Essen, kleinen Partys und genießen die fantastischen Ausblicke und die Natur. Ich bekomme viel Inspiration zum Zeichnen und skizziere meine neuen Ideen. Unsere täglichen Spaziergänge am Strand sind fantastisch. Als wir eines Tages zu einem Felsen am Ende des Strandes kommen, ist das Naturschauspiel besonders beeindruckend: Pelikane fischen und vollführen ihre Flugkünste zum Greifen nah, und das Spiel der Wellen des Pazifiks ist magisch. Oben auf dem Felsen entdecken wir einen Iguana (Leguan). Majestätisch sonnt er sich und überblickt das Naturschauspiel im Sein und Jetzt, als blicke der Schöpfer selbst auf sein Reich. So nennen wir das Schauspiel „The Kingdom“. Immer wieder kommen wir hierher, jedesmal zeigt sich Iguana, aber nur wir scheinen den „König“ zu bemerken. Oder zeigt er sich nur uns? Seltsam, wenn andere Besucher hier sind, sieht niemand zu Iguana auf. Am Tag vor unserer Abreise treffen wir Iguana wieder, sicherlich ein weiteres Prachtexemplar eines Leguans, und nur durch eine göttliche Fügung können nur wir wieder ein grandioses Kletterspektakel in einem Baum beobachten.

Lucys Xtra

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