Cannabis in der Alchemie

XtraDie Kunst des Destillierens

Text: Christian Rätsch

Die Alchemie ist die Lehre von dem inneren Zusammenhang der Stoffe und deren Gesetzmäßigkeiten bei der Umwandlung (Transformation oder Transmutation) der aus den vier Elementen (Luft, Wasser, Feuer, Erde) aufgebauten materiellen und geistigen Welt. Die Alchemie verbindet naturwissenschaftliche mit geistigen Methoden.

Auf der materiellen Ebene werden Elixiere, die zu Unsterblichkeit und Erleuchtung, zum »Stein der Weisen« führen, und Allheilmittel (Panazeen) mittels chemischer Techniken gesucht. Auf der geistigen Ebene wird die Bewusstseinserweiterung, die sogenannte Destillation des Geistes, die schrittweise Klärung des Bewusstseins und die Einweihung in höhere Sphären angestrebt. Oft sind die komplizierten äußeren technischen Verfahren nur symbolische Abbilder entsprechender innerer Prozesse. Die Alchemie kann als ein Ritual verstanden werden, bei dem die Handlungen im Laboratorium mit den eigenen Bewusstseinsprozessen in Einklang gebracht werden (Hartlaub 1959, Metzner 1971: 83–105, 1989).

Das Wort Alchemie kommt aus dem Arabischen al kimya, das »Schwarze«. Die Alchemie war schon im Altertum eine Geheimswissenschaft, die sich auf den griechisch-ägyptischen Gott Hermes-Trismegistos berufen hat (Fowden 1993, Luck 1990: 443–465). Hermes ist der im Dunkeln existierenden hemerischen Geheimbund-technisch und philosophisch-magisch-astrologischen Methode der Alchemisten das Vorbild gewesen. Die Alchemie wurde mit dem Ziel betrieben, Metalle wie Blei Gold herstellen zu können, was schon im Altertum zu den Aufgaben der ägyptischen Priester und Gelehrten gehörte. In China und Indien wurden ähnliche Bestrebungen unternommen (Luck 1990: 445f.). In der Hochzeit der mittelalterlichen Alchemie (14.–17. Jh.) stand nicht nur die Gewinnung von Heilmitteln im Vordergrund, sondern auch die Herstellung ätherischer Essenzen – in einer eigenen Technik, der Destillation.

Die ätherischen Öle galten nicht nur als stark wirksam, sondern waren auch ein Weg, die »Quintessenz« einer Pflanze, also ihr innerstes Wesen, zu gewinnen. »In der alchemistischen Symbolik ist das ätherische Öl das Prinzip der Subtilität, der Geistigkeit und der ätherischen, über die Materie hinausgehenden Dimensionen. Es ist das Prinzip der Vergeistigung des Immateriellen« (Luck 1990: 446). Dabei war besonders das Prinzip der Destillation in den Fokus alchemistischer Interessen gerückt. Der Beginn der Destillierkunst liegt im Dunkeln.

Der bislang älteste archäologische Fund einer Destillationsapparatur wurde in den Ruinen von Mohenjo Daro, wo die Wurzeln des arisch-vedischen Soma-Rituals und des Yoga liegen, im Industal gemacht. Es war eine komplette Anlage aus Terrakotta, die in das 3. Jahrtausend v. Chr. datiert wird; sie diente wahrscheinlich der Destillation von ätherischen Ölen und aromatischen Substanzen (Rovesti und Fischer-Rizzi 1995: 10f.). In der Renaissance gab es den Beruf der Destillatrice. Eine berühmte Dame ihres Faches war Caterina da Rurli, die u.a. für Giovanni de Medici tätig war:

»Als Destillateurin vieler Substanzen bereitete Caterina da Forli neben den pharmakologischen Wundermitteln auch eine ›Latwerge, um lüstern zu machen‹ zu. Dabei wurden zu einem Kilo Honig (der vom Verderben schützt und sich rasch in Blut verwandelte) Skinke, geschälte Pinienkerne, Zimt, Kalumuswurzel und Hanfsamen gegeben. Da sie eine erfahrene Destillateurin war, hatte sie das richtige Rezept ausgefüllt, um das Glied die ganze Nacht steif stehen zu lassen. Wenn man das balsamische Elixier getrunken hatte, wurde die erstaunliche Flüssigkeit rasch wirksam. Und sie untermerkte: ›Geh zu Bett mit der Frau, und du wirst sehen, daß es steif steht, und du sie vierzehn können, oft so viele es ihr gefällt, und du wirst feiern können‹.« (Camporesi 1991: 52f.)

Lucys Xtra

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