Cannabis und Politik: Sprachliche Entgleisungen

Ein Kommentar von Michael Kleim

Markus Söder (CSU), 21. Februar 2022; PK im Prinz-Carl-Palais. Foto: CC-BY-SA 3.0: Michael Lucan; Rauch: PNG-Bild von de.pngtree.com/. Montage: MB

Markus Söder (CSU) positioniert sich zum Cannabisgesetz mit den Worten: „Wir wollen, dass dieser Unfug gestoppt wird“, „größte Aprilscherz aller Zeiten“.

Friedrich Merz, Michael Kretschmer und Dr. Reiner Haseloff äußern sich mit „unverantwortlich“ ähnlich polemisch.

Dass diese Politiker das neue Gesetz ablehnen und dies mit zugespitzten Formulierungen ausdrücken, ist nicht nur ihr Recht, sondern Teil der demokratischen Kultur.

Jedoch gehören die Verweigerung einer Sachdebatte, billige Stimmungsmache und beleidigende Formulierungen deutlich nicht zu einer demokratischen Streitkultur.

Diese Politiker haben hier eine diffamierende und arrogante Sprache gewählt, die Respekt vor der Meinung Andersdenkender völlig vermissen lassen.

Selbst in Sachen Drogenpolitik keine Fachleute, wollen sie paternalistisch von oben herab ihr politisches Gegenüber abkanzeln und Personen belehren, die in dieser Sache deutlich mehr Kompetenz haben.

Äußerungen wie „Unfug“, „Aprilscherz“ und „Unverantwortlich“ sprechen den Befürwortern des Cannabisgesetzes Kompetenz, sachliche Ausrichtung und Verantwortung für die Gesellschaft ab. Doch genau diese Faktoren haben konkret zu dem Cannabisgesetz geführt.

Die Beleidigung von Herrn Söder geht dabei über die Landesgrenze hinaus. Folgende Persönlichkeiten setzen sich seit über zehn Jahren für eine Entkriminalisierung von Drogengebrauch und einen grundlegenden Wandel in der Drogenpolitik ein.

Kofi Annan — ein Aprilscherz?

Ruth Dreifuss — redet Unfug?

Louise Arbour — ist verantwortungslos?

Ich bin der Meinung, Herr Söder sollte sich für seine Wortwahl bei den Betroffenen entschuldigen, sprachlich abrüsten und den Schaden, den er bereits jetzt für die demokratische Kultur angerichtet hat, begrenzen.

Harter Streit in der Sache: Ja, immer gern. Aber wenn sich Politiker*innen verrannt haben, sollten sie das Format haben, zurückzurudern und zu ihrem Fehlverhalten stehen.

Persönlichkeiten, die für Entkriminalisierung eintreten (kleine Auswahl):

·  Kofi Annan, ehem. UNO-Generalsekretär

·  Louise Arbour, Hochkommissarin für Menschenrechte bei den Vereinten Nationen (bis 2008)

·  Jane Philpott, Kanadische Gesundheitsministerin unter Premier Trudeau

·  Garcia Sayan, ehemaliger Minister für Justiz und Menschenrechte von Peru

·  Adeeba Kamarulzaman, Gründerin des Centre of Excellence for Research on AIDS Malaysia

·  Ruth Dreifuss, Alt-Bundesrätin und 1999 Bundespräsidentin der Schweiz.

·  Helen Clark, von 1999 bis November 2008 war sie die 37. Premierministerin Neuseelands

www.globalcommissionondrugs.org/the-five-pathways-to-drug-policies-that-work