Text Hans Cousto
Die rituelle Einnahme von das Bewusstsein verändernden Pflanzen und Pilzen haben in vielen Kulturen rund um den Globus eine lange Tradition. Psychedelische Riten werden auch heute in vielen Ländern praktiziert, wobei die Riten selbst sich im Laufe der Zeit immer wieder gewandelt haben und auch heute stetigen Änderungen unterworfen sind. Im Zentrum blieb jedoch immer ein Mysterium, das mit Worten nicht beschrieben sondern nur erlebt werden kann. Dieses Mysterium ist die eigentliche spirituelle Psychedelikatesse, die man nach der rituellen Einnahme von entheogenen Psychoaktiva erleben und genießen kann.
Zu den bekanntesten spirituellen Riten zählen jene, die über viele Jahrhunderte in Eleusis zelebriert wurden. So schrieb Mathias Bröckers in den Buch „Die Rückkehr nach Eleusis“, dass fast zwei Jahrtausende lang, bis zur Zerstörung des Tempels durch christliche Barbaren im 4. Jahrhundert, Wallfahrer jedes Jahr im September auf der Heiligen Straße von Athen nach Eleusis gezogen seien. Dort umtanzten sie den der Göttin Demeter geweihten Brunnen im Vorhof der Mysterienhalle. Die Nacht verbrachten sie in dieser Halle, einem großen fensterlosen Saal. Priester bereiteten einen „heiligen Trank“, den Kykeon, den die Teilnehmer gemeinsam zu sich nahmen – und dann geschah es. Eine so unmittelbare und unaussprechliche Erfahrung, dass sie nur „geschaut“, aber nicht ausgesprochen werden durfte.
Das, was die Griechen in der Antike dort erschauten, waren Knospen für eine reichhaltige kulturelle Entwicklung, die die antike Kultur zur Entfaltung ihrer einzigartigen Blüte brachten. Eleusis war der Brunnen geistiger Inspirationen für Philosophen wie Sokrates, Platon und Aristoteles; und der Tragödienautor Sophokles schrieb „Dreifach glücklich sind jene unter den Sterblichen, die, nachdem sie diese Riten gesehen, zum Hades schreiten; ihnen allein ist dort wahres Leben vergönnt.“
Das „Geheimnis“ der psychedelischen Riten ist nicht nur ein kulturelles Welterbe, sondern auch eine schöpferische Quelle für eine vielfältige kulturelle Entfaltung. Dieses „Geheimnis“ offenbart den teilnehmenden Menschen an diesen Riten das Wunder des Lebens, das Göttliche in ihrem innersten Wesen oder anders ausgedrückt, wer sie eigentlich sind in dieser Welt. Doch für das wahre Göttliche oder den wahren Gott gibt es kein Wort respektive keinen Namen. Für das Wunder der Schöpfung und seines Schöpfers wie auch für das Wunder des Lebens gibt es keinen Namen und so entstand das Verbot, über das heilige Mysterium von Eleusis zu sprechen, weil Worte für das dort Erlebte nicht geeignet sind, den Gehalt des Erfahrenen wiederzugeben. Genauso, wie es den Juden verboten ist, den Namen Gottes auszusprechen. Rabbinischen Nachrichten zufolge durfte er nur vom amtierenden Hohepriester am Versöhnungstag ausgerufen werden. Zu allen anderen Gelegenheiten wurde die lange belegte Anrede „(mein) Herr“ (Adonaj) als Ersatzbezeichnung verwendet.
Das „Tao Te King“ ist das Buch vom Weltgesetz und seinem Wirken, das Lotse um 600 vor unserer Zeitrechnung geschrieben hat. Der erste Satz lautet: „Das Tao hat keinen Namen, und wenn es einen Namen hat, ist es nicht das Tao.“ Gemäß einer anderen Übersetzung lauten die ersten vier Sätze: „Das Wesen, das begriffen werden kann, ist nicht das Wesen des Unbegreiflichen. Dar Name, der gesagt werden kann, ist nicht der Name des Namenlosen. Unnambar ist das All-Eine, ist innen. Nambar ist das All-Viele, ist außen.“ Und so ist es auch mit dem Mysterium der Psychedelikatessen, es ist einfach unbeschreiblich, es hat keinen Namen.