Das Goa-Buch

Von der Szene für die Szene

Auszug aus dem Magazin

1989 entführte mich mein Freund Paul aus London für den Silvesterabend nach Anjuna in Goa. Er sagte mir, er würde mich zu einer Party im Dschungel bringen, die erst um vier Uhr morgens beginnen würde – wegen der Polizei. Ich sagte ihm, dass ich zu müde und zu alt sei und irgendwie gar nichts unternehmen möchte. Aber dann zwang er mich in ein Taxi und wir fuhren an den Rand eines riesigen Tales, von wo man das Arabische Meer überblicken konnte. Es war eine traumhafte Vollmondnacht, die Sterne glitzerten in der Dunkelheit der blauen Sternennacht, und in der Ferne sahen wir die Lichter und den Staub. Wir fuhren vorsichtig weiter und erreichten ein Lager mit Kokospalmen, wo ein Dutzend Frauen auf Matten sitzend Chai servierten. Die Musik konnte man förmlich durch den Boden hören. Ich hatte so etwas noch nie gehört – eine neue Form von Psy-Disco? Moderne elektronische Musik für Erwachsene kam aus den riesigen Lautsprechern, überall Schwarzlichter und leuchtende Gemälde und Fadenkunstskulpturen in allen Farben. Auch die Baumstämme waren fluoreszierend bemalt. Alles leuchtete, und Hunderte Tänzer stiegen aus dem Staub empor – die Geister dieser Szenerie. Der Vibe war genial, die Musik perfekt, ein neuer Stamm hatte sich entwickelt. Partyleute aus aller Welt wollten den heiligen Platz zusammen finden, die Zuflucht für Liebe und gegenseitiges Verstehen, für Friede und Freude durch Tanz und Freundschaft. Die Musik wurde zum Gott, und wir wurden zur Musik. Es war eine spirituelle Zeremonie – genau das, was ich insgeheim mein ganzes Leben lang gesucht hatte. RAJA RAM

Jedes Festival kann zu einem «Highway to Paradise» werden, zu einer kosmischen Erfahrung, egal ob in Goa am Strand, in den Bergen, in einem Wald oder einer Burgruine. Aber wir wissen alle, dass nicht jedes Festival gleich gut ist. Ob ein Festival zu einem paradiesischen Erlebnis wird, hängt von vielen Faktoren ab. Und jeder, der lange genug auf Partys geht, kennt dieses Gefühl der völlig freien und unbelasteten Tage, die man tanzend in der Sonne oder im Regen und mit neuen oder alten Freunden verbringt. Für mich war es immer ein besonders schönes Gefühl, nach den an der Party verbrachten Tagen kurz zu überlegen, was meine nächsten Ziele sind. Genau darum geht es: eine «andere Welt» zu erleben – die konventionelle Gesellschaft zurückzulassen und etwas Neues zu erleben, Spaß zu haben und tolle und intensive psychedelische Erfahrungen zu machen, das Ego in der Zivilisation zurück zu lassen, zu tanzen und die Verbindung zur Natur wieder zu spüren.

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Tanzen ist aktive Meditation. Wenn wir tanzen, gehen wir über das Denken, den Verstand und über unsere eigene Individualität hinaus, um Eins zu werden in göttlicher Ekstase, in Verbindung mit dem kosmischen Geist. Das ist die Essenz der kosmischen Trance-Tanz-Erfahrung. GOA GIL

Gute Musik, zu der man ausdauernd und ausgelassen tanzen kann, ist sicher wichtig, aber die Musik allein erzeugt noch lange nicht diese ganz speziellen Gefühle und die Stimmung auf der Tanzfläche. Nur wenn ein Festival mit Hingabe und Liebe und ohne große kommerzielle Hintergründe organisiert ist und wenn am richtigen Ort die richtigen Menschen zum richtigen Zeitpunkt zusammenkommen, dann erst entsteht dieses unbeschreibliche Gefühl der Einheit.

Wenn die Musik wirklich gut ist und die Tänzer voll in ihr aufgehen, hören wir alle auf zu denken und werden eins mit der Musik, eins mit den anderen und mit der ganzen Natur um uns herum. Wir fallen in Trance, ganz bewusst und offen, und lassen die Blockaden unseres Egos einfach los. In diesem Moment, wenn alles perfekt ist – Boom! – kann die universelle Übertragung stattfinden. GOA GIL

In Goa war und ist es leicht, sich ins Paradies zu versetzen; nur ein Blick auf das Meer, die Palmen und den Strand genügt. Dazu noch freundliche und ausgeflippte Partyleute aus der ganzen Welt, leichter Zugang zu Drogen wie LSD und Ganja, und die Welt war für viele und für eine lange Zeit perfekt. Aber nicht nur in Indien gab es diese Partys mit paradiesischen Zuständen, bald haben sie sich auch auf andere «Magic Spots» auf dieser Welt verbreitet. Dazu gehören Plätze in Brasilien, Bali, Thailand, Ibiza, Australien, Südafrika und den USA.

Drogen waren immer Bestandteil der menschlichen Kultur und zeigen das Urbedürfnis des Menschen, sich zu berauschen. Die Goa Bewegung und Drogen beeinflussten sich von Anfang an gegenseitig: Einerseits wurden Partys tiefgreifend durch entsprechende Erfahrungen inspiriert, andererseits verändern die an Partys erlebten Bewusstseinszustände Individuen und ganze Gruppen. (…) Mit den gleichen chemischen Verbindungen in den Blutbahnen können sich die Anwesenden tranceartig den unsichtbaren Linien eines kollektiven Bewusstseins entlangtasten und im Tanz der Moleküle auf einer höheren Ebene verschmelzen. ROGER LIGGENSTORFER

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Pascal Querner

Den ganzen Artikel kannst du im Magazin Lucy’s Rausch Nr. 3 lesen. Hier bestellen.