Die Ärztin Prof. Dr. Kirsten Müller-Vahl äußerte sich in einem Gespräch mit dem Radiosender Deutschlandfunk Kultur positiv gegenüber einer Legalisierung von Cannabis. Sie begrüße die entsprechende Entscheidung, die man im Koalitionsvertrag getroffen hat. Auch für die Entkriminalisierung weiterer psychoaktiver Substanzen – wie z.B. in Portugal bereits geschehen – spricht sich die Neurologin und Psychiaterin aus:
»Wenn wir feststellen, dass die Legalisierung und die Information über Drogenkonsum zu einer Reduktion der Konsumquoten führen, dann könnte man tatsächlich im nächsten Schritt überlegen, ob man eventuell auch weitere Drogen legalisieren möchte.«
Müller-Vahl mahnt, dass die bisherige repressive Drogenpolitik gescheitert sei. Die mit der Prohibitionsgesetzgebung verbundenen Ziele, Jugendliche zu schützen und Konsumentenzahlen zu senken, seien nicht erfüllt worden. Vielmehr sei die kontrollierte Abgabe von Cannabis in »lizenzierten Fachgeschäften« (wie im Koalitionsvertrag beschrieben) eine sinnvolle Maßnahme, um Bürgerinnen und Bürger mehr Sicherheit im Hinblick auf Substanzkonsum zu gewährleisten. Ob man das Mindestalter dabei bei 18, 21 oder 27 Jahren festlegt, »darüber könne man sprechen«, so Dr. Müller-Vahl. Im Deutschlandfunk-Beitrag wird im Rahmen dieses Gesprächspunkts auf die Entwicklung des menschlichen Gehirns verwiesen, die mit 18 Jahren noch nicht abgeschlossen sei.
Komplett trockenlegen ließe sich ein Schwarzmarkt durch eine Entkriminalisierung laut der Neurologin nicht, allerdings zeige die Erfahrung, die man in Kanada mit einer Legalisierung gemacht hat, dass der illegale Handel mit Cannabis seitdem »um 50 Prozent gesunken« sei. Außerdem könne man sich im Idealfall in staatlich betriebenen Cannabis-Shops auch über Risiken und Nebenwirkungen der erworbenen psychoaktiven Substanz informieren, was beim illegal handelnden Drogendealer nicht der Fall sei, betont Müller-Vahl:
»Ich kenne keinen Drogendealer, der Kinder und Jugendliche nach dem Ausweis oder nach dem Alter fragt. Das ist genau die Chance, die wir hier haben, indem wir das legalisieren.«
Auch auf die Unverhältnismäßigkeit der herrschenden Prohibition verweist die Ärztin. So schätzt sie den Konsum von Alkohol insgesamt riskanter als den Gebrauch von Cannabis ein:
»Ich glaube nicht, dass das in der Gesellschaft durchsetzbar ist. Volksgesundheitlich und volkswirtschaftlich gesehen wäre [ein Verbot von Alkohol] sicherlich eine weise Entscheidung.«
Prof. Dr. Kirsten Müller-Vahl ist Neurologin, Psychiaterin und Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover. Sie ist außerdem aktiv als Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACE) tätig und Mitglied des Sachverständigenausschusses für Betäubungsmittel der Bundesopiumstelle im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Sie beriet 2016 und 2017 den Gesundheitsausschuss des Bundestages zur Legalisierung von Medizinalcannabis in Deutschland.
Quelle:
www.deutschlandfunkkultur.de