LEAP Deutschland schlägt vor, das Gesetz in Sachen Cannabis sofort zu ändern – und zwar durch eine einfache Ergänzung des BtMG mit der Einführung eines neuen § 29b.
Auf der Website der deutschen Dependance der US-amerikanischen LEAP (Law Enforcement Against Prohibition) wird ein gangbarer Weg vorgeschlagen, die von der neuen deutschen Regierung geplante und angekündigte Legalisierung von Cannabis in den ersten hundert Tagen insofern einzuleiten, als dass Konsumenten direkt entkriminalisiert werden. Dadurch würde vielen, die von Repression betroffen sind, jetzt schon das Leben leichter gemacht werden. Denn wenn Deutschland Cannabis ohnehin freigibt, müssen schon jetzt keine Gebraucher mehr verfolgt werden.
Der Originalwortlaut der Resolution:
Deutschland stand 2021 mit der Bundestagswahl am 26.9.2021 in der Cannabis-Politik an einem Scheideweg. Die Jahrzehnte alte Prohibitionspolitik in Bezug auf Cannabis kann als gescheitert bezeichnet werden. Weder konnte durch diese Politik die Zahl der Konsumentinnen und Konsumenten noch der Handel verringert werden, im Gegenteil, die Zahlen sind seit Jahren auf einem gleich hohen Niveau und steigen eher noch mäßig in den letzten Jahren.
Auf der anderen Seite werden Millionen von Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten täglich durch die Strafandrohung im Betäubungsmittelgesetz kriminalisiert und in ihren persönlichen Freiheitsrechten eingeschränkt. Ausschließlich im Schwarzmarkt werden ca. 400 t getrocknete Blüten gehandelt, womöglich noch mehr, was einem Marktvolumen von 4-6 Milliarden € entspricht. Sämtliche Arbeitsabläufe und Gewinne werden der organisierten Kriminalität überlassen, anstatt sie in geregelte staatliche Strukturen zu überführen, d.h. sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen, Steuereinnahmen zu generieren, die Justiz und Strafverfolgungsbehörden zu entlasten und eine so dringend erforderliche Qualitätskontrolle gewährleisten zu können.
Auch die Parteienlandschaft in Deutschland realisierte, dass ein „Weiter so“ und ein weiterer Stillstand in der Frage der Entkriminalisierung und der Schaffung eines regulierten Marktes bis 2024 keine Option ist, sondern dringend Reformen angestoßen werden müssen.
Nach 2017, als eine mögliche Legalisierung von Cannabis bereits Thema in den Koalitionsverhandlungen der seinerzeit gescheiterten Jamaika-Koalition waren, ergibt sich 2021 die Chance, diesen Politikwechsel einzuleiten. Die Ampelkoalition hat in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften einzuführen.
Dieser Prozess wird noch geraume Zeit dauern, und ist auch nicht über Nacht abzuschließen. Darüber sind sich alle einig. Was aber sofort passieren muss, ist eine umgehende Entkriminalisierung der Millionen von Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten, und zwar durch eine gesetzliche Klarstellung. Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte sind oftmals gegen ihren Willen gezwungen, das alte Recht so lange anzuwenden, solange es gilt. Tagtäglich und auch heute noch! Hierdurch entstehen enorme Kosten, die sinnvoller und effektiver in Präventionsprojekte investiert werden können. Es wäre absurd, wenn die nächsten zwei Jahre in Berlin die Einzelheiten einer Legalisierung und eines lizenzierten Abgabemodells diskutiert werden, aber tagtäglich weiter Konsumenten verfolgt und verurteilt werden.
Resolution der LEAP Deutschland
Eine von LEAP Deutschland vorgeschlagene entsprechende Veränderung des BtMG (Einführung eines neuen § 29b) könnte wie folgt aussehen:
Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz – BtMG)
§ 29b Straftaten
(1) Volljährigen ist der Erwerb und Besitz von bis zu 30 g Cannabis im Sinne der Anlage 1 zu diesem Gesetz erlaubt.
(2) Der Anbau von bis zu drei weiblichen, blühenden Cannabispflanzen für den persönlichen oder gemeinschaftlichen Eigenbedarf im Bereich des befriedeten Besitztums des oder der Anbauenden ist erlaubt. In diesem Bereich ist auch das Aufbewahren einer Jahresernte von bis zu drei Pflanzen oberhalb der in Absatz 1 genannten Grenze zulässig.
(3) Anbau und Aufbewahrung müssen so erfolgen, dass der Jugendschutz nicht gefährdet wird. Der Besitz ist entsprechend zu sichern.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates nähere Anforderungen an das befriedete Besitztum zu stellen,
- Vorgaben für den Anbau und die Aufbewahrung von Cannabis zu machen und
- die in Absatz 1 genannte Menge und die in Absatz 2 genannte Pflanzenzahl zu erhöhen, soweit die Erhöhung Kinder, Jugendliche und Verbraucher nicht gefährdet.
(5) Cannabis darf Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden.
(6) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne Erlaubnis über 30 g Cannabis besitzt oder ohne Erlaubnis im Bereich des befriedeten Besitztums eine Jahresernte von mehr als drei Cannabispflanzen aufbewahrt oder mehr als drei weibliche blühende Cannabispflanzen anbaut. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 25.000 € geahndet werden.
Weiter im Wortlaut der Resolution:
Der Änderungsvorschlag ist im Wortlaut des Cannabiskontrollgesetz der Grünen übernommen worden, wobei wir davon ausgehen, dass eine Ordnungswidrigkeit ausreicht, wenn mehr als die erlaubten Mengen besessen werden. Eine entsprechende Änderung dieses Bundesgesetzes ohne Zustimmung des Bundesrates könnte nach einer kurzen Anhörung im Bundestag einfach und praktikabel beschlossen werden.
Darüber hinaus fordern wir die sofortige Umsetzung der Empfehlungen des Sachverständigenausschusses, der gemäß § 1 Abs. 2 BtMG die Bundesregierung bei Änderungen der Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes berät. Dieser hat bereits mit Votum von 24.3.2021, also noch unter der alten Regierung, in seiner 54. Sitzung der Bundesregierung empfohlen, die Tatbestandsmerkmale der wissenschaftlichen und gewerblichen Zwecke sowie des Missbrauchs zu Rauschzwecken in der Anlage 1 beim Spiegelstrich Cannabis zu streichen.
Damit wäre auch Nutzhanf vollständig entkriminalisiert und Tausende laufende Strafverfahren könnten auch in diesem Bereich unmittelbar beendet werden. Darüber hinaus könnten sämtliche Produkte wie Blüten, Tee und Extrakte sicher und ohne Berührungspunkt mit dem BtMG gehandelt werden.
Auch diese Änderung, die fachlich bereits vollständig ausgearbeitet ist, könnte nach kurzer Anhörung im Bundestag unmittelbar beschlossen werden.
Für LEAP Deutschland:
Jugendrichter Andreas Müller
Rechtsanwalt Kai-Friedrich Niermann