Happy «Legalization»-Day: Der Hanfrausch

XtraKleine Phänomenologie der Cannabiswirkung

Text: Markus Berger

Wir schreiben den 1. April 2024. Deutschland hat Cannabis legalisiert. – Legalisiert? Nun, nicht wirklich, aber zumindest sind Besitz und Anbau reglementierter Mengen entkriminalisiert worden. Lucys Rausch berichtete. Für alle Neulinge und interessierten Personen, hier eine kurze Einführung, was nach dem Konsum von Cannabis für eine Wirkung zu erwarten steht.

Ein Wort zuvor: Einen Hanfrausch zu beschreiben, ist nur oberflächlich möglich. Die Kernerfahrung eines psychedelischen Erlebnisses oder auch nur eines dämpfenden Haschischrauschs verbalisieren zu wollen, muss zwangsläufig scheitern – es sei denn, der Leser verfügt über eigene praktische Kenntnis des Rauscherlebens. In unserem Kulturkreis neigen viele Menschen dazu, den Rausch einer „verbotenen Substanz“ mit dem einzig ihnen bekannten Rausch zu vergleichen: dem Alkoholrausch. Dabei meinen die Leute mangels eigener Erfahrungen, dass die „verbotenen Drogen“ wie Alkohol wirken, nur „schlimmer“.

Dem ist nicht so. Psychedelische Drogen, zu denen in gewissem Maße auch der Hanf gehört, weisen ein vollkommen anderes Wirkungsspektrum auf als betäubende Stoffe, wie der Alkohol einer ist. Die Erfahrung ist eher nach innen gerichtet und weniger expressiv. Psychedelisches Erleben bringt das Bewusstsein auf eine andere Stufe, die mit dem alltäglichen Erleben und der Wahrnehmung des Alltagsbewusstseins nicht zu vergleichen ist. Diese Erfahrung, zumindest der Kern des Erlebens, liegt jenseits des Ausdrückbaren, ist also nicht in Worte zu kleiden. Die Frage, wie die psychoaktive Wirkung von Cannabis oder gar stärkeren psychedelischen Drogen zu beschreiben ist, lässt sich vergleichen mit der Frage nach dem Geschmack einer Erdbeere. Niemand kann einem anderen erklären, wie eine Erdbeere schmeckt, wenn der Fragesteller selbst noch nie eine probiert hat.

Der US-amerikanische Schriftsteller Fitz Hugh Ludlow hatte in seinem 1857 erschienenen Buch Der Haschisch-Esser (orig. The Hasheesh Eater) von seinen Erfahrungen mit gegessenem Haschisch berichtet, von denen hier exemplarisch und für den Vergleich mit psychedelischen Drogen ein Ausschnitt zitiert werden soll: „In dem Moment, in dem ich meine Augen schloss, überflutete mich eine Vision von himmlischer Schönheit. Ich stand am silbrig glänzenden Strand eines klaren, grenzenlosen Sees, über dessen Weite ich allem Anschein nach soeben getragen worden war. Nur wenige Schritte vom Ufer entfernt ragten makellose, schimmernde Alabastersäulen eines Tempels würdevoll in den rosigen Äther, dem Parthenon gleich – nein, ihm ähnlich, doch viel großartiger, wie ja das gottgleiche Ideal der Architektur das von Menschenhand verwirklichte Ideal übertreffen muss. Makellos in seiner weißen Reinheit, ohne Fehl in der vollendeten Symmetrie einer jeden Linie und eines jeden Winkels ragte sein Giebel empor, umhüllt von duftenden Wolken, deren Farben weit prächtiger waren als die eines Regenbogens. Es war das Werk eines Baumeisters, der nicht von dieser Welt war, und meine Seele stand davor in stiller Verzückung. Auf den Flügeltüren glänzten unzählige, strahlende, gläserne Augen, eingelegt in der marmornen Oberfläche rings um diamantene Gestalten, die von oben bis unten mit ihnen besetzt waren. Eines dieser Augen war golden wie die Mittagssonne, ein anderes grün, ein drittes leuchtete saphirfarben, und so ging es weiter durch die ganze Palette von Farbtönen, und alle waren so gruppiert, dass sie aufs Vorzüglichste miteinander harmonierten, wobei sie sich in Gedankenschnelle um ihre eigene Achse drehten. Allein in der Vorhalle des Tempels hätte ich in ewiger Verzückung verweilen können; aber siehe! noch mehr des Glücks war mir beschieden. Lautlos drehten sich die Türflügel in den Angeln, schwangen weit auf, und ich schritt durch das Portal.

Lucys Xtra

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