Kleine Fortschritte in der Drogenpolitik Bremens

"Geringe Menge" Cannabis wird in norddeutscher Weserstadt angehoben

Blühende Cannabis-Pflanze. Foto: Markus Berger

Kein Aprilscherz: Zum 1. April 2020 hebt Bremen das Limit der sogenannten „geringe Menge“ Cannabis auf bis zu 15 Gramm an. Damit begibt sich Bremen gemeinsam mit Berlin auf Platz 1 der Länder, in denen die sogenannte „geringe Menge“ zum Eigengebrauch am höchsten ist.

Die „Geringe-Menge“-Regelung legt fest, welche Quantitäten an illegalisierten psychoaktiven Substanzen eine Person in Deutschland besitzen kann, ohne dafür strafrechtlich belangt werden zu müssen. Es handelt sich um eine Kann-, nicht um eine Muss-Regel. Das heißt, dass es der Staatsanwaltschaft überlassen bleibt, wie sie auf geringfügige BtM-Vergehen reagiert.

Justizsenatorin Claudia Schilling von der SPD hat beschlossen, dass ab dem 1. April in Bremen bei Vergehen mit Cannabis bis zu 10 Gramm grundsätzlich keine strafrechtlichen Verfahren eingeleitet werden. Wird man mit einer Menge von mehr als 10 bis 15 Gramm erwischt, kann immer noch von der Einleitung eines Strafverfahrens abgesehen werden, dies ist allerdings nicht in allen Fällen garantiert, gerade dann, wenn sich von der Polizei in erster Linie wirtschaftliche Absichten feststellen lassen. Zum Beispiel wird im Fall des Verkaufs und der Weitergabe nicht auf ein behördliches Nachgehen verzichtet.

Die sogenannte „geringe Menge Cannabis“ ist eine betäubungsmittelgesetzliche Modifikation, die die Verfassungswidrigkeit der Cannabis-Prohibition apologetisch außer Kraft setzen soll (was offensichtlich nicht gelingen kann, solange man nicht alle psychoaktiven Substanzen legalisiert und die Mündigkeit der Bürger auch von staatlicher Seite endlich anerkennt). Das BtMG verstoße in Bezug auf Hanf solange nicht gegen die Verfassung, solange man Konsumenten das Recht auf eine kleine Menge Gras, Haschisch oder anderer THC-haltiger Produkte einräume. In zehn von 16 Bundesländern liegt diese bei sechs Gramm, in weiteren vier bei zehn Gramm, und in den zwei fortschrittlichsten, Berlin und Bremen, bei 15 Gramm. Auch für MDMA und andere Psychoaktiva gibt es entsprechende Kulanz-Regelungen.

Dass es sich bei der Lockerung dieser Mengenregelungen trotzdem um eine Farce handelt, zeigt uns ein Blick in die Wohnzimmer zahlreicher Schmerzpatienten. Für manche dieser chronisch Erkrankten sind 15 Gramm pro Monat nicht ausreichend. Manch Konservativer möge entgegnen, dass Hilfsbedürftige den Anspruch auf eine staatlich-reglementierte Cannabis-Medikation hätten, welche allerdings für einen großen Teil der Patienten nicht funktioniert, da ein Gramm des auf Privatrezept verschriebenen Medizinalgrases in deutschen Apotheken bis zu 25 Euro kosten kann und die Krankenkassen sich in vielen Fällen nicht zur Übernahme dieser Kosten verpflichtet sehen. Entlastung von schwerstkranken Menschen bleibt weiterhin ein Tabu in der Bundesrepublik Deutschland, und das ist traurig, auch bei erhöhter „geringer Menge“.

Die aus Abkommen zwischen Grünen, SPD und Linkspartei entstandenen justiziellen Bestimmungen werden im Koalitionsvertrag der drei Parteien folgendermaßen begründet:

„Wir wollen eine Drogenpolitik, die Gesundheits- und Jugendschutz in den Mittelpunkt stellt. Wer süchtig ist, braucht Hilfe und keine Strafverfolgung. Die Kriminalisierung von Cannabis schadet mehr, als sie nützt.“
Aus dem Koalitionsvertrag SPD/Bündnis 90 | Grüne/Die Linke

Die rot-grün-rote Landesregierung möchte deshalb in Zukunft weitere Modellprojekte hinsichtlich der Freigabe von Cannabis fördern.