Kunstobjekt vs. Streitschrift

Das LSD-Magazin SHOCK! ist da

Das SHOCK!-Magazin im 60er-Jahre-Style. Foto: mb
Das SHOCK!-Magazin im 60er-Jahre-Style. Foto: mb

Im März erschien die erste Nummer des psychedelischen Magazins SHOCK! (wie in Lucy’s Rausch Nr. 4 angekündigt). Das mit viel Liebe zum Detail gestaltete und produzierte Heft im A4-Format soll den Anschein erwecken, es handele sich um den Reprint einer US-amerikanischen psychedelischen Zeitschrift der Sechzigerjahre. Mit dem auf den Titel gedruckten Slogan «Free LSD inside» erweckt der Macher des Magazins überdies den Eindruck, als sei das Printobjekt ein Stiefkind des Drogenschwarzmarkts. Beides ist jedoch nicht der Fall.
Der Schweizer Verleger und Redakteur von SHOCK! Möchte indes anonym bleiben, weshalb er die Herausgeberschaft fiktiv auf Fitz Hugh Ludlow übertragen habe, wie er der Lucy‘s-Redaktion verriet. Eingeweihte Psychonauten wissen jedoch, dass der US-Amerikaner Fitz H. Ludlow ein Schriftsteller war (bekannt durch sein Werk Der Haschischesser von 1857), der von 1836 bis 1870 lebte – und deshalb als Herausgeber eines Magazins der Sechzigerjahre in Wirklichkeit nicht in Frage kommt. Das Ganze ist also als Witz zu verstehen, der aber einen durchaus ernsthaften Hintergrund hat. Wir haben mit dem echten Macher des SHOCK!-Magazins über sein Projekt gesprochen.

Die erste Nummer des SHOCK!-Magazins ist sehr liebevoll gemacht. Was ist dein Impetus?

Die Vision zu diesem Heft erhielt ich auf einem Pilztrip. Ja, der Pilz sprach zu mir, ich solle diesen Schabernack auf die Welt loslassen! Ein Magazin, das in künstlerischer und satirischer Form aufzeigt, dass sich puncto Psychedelika in den letzten 50 Jahren NICHTS getan hat! Immer noch werden diese «Drogen» verteufelt und dämonisiert … Wir wissen‘s aber besser, oder?

Das Ding ist ein Zeitreiseobjekt.

Du hast keinen Preis aufgedruckt, keine ISSN angegeben. Ist das Heft also unterm Strich als Gag zu verstehen?

Ich verstehe das Heft als einen Denkanstoß und als ein künstlerisches, satirisches Werk, das die Leute einlädt, sich erneut mit dem Thema Psychedelika auseinanderzusetzen. Ehrlich gesagt, erhoffe ich mir auch von Lucy‘s Rausch diesen Effekt! Eine Art Trance-Form! Weniger Kopf, mehr Herz … eine Spielwiese!

Das Cover des ersten SHOCK!-Magazins Foto: mb

Ist das Ganze also eher als Kunstwerk zu betrachten?

Das Ding ist ein Zeitreiseobjekt, indem es so tut, als sei es eigentlich alt – was es aber nicht ist. Es spielt mit den Zeiten. Psychedelika wurden 1966 durch Nixon zur Bedrohung erklärt und verboten, wo doch der Staat das eigentliche Problem darstellt – denken wir nur an MK-Ultra (ein geheimes Spionage- und Forschungsprogramm der CIA), an die Finanzierung von Kriegen durch die CIA (beispielsweise durch Drogenverkäufe und Deals mit Escobar), an den Vietnamkrieg usw. Ein Bewusstseinsmoment wurde hier im Keim erstickt! LSD erlebt, nicht zuletzt in Form von «Microdosing», jetzt ein Revival. Es ist in meinen Augen dringender als je zuvor, dass die Menschen einen Bewusstseinsschub erfahren, damit das hier alles gesunden kann.

Wer hat das Layout und die Inhalte besorgt? Und wer hat die Texte verfasst?

Das Layout ist von mir, einige der Texte ebenfalls, wobei das eigentlich unwichtig ist. Ich habe Leute in Facebook-Foren angeschrieben und um Beiträge gebeten, so kam das zustande. Die Bilder sind fast ausschließlich von mir. Schreiberlinge kommen aus England, Schottland, Frankreich, Skandinavien und Amerika. Ich habe das Layout erstellt, wie man das früher gemacht hat, nämlich auf Papier ausgedruckt und dann zusammengeklebt. Und dann das Ganze wieder eingescannt…

Wo kann man das Heft erwerben?

Zum Beispiel beim Nachtschatten Verlag und über meinen Blog. Ich bin jetzt erst dabei, Partnerschaften und Vertriebskanäle aufzubauen. Das sind Grateful-Dead-Heads, Plattenläden, Straßenverkäufer, Goa-Parties, Open Airs … also noch die urtümliche Guerillatechnik! Ich suche auch noch Leute, die das Heft verticken.

In welcher Frequenz soll SHOCK! erscheinen oder war das eine einmalige Sache?

Ob SHOCK! eine einmalige Sache bleibt, wird sich zeigen. Es kommt da auch auf die Resonanz an. Material für weitere Ausgaben gibt es jedenfalls zur Genüge.

SHOCK!-Magazin. Aus dem Inhalt:
Sex on Acid,
4-ACO-DMT,
Trip-Report einer Erfahrung mit 50-fachem Salvia-divinorum-Extrakt,
Interview mit einem LSD-Laboranten u.a.
Durchgehend farbig gedruckt, 36 Seiten.
7 EUR/CHF.
Bestellen kann man das Heft via shockmag.blogspot.de oder beim Nachtschatten Verlag.

Interview Markus Berger