Kommt bald der LSD-Neutralisator? Das US-amerikanische Unternehmen Mind Medicine Inc. (MindMed) hat in Zusammenarbeit mit dem Liechti-Laboratorium des Universitätsspitals Basel (Matthias Liechti) eine „Neutralisationstechnologie“ entwickelt und zum Patent angemeldet, die die psychedelischen Wirkungen von LSD während einer Therapiesitzung verkürzen oder aufheben soll. Die „Entdeckung“, über die sich MindMed und Matthias Liechti noch bedeckt halten, soll demnach dazu beitragen können, die akuten Effekte einer psychedelischen Substanz zu verringern und deren Wirkdauer zu verkürzen, wenn dies erforderlich ist.
Die hauptsächlichen Ängste bzw. Stigmata, die von Usern bzw. der Gesellschaft mit Psychedelika assoziiert sind, konzentrieren sich auf die sogenannten „Bad Trips“. MindMed verkündet in einer entsprechenden Pressemitteilung, sie seien „bestrebt, Therapeuten und andere medizinische Fachkräfte mit den Ressourcen und der Technologie auszustatten, um die Effekte und Wirkdauer einer LSD-Dosierung im klinischen Umfeld besser kontrollieren zu können, damit die individuelle Erfahrung und die Ergebnisse für den Patienten verbessert werden“. Die neu entwickelte „Technologie“ soll nicht nur dazu dienen, eine Therapiesitzung zu verkürzen oder zu beenden, wenn der Patient sich nicht wohlfühlt. Sie könnte künftig auch weitere therapeutische Anwendungen von LSD und allgemein kürzere psychedelische Therapiesitzungen ermöglichen, wie MindMed bekannt gibt, ohne sich in Details zu verlieren.
Nun bleibt es spannend, bis wir erfahren, um welche „Technologie“ es sich handeln soll. Möglich wäre zum Beispiel ein Wirkstoff, der als Antagonist wirkt – wie Naloxon und Naltrexon bei Opiaten und Opioiden. Es gibt Beispiele für pharmakologische Lösungsansätze zur Abschwächung psychedelischer Effekte. Bekannt ist der Einsatz von Benzodiazepinen oder auch Haloperidol (Haldol) zur Abmilderung psychedelischer Trips. Dies ist aber sicher nicht der Königsweg, zumal es sich bei den genannten Pharmaka nicht um „Psychedelika-Antagonisten“ handelt. Es gibt andere Ansätze: Schon Anfang der 60er Jahre hatte der Drogenforscher András Sai-Halasz herausgefunden, dass der MAO-Hemmer (!) Iproniazid die Effekte von DMT deutlich abschwächt (Sai-Halasz 1962). Das ist bemerkenswert, da MAO-Hemmer gewöhnlich die Wirkungen von Psychedelika verstärken und im Fall von oral appliziertem DMT überhaupt erst möglich machen. Rick Strassman hatte in seinem Buch „DMT – Das Molekül des Bewusstseins“ außerdem über den Betablocker Pindolol berichtet, der den Serotoninrezeptor 5-HT1A blockiert. Bekannt ist auch, dass das Antihypertonikum (Bluthochdruckmittel) Ketanserin die Rezeptoren vom Typ 5-HT2A hemmt. Ketanserin wurde in der psychedelischen Forschung schon früher als „LSD-Blocker“ verwendet. Es gibt weitere Beispiele in dieser Richtung, weshalb es möglich ist, dass MindMed sich auf einen ähnlichen Weg fokussiert.
MindMed ist ein Pharmaunternehmen, das sich auf psychedelische Forschungen bzw. Medikamente spezialisiert hat. Neben der noch nicht näher spezifizierten Technologie des „LSD-Neutralisators“ entwickelt MindMed z.B. für die Opioidkrise in den USA eine nicht psychoaktive Version der psychedelischen Substanz Ibogain, die bei unter Suchterkrankungen leidenden Personen wie ein Reset wirken und den Suchtdruck aufheben oder zumindest lindern kann. Außerdem betreibt MindMed eine Abteilung für das Microdosing mit Psychedelika, um klinische Studien an Erwachsenen mit ADHS umzusetzen. www.mindmed.co
Das Liechti-Labor von Professor Dr. Matthias Liechti ist ein Forschungszentrum am Universitätsspital Basel, das sich auf die Pharmakologie psychedelischer Substanzen konzentriert. Der Forschungsschwerpunkt Liechtis liegt auf der Pharmakologie von psychoaktiven Substanzen wie LSD, MDMA, Amphetaminen, Cathinonen und anderer.
Zitierte Arbeit
Sai-Halasz, A. (1962), The effect of antiserotonin on the experimental psychosis induced by dimethyltryptamine, Experientia 18(3): 137-138.
Weiterführende Artikel zum Thema
https://newatlas.com/science/lsd-off-switch-mindmed-liechti-psychedelic-science/