PRESSEMITTEILUNG VOM 4. AUGUST 2024
Verwaltungsgerichtsentscheid zeigt die Stigmatisierung auf, mit denen Cannabis Patient:innen immer noch zu kämpfen haben
Der Medical Cannabis Verein Schweiz äußert seine Besorgnis über den jüngsten Entscheid des Verwaltungsgerichts Bern, der die Beschwerde eines Patienten abwies, seine medizinisch verschriebenen Cannabistherapiekosten über die Sozialhilfe abzurechnen. Dieser Fall unterstreicht die anhaltenden Herausforderungen, mit denen kranke Menschen zu kämpfen haben, wenn sie Cannabis medizinisch nutzen wollen.
Seit August 2022 haben alle Schweizer Ärzt:innen die Befugnis, Cannabisarzneimittel zu verschreiben. Diese Änderung des Betäubungsmittelgesetzes wurde als bedeutender Schritt zur Verbesserung des Zugangs zur medizinischen Behandlung mit Cannabis gefeiert. Der jüngste Gerichtsentscheid zeigt jedoch, dass die praktische Umsetzung dieses Gesetzes immer noch mit zahlreichen Hindernissen verbunden ist.
Der betroffene Patient, ein Mitglied unseres Vereins, erhielt eine Verschreibung für Cannabis zur Behandlung seiner ADHS und zur Verbesserung seiner Lebensqualität. Trotz einer legitimen Verschreibung durch den Arzt wurden seine Anträge auf finanzielle Unterstützung sowohl von seiner Krankenkasse als auch von der Invalidenversicherung abgelehnt. In einem verzweifelten Versuch, seine Medikamente bezahlen zu können, wandte er sich an die Sozialhilfe, die ebenfalls eine Kostenübernahme ablehnte, was nun vom Gericht bestätigt wurde.
Stellungnahme des Medical Cannabis Verein Schweiz:
Es ist inakzeptabel, dass Patient:innen gezwungen werden, stark abhängig machende Pharmazeutika einzunehmen, die ihre Gesundheit gefährden, bevor sie Zugang zu einem natürlichen Heilmittel erhalten. Das derzeitige System fördert medizinisch verschriebene Abhängigkeiten von Pharmazeutika, während es gleichzeitig versucht, Drogensucht auf der Straße zu bekämpfen. Dieser Widerspruch muss dringend angegangen werden.
Cannabis ist ein Heilmittel mit jahrhundertealter Tradition. Es wirkt entzündungshemmend, schmerzlindernd, entspannend, angstlösend und kann den Fokus sowie die Stimmung und die psychische Gesundheit positiv beeinflussen. Diese vielfältigen Therapieeinsatzmöglichkeiten machen es zu einer wertvollen Ergänzung in der Medizin. Die Vorteile von Cannabis, insbesondere für ältere Menschen und chronisch Kranke, sind wissenschaftlich gut dokumentiert. Viele finden Linderung ihrer Symptome und können ihre Abhängigkeit von anderen Medikamenten verringern. Dennoch unterstützt die medizinische Gemeinschaft diese alternative Behandlungsoption nur zögerlich.
Das Stigma rund um den medizinischen Gebrauch von Cannabis besteht trotz seiner nachgewiesenen Vorteile weiterhin. Dadurch braucht es immer noch sehr viel Eigeninitiative, wenn man es medizinisch einsetzen möchte. Einige Patient:innen sind leider auch weiterhin gezwungen, auf den Schwarzmarkt zurückzugreifen, um ihre Medikamente zu erhalten, was rechtliche und gesundheitliche Risiken mit sich bringt. Darüber hinaus bleibt die finanzielle Belastung durch «medizinisches Cannabis» für die meisten eine erhebliche Hürde, da bis jetzt nur wenige eine Kostendeckung von ihren Krankenkassen erhalten.
Der Verein MEDCAN setzt sich seit bald 10 Jahren für die Rechte von Cannabispatient:innen ein. Wir engagieren uns dafür, das Bewusstsein zu schärfen, unsere Erfahrungen weiter zu geben, aufzuklären und dadurch politische Veränderungen voranzutreiben, die Cannabis zu einer praktikablen und zugänglichen Behandlungsoption für alle macht.
Wir fordern Sie als Medienschaffende auf, unsere Bemühungen zu unterstützen und über die falsche Stigmatisierung der medizinischen Cannabis-Anwendung aufzuklären. Das Bundesamt für Gesundheit schätzt, dass es in der Schweiz über 100‘000 Betroffene gibt, die sich schon jetzt illegal medizinisch behandeln. Diese Patient:innen möchten endlich einen bezahlbaren Weg in die Legalität finden.
Cannabis in der Medizin hat das Potenzial, vielen kranken Menschen zu helfen. Diese erwarten, dass die medizinischen Fachpersonen sich mit den neuen Möglichkeiten der Cannabisverschreibung vertraut machen und dass sie offen für diese Therapieform sind, um die bestmögliche Behandlung zu gewährleisten.
Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:
Medical Cannabis Verein Schweiz
Franziska Quadri
Präsidentin
E-Mail: franziska.quadri@medcan.ch
Telefon: +41 79 815 84 32