Mittelalterliche Zustände in der Drogenpolitik

XtraInquisition vs. Aufklärung: Ein Kommentar

Darstellung des Inquisitionstribunals von Francisco Goya (1746-1828)

Text: Michael Kleim

Religionsfreiheit, eine wichtige zivilisatorische Errungenschaft

Es gab eine Zeit, als die Obrigkeit im Auftrag der Kirchen meinte, sie müsse durchsetzen, was Menschen glauben dürften und was nicht. Andersgläubigkeit oder gar Nichtgläubigkeit wurde kriminalisiert und verfolgt. Es gab Sondergesetze, Sonderermittlungsbehörden und Sondergerichte. Die Gewalt des Staates in Sachen Religion nahm Formen des Terrors an. Die blutige Spur der Inquisition zog sich durch Jahrhunderte.

Dann weichte die Sache schrittweise auf und es galt: „Cuius regio, eius religio“. Übersetzt bedeutet diese im 17. Jahrhundert von dem Greifswalder Rechtsprofessor Joachim Stephani geprägte Rechtsformel: „Wessen Gebiet, dessen Religion“. Der konkrete politische Ausdruck dieses Prinzips zeigte sich darin, dass der jeweilige Landesherr bestimmte, welche Religion den Menschen in seinem Herrschaftsbereich zugestanden wurde. So gab es eben protestantische, katholische und orthodoxe (christliche), aber auch sunnitische und schiitische (muslimische) Gebiete. Dagegen entstand eine zivile Oppositionsbewegung, die sich für eine umfassende Gewissensentscheidung jedes einzelnen Menschen einsetzte. Die Niederlande unter Willem van Oranje war übrigens eines der ersten Länder, in denen sich einstige Ketzer, Täufer, als auch Juden ohne Angst vor Verfolgung niederlassen konnten. Die Religionsfreiheit wurde unter großen Anstrengungen den Herrschenden abgerungen, und sie stellt eine bedeutende zivilisatorische Errungenschaft dar. Jeder Mensch entscheidet frei und selbst, welchen Glauben er wählen oder ob er keiner Religion angehören will. Die Religionsfreiheit wurde in den Kanon der Menschenrechte aufgenommen und ist in jeder demokratischen Verfassung verankert.

Mittelalterliche Zustände in der Drogenpolitik

Die Freiheit, die inzwischen im Bezug auf Glauben und Gewissen des einzelnen Menschen geschützt wird, wird dagegen im Bereich einer psychoaktiven Selbstbestimmung weiterhin verweigert. Drogenpolitisch befinden wir uns faktisch noch in dem voraufklärerischen Zustand eines „Cuius regio, eius pharmaca“ – „Wessen Gebiet, dessen Drogen“. Der bevormundende Staat will entscheiden, welche Drogen seine Untertanen nutzen dürfen und welche nicht. Dabei regeln dies Landesregierungen je nach Lust und Laune. In den meisten muslimischen Ländern wird Alkoholkonsum kriminalisiert. In Bolivien wurde der traditionell verankerte Kokagebrauch legalisiert, weltweit bleibt sogar der harmlose Mate de Coca strafbewehrt. Psychoaktiver Hanfgebrauch ist ohne Verfolgung unter anderem in Uruguay, Colorado und in den Niederlanden möglich, doch in Saudi-Arabien, Vietnam und dem Iran können Menschen wegen Besitzes größerer Mengen hingerichtet werden.

Lucys Xtra

Du hast bereits einen Onlinezugang bei uns? Dann melde dich hier an.

Einzelbeitrag

0,90 CHF
Mittelalterliche Zustände in der Drogenpolitik
• Sofortzugriff auf den ganzen Beitrag
• Zusätzliche Bilder und Informationen
• 12 Monate unbegrenzt abrufbar
• Auf all deinen Geräten nutzbar

Onlinezugang

13,80 CHF
• Einen Monat gratis lesen*
• Unbegrenzter Zugriff auf exklusive Inhalte
• Abodauer selbst flexibel bestimmen
• E-Papers gratis ab 24 Monaten Laufzeit

Print-Abonnement

35,00 CHF
• Zwischen verschiedenen Abos wählen
• Preis selbst bestimmen
• Onlinzugang & E-Paper gratis erhalten
• Dankeschön geschenkt bekommen