Neue psychoaktive Pilze

XtraEthnomykologische Explorationen

Sogar der Hallimasch gehört zu den psychotropen Pilzen. Foto: Archiv Berger

Text Markus Berger

 

Wenn von psychoaktiven Pilzen die Rede ist, denken alle natürlich sofort an Psilocybin-bildende Pilze und den Fliegenpilz und einige Verwandte. Psychotrope Pilze dürfen aber nicht nur mit psychedelischen, dissoziativen oder gar berauschenden Eigenschaften in Verbindung gebracht werden, denn das Attribut psychoaktiv ist deutlich umfassender zu begreifen. Psychoaktive beziehungsweise psychotrope (beide Begriffe sind synonym) Pilze können antidepressive, angstlösende, beruhigende, schlaffördernde, antipsychotische, antiepileptische, gedächtnisfördernde, Anti-Alzheimer- und stimulierende Wirkungen haben und/enthalten entsprechende Inhaltsstoffe. Und von diesen fungalen Gewächsen gibt es eine ganze Menge. Das geht so weit, dass plötzlich klar wird, dass sogar ein so bekannter Speisepilz wie der Hallimasch zu den psychoaktiven Pilzen gehört.
Schon für die Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen hatte ich eine Menge neuer psychotroper Pilze zusammengetragen und monographiert. Hier präsentiere ich einen gerafften und stark gekürzten Einblick in meine jüngsten Forschungen zu diesem spannenden Thema, die später in einem neuen Buch publiziert werden.

Psychoaktive Agaricales (Championartige)

Amanita pseudosychnopyramis sorgte für Isoxazol- bzw. Fliegenpilz-artige Intoxikationen in China, die 2022 publiziert wurden. Nach einer Analyse wurde festgestellt, dass die Spezies Muscimol und Ibotensäure sowie auch Muscarin enthält und somit zu den psychoaktiven Amanitaceae gehört. Der Nachweis wurde von einem anderen Forscherteam 2024 bestätigt. Die Art enthält außerdem α-, β- und γ-Amanitin, Desoxoviroidin, Phallisacin, Phallacidin, Phalloidin sowie Illudin M und S. Es wurden weitere Amanita-Arten entdeckt, die Muscimol und/oder Ibotensäure produzieren:  Amanita altipes, Amanita concentrica, Amanita flavopantherina, Amanita griseopantherina, Amanita pseudopantherina, Amanita rubrovolvata und Amanita subglobosa enthalten Muscimol und Ibotensäure. Amanita farinosa und Amanita vaginata enthalten Ibotensäure. Amanita subjunquillea enthält ebenfalls Ibotensäure, ist aber eine tödlich giftige Art!

 

Gymnopilus orientispectabilis aus Japan wurde 2020 erstmals beschrieben und gilt als psychoaktiver, «halluzinogener» wie auch giftiger Pilz, der kein Psilocybin und Verwandte produziert. Der Pilz soll nach Einnahme Lachen hervorrufen, er enthält das Ergosterol-Derivat Ergopyron und die Triterpenoide Fasciculasäure A und Gymnojunol A bis G.

 

Psychoaktive Speisepilze
Der Honiggelbe Hallimasch Armillaria mellea wird in Asien zur Behandlung verschiedener neurologischer Störungen wie Schlaflosigkeit, Epilepsie und Schwindel eingesetzt. Er hat nach wissenschaftlichen Untersuchungen akute und chronische Antidepressiva-ähnliche Wirkungen, die möglicherweise auf die entzündungshemmende Wirkung des Pilzes zurückzuführen sind. Der Pilz pflegt in Asien interessanterweise eine symbiotische Beziehung mit der psychoaktiven Orchidee Gastrodia elata, die antidepressive, hypnotische und viele weitere psychotrope Eigenschaften aufweist. Eine Untersuchung, die sich mit den schlaffördernden Effekten von Armillaria mellea befasste, fand heraus, dass diese bei Ratten durch eine Modulation des serotonergen Systems und der Darmmikrobiota zustandekommen. Eine weitere Studie kam zu dem Schluss, dass Wasser- und Ethanolextrakte von Myzelien des Pilzes sowohl den NREM-Schlaf als auch den REM-Schlaf verlängern und damit für die Behandlung von Schlaflosigkeit nützlich sein könnten.

Lucys Xtra

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