Text: Claudia Müller-Ebeling
Rätsch, der Wissen schuf, weil er begriff, was er als Sammler mit Händen greifen konnte
»Mein Lebenswerk ist vollendet«, seufzte Christian Rätsch erleichtert, als der gewichtige Band 2 seiner mit Ko-Autor Markus Berger im AT Verlag realisierten Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen im August 2022 endlich vor ihm lag. Mit mildem Blick erwiderte er wortlos meine alarmiert versichernde Umarmung: »Aber nicht Dein Leben!« – Am 17. September hauchte er sein produktives Leben aus. In Kißlegg (Süddeutschland), an meiner Seite, früh morgens um 7.20 Uhr. Knapp zwei Tage nach seiner Rede zur Vernissage von Band 2, die Roger Liggenstorfer vom Schweizer Nachtschatten Verlag spontan in Solothurn organisiert hatte. Was er nun anstrebe, wurde er gefragt. Kein Buch mehr schreiben zu müssen! Sein letztes ist umso kostbarer.
Neu entdeckte Pflanzen und aktuelle Erkenntnisse erfüllten Christian bis zum letzten Atemzug. Und Quellenfunde, die erstmals eine ‚psychoaktiv inspirierte‘ europäische Kunst des 19. Jahrhunderts offenbaren. Denn von Haschisch, Kokain, Opium (in Speis und Trank) profitierten KünstlerInnen und Werke (Gemälde, Musik, Poesie, Literatur), wie Rätsch unerschrocken belegt. Im Beitrag zu Band 2 der Enzyklopädie, der nur mit Ko-Autor Markus Berger möglich war! Christian betonte stets: »Ohne Markus hätte ich das nicht gewuppt«. Mit profundem Wissen und gezielten Recherchen förderte Berger aktuelle Erkenntnisse, geniale Funde und erstaunlich psychoaktive Entdeckungen – wie Orchideen – zu Tage. Ohne Profilneurose und bemerkenswert kollegial vollendete Berger das Lebenswerk von Christian Rätsch, der ihn früh inspiriert, jahrzehntelang gefördert und zu autodidaktischen Studien ermutigt hatte.
Die englische Ausgabe, 2005 bei Inner Traditions, Vermont, USA, etablierte die Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen von Christian Rätsch als weltweit renommiertes Standardwerk. 1998 vom Schweizer AT-Verlag erstmals veröffentlicht und als Der Rätsch legendär, liegt es dort in nunmehr in der 18. Auflage vor.
Die Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen Band 2 von Rätsch + Berger enthält über 500 neue Pflanzen, Pilze, Flechten, Bakterien in mehr als 140 Monografien. Von Acacia bis Zornia und von Agrocybe bis Xanthoparmelia. Tabellen verweisen auf mehr als 350 weitere psychoaktive Gewächse, deren Potenzial noch erforschungswürdig ist. Die 2026 erscheinende, exquisite englische Übersetzung ist erneut John Baker, PhD, zu verdanken; mit herausfordernden US-Updates umfangreicher Literaturhinweise der deutschen Ausgabe. Seit wir uns in den 1980er Jahren als Ethnologie-Studenten der Uni Hamburg begegneten, wo John uns (Christian und mich) zusammenbrachte, verbinden uns Freundschaft, Projekte und Forschungsinteressen.
Christian Rätsch (20. April 1957 bis 17. September 2022) war ein mutiger Wissenschaftler, Forscher und Abenteurer, der sich unerbittlich treu blieb und willensstark verwirklichte, was ihm wichtig war. Beharrlich, diszipliniert und konzentriert erforschte der gebürtige Hamburger ferne Welten und nahe Wunder. Mit Haut und Haar. Denn »Probieren geht über Studieren«, lehrte ihn die Großmutter und »Erfahrungen sind das einzige, was man dir niemals nehmen kann«.
Nur Wissenschaft, die mutig neues Wissen schafft, kann Horizonte jenseits vertraut erlaubter Grenzen entdecken …
»Je höher man fliegt, desto kleiner erscheint man jenen, die nicht fliegen können«, war ein Lieblingszitat (frei nach Friedrich Nietzsche), in dem sich der nonkonformistische Freigeist erkannte. Das Elternhaus unterstützte Christians Höhenflüge, Begabungen und vielfältige Interessen. Weshalb ihn verständnislose Ignoranz und neidische Herabwürdigung seit der Kindheit begleiteten. Nichtsdestotrotz begeisterte ihn schon als Schüler, was nur wenige Erwachsene interessiert.
Zum Beispiel die Musik von Richard Wagner. Weshalb sich Christian als Statist der Hamburger Staatsoper ein Taschengeld verdiente, im Lehrerchor sang und Wagner-Opern mit Partituren auf spottbilligen Stehplätzen, in höchsten sichteingeschränkten Rängen verfolgte. Seine audiophile Passion reichte von Arnold Schönberg bis Frank Zappa; von Heavy Metal, mongolischen Kehlkopfgesängen bis Sami-Joiks. Eiszeit-Funde im heimischen Garten und Muscheln am Ostseestrand befeuerten seine lebenslange Fossilien-Faszination und Conchylien-Sammlung. In einer Gartenhütte, dem väterlich genehmigten Chemielabor, experimentierte er unfallfrei mit nicht jugendfreien Chemikalien. Weshalb fundierte Kenntnisse und Erfahrungen Christian Rätsch zu ethnopharmakologischen Studien und Büchern befähigten. Der Hamburger verwirklichte seinen Kindheitstraum, Regenwaldforscher zu werden. Weshalb er an der Hamburger Uni Altamerikanistik und klassisches Maya studierte; das in Yucatán gesprochene Maya erlernte; um 1979 (nach dreitägigem Marsch durch die Selva Lacandona) mit den letzten nicht missionierten Lakandonen in Nahà, Chiapas, kommunizieren und deren Sprache beherrschen zu können. (Fließend, wie ich weiß, seit ich hörte, wie peinlich deutsch, amerikanisch, spanisch die vertrackt glottallisierte Maya-Phonetik klingen kann. Und wie mühelos Christian das in Yucatán gesprochene Maya nach dreißig Jahren von den Lippen kam, das dort verhuschte Dienstleistende begeistert aus den Ecken holte, die der verwunderliche Tourist nicht übersah, sondern als Maya würdigte.) – All das, um von Lakandonen zu lernen, wie sie im Regenwald leben, ohne ihn zu zerstören! Die Nachfahren der Maya-Hochkultur lehrten den Altamerikanisten heilende Zaubersprüche (worüber er promovierte) und die psychosozial bedeutsame Funktion von Räucherstoffen, psychoaktiven Pflanzen, Gebräuen und Substanzen, die zentrale Themen vieler Bücher wurden und das journalistische Etikett »Drogen-Papst« prägten (das dem geborenen Heiden am wenigsten entsprach).
Ja, ich weiß, das alles klingt unglaublich. Im Sinne von unglaubwürdig, allzu dick aufgetragen und schlicht phantasiert. Weshalb Medien Rätschs Impetus und Engagement ignorierten, die akademischen Kreisen allzu going-native-verdächtig waren. Doch wer ihm als Kind, Jugendlichen oder Studenten täglich begegnete, bezeugt das noch nach Jahrzehnten; Chemielehrer und älterer Bruder. (Obgleich seit jeher manche meinen, es besser zu wissen).
Christian Rätsch enttäuschte Erwartungen, Vorurteile, Meinungen. Entnervend stereotype Fragen, wie »Machen diese Drogen nicht gefährlich abhängig und süchtig?« und »Na, was haben Sie heute schon eingeworfen?«, konterte er entwaffnend ruhig: »Wie lange könnten Sie unter Wasser bleiben, ohne nach Luft zu schnappen? Dann wissen Sie, wovon wir abhängig sind« und »Ich habe vier Schalen First-Flush-Darjeeling-Tee intus – und Sauerstoff. Und Sie vermutlich Nikotin und Koffein. Denn wie mir Kaffeesüchtige gestanden, werden sie nur mit Kaffee morgens wach und ein Mensch.«
Rätsch war eine Denksportausgabe (+ -aufgabe) für Intellektuelle. Der »Doktor mit Matte« (so der verblüffte Beamte beim ausweispflichtigen Dr.-phil.-Eintrag) war ein Dekokt auf ihn projizierter Klischees, die er ad absurdum führte. Die Kurzsicht-Brille klemmte auf der Nase eines selbstbewussten (nicht aber arroganten) Weltenbummlers, keines verschüchterten Stubenhockers. Der wilde Mann mit Lederhose war Wissenschaftler, nicht Raudi-Rocker. Als Forscher vertiefte er sich in Details, die er haargenau analysierte, nüchtern enzyklopädisch publizierte, mitreißend präsentierte und in Superlativen pries. Er war ein Freak mit akademischem Hintergrund. Ein Hippie, der bürokratische Haarspalter aufs Glatteis führte. Denn in der Tat verbrachte er insgesamt drei Jahre in Chiapas, Mexiko, bei den Lakandonen. Nicht nur das eine, vom DAAD finanzierte, das ihm der deutsche Wikipedia-Eintrag (vor Fehlern wimmelnd) zugesteht. Tja, traue nicht dem Internet. Denn mit Zwischenaufenthalten in Reservaten der USA verlängerte der Hobby-Indian (laut Blackfoot-Freund-Humor) mehrfach dreimonatige Touristenvisa für Mexiko ums Doppelte.
Der Langhaarige mit Brille, Bart und Indianerschmuck war eine Herausforderung. Für sich und andere. Sein Charisma und Wissen, sein brillanter Geist, enzyklopädisches Gedächtnis und Forschungsdrang, seine Freude, Leidenschaft, Akribie, Disziplin und unerbittliche Beharrlichkeit faszinierten und verstörten, provozierten und betörten. Als Projektionsfigur von Verehrung und Anfeindung wappnete er seinen Geist mit Muße und widmete sich vielfältigen Sammlungen. Auf Nachfrage, was er mit Muße meine, antwortete er in einem Podcast, zwei Monate vor seinem Tod visionär:
»Im Augenblick totaler Muße ist man im Hier und Jetzt. Dieser Augenblick ist unendlich. Die Teilhaftigkeit an der Unsterblichkeit! Und wenn man das hatte, das Erlebnis von Unsterblichkeit, dann kann man auch beruhigter sterben. Das beruhigt unsere Hektik und Panik, die lebensschädigend sind.«
(Prophetische Worte von Christian Rätsch, im Podcast-Interview mit Carsten Essig, zwei Monate vor seinem Tod.)
»Sammeln ist die Grundlage jeder Wissenschaft!«, war Rätschs Credo und Leidenschaft – die in seiner Kindheit begann, als die Familie regelmäßig an der nahegelegenen Ostsee Ferien machte. Was immer der kleine Christian im Geröll von Steilufern und am Strand fand – Feuersteine, versteinerte Seeigel, Haifischzähne, Korallenstücke – stimulierte neugierige Fragen. Was ist das? Wo kommt das her? Wann lebten die? Vor allem Gehäuse von Muscheln und Schnecken hatten es ihm angetan, deren vielfältige Formen und Farben seine umfangreiche Conchyliensammlung begründeten. Und konisch zugespitzte Fossilien-»Geschosse«, deren Herkunft ihm zwei unterschiedliche Verständnisebenen erschlossen. Das seien Donnerkeile, hatte ihm die Mutter Lore erklärt, sie fielen bei Gewitter zur Erde, wenn der Donnergott Thor mit seinem Hammer auf die Wolken schlage. Er entdeckte sie auch in einem kleinen Privatmuseum in Travemünde, wo sie als versteinerte Schulpe ausgestorbener Belemniten, krakenähnlicher Kopffüßer, beschrieben wurden. Mythische und wissenschaftliche Erklärungen schließen sich nicht aus, sie ergänzen einander, betonte Rätsch unermüdlich.
So wurde seine Sammlung kein Sammelsurium, sondern folgte einer ästhetisch kultivierten Systematik, die ihn die Entwicklungsgeschichte der Weichtiere lehrte, die er sich in gezeichneten Stammbäumen vergegenwärtigte. Mit Papierbooten, Nautilusschalen, Kaurischnecken, Schneckentrompeten, Venusmuscheln, Muschelgeld vertiefte sich Christian Rätsch in die Wunder der Natur und Kultur. Ihre vielfältige Schönheit begeisterte ihn lebenslang; ohne achselzuckendes »Kenn-ich, hab-ich, weiß-ich-schon«!
Vom Conus gloriamaris (kostbar, weil einst selten) bis zu Xenophoridae (der Familie von Meeresschnecken, die Fremdkörper mit erstaunlicher Ästhetik ins Gehäuse inkorporiert). Seine Begeisterung war akribisch und beständig. Der Systematik seiner Conchyliensammlung widmete sich Christian noch im letzten Lebensjahr. Als (parallel zum Abschluss der Enzyklopädie Band 2) die Renovierung des betreffenden Raumes anstand, sortierte er schon ab fünf Uhr frühmorgens seine Schätze und konzentrierte seine freudige Aufmerksamkeit mitunter zwanzig Minuten lang auf ein einziges Exemplar. Als ich das wiederholt bemerkte, erwiderte Christian lächelnd: »Ich erinnere mich an jede Muschel und jedes Schneckengehäuse. Ich weiß, wie, wo, wann sie in meine Sammlung kamen. Ihre Einzigartigkeit und Schönheit geben mir Kraft – gerade jetzt, bei den mühsamen Korrekturabzügen vom Band 2.«
Mit jahrzehntelang geschultem Conchylien-Blick entdeckte er weltweit Raritäten. In Souvenirläden, bei Straßenhändlern auf Messeständen. Alljährliche Events der internationalen Mineralien-Fossilien- und Conchylien-Szene in Tucson (Arizona), München und Hamburg waren sein Eldorado. Wo Flanierende nur einen »Haufen Muscheln« sehen (weil landläufig fälschlich auch Schnecken so heißen), erspähte er sekundenschnell die Nadel im Heuhaufen. Kaum auffindbare Raritäten, wie ein links gewundenes Gehäuse, das nur eine von zehntausend Schnecken hat! Den einzigartig kostbaren Fund luchste Christian einem ahnungslosen Händler ab. Wer’s weiß, ist klar im Vorteil. Von seiner untrüglichen Expertise, was selten, ungewöhnlich oder kostbar ist, profitierten Museen und Geschäftsleute in Hamburg und Japan, für deren exquisite Akquise Rätsch in den 1980er Jahren weltweit unterwegs war. Die freie und Hansestadt Hamburg war sein Tor zur Welt. Als Geburtsort und Heimathafen blies die Hafenstadt dem Sohn eines Reederei-Managers (und Enkel eines im Hafen tätigen Metallformers) ferne Welten, frische Brisen und freie Luft in die Nase.
Was ihn leidenschaftlich begeisterte, befeuerte Sammelleidenschaft. Rätsch wollte ergründen, entdecken, erfahren, erforschen. Er analysierte und dokumentierte, was er sammelte, um Wissenswertes zu erkennen und Wissen zu schaffen. Auch nepalesische Thangkas und Phurbas, Räucherstoffe – und berauschende Pflanzen. Was noch im Ohr ist, was wir vor Augen haben und mit Händen greifen können, verstehen wir – weil wir’s be-greifen! Die Objekte vielfältiger Sammlungsgebiete befähigten Christian Rätsch, Verwandtes zu bemerken, Unterschiede auszumachen und einzigartige Merkmale von gewöhnlichen unterscheiden zu können. Weil er lauschte, roch, schaute und eingehend studierte, was er in Händen hielt, offenbarten ihm CDs, Harze, ethnographische Ritualobjekte Einblicke – und Überblick, indem er sie sortierte und arrangierte. Insbesondere Conchylien schärften seine sinnliche Wahrnehmung, schulten sein taxonomisches Gedächtnis, vertieften sein Verständnis von Gattungen, Familien, Arten – und fundierten sein enzyklopädisches Wissen. Rätsch war Kenner. Kein Conchylien-Papst. Er wusste, was er kannte. Doch weder glaubte er, alles zu wissen, noch das, was die meisten meinen. Sammelnd erforschte der Autor, Wissenschaftler, Altamerikanist, Ethnopharmakologe, was ihn interessierte. Er nährte sein Hirn mit nimmermüdem Wissensdurst lebenslanger Erfahrungen, die ihn zum Programmierer seines komplexen neuronalen Netzwerkes machten (äonenfern von digitaler KI-Verheißung und ‚Nur-ein-Klick‘-Suggestion). Sinnlich begeisternde Erfahrungen bahnen Wege zwischen Herz und Hirn, die Spuren im Gedächtnis hinterlassen und haften bleiben.
Was der Sammler in Natur und Kultur entdeckte – in Kunst und Wissenschaft, Tagebüchern von Cosima Wagner, Briefen von Hermann Hesse und in der Korrespondenz von Ernst Jünger und Albert Hofmann – bereicherte (vielschichtig visuell) die Bücher von Christian Rätsch und alle, die lasen und lieben, was er schrieb. Sein Fundus von Fakten, Fotos, Artefakten füllte Dateien als Grundlage für das akribisch gesammelte Wissen der Enzyklopädien. In psychoaktive Pflanzen (Pilze, Gebräue, Substanzen), die ihm das Lebensgewebe offenbarten, investierte er Lebenskraft. Weshalb sie indigenen Kulturen heilig sind, die ihrer mächtigen Wirkung im rituellen Rahmen und Gebrauch Respekt zollen, verstand der Altamerikanist, seit er als Doktorand die anspruchsvolle Ritualstruktur und psychosoziale Wirkung des Balché-Tranks der Lakandonen forschend erfuhr.
Zeit und Lebenskraft investierten auch kongeniale Kollegen. Unermüdliche Disziplin und Forschergeist von Ko-Autor Markus Berger – sowie kritisch detaillierte Nachfragen zur Übersetzung ins Englische von John Baker – ermöglichten, dass aktuelle Erkenntnisse zum vorliegenden Enzyklopädie Band 2 reiften. Ein Mammutwerk voller spektakulärer Entdeckungen, nach nur knapp vier Jahren auch dem englischen Sprachraum zugänglich. Die Freude über die Übersetzung blieb Christian versagt. Er hätte John für präzise Sprache und Recherche englisch verfügbarer Publikationen (deutscher Literaturverweise) gedankt, im typischen Superlativ: »Die sind der Hammer!«.
Wem er die Vollendung seines Lebenswerks verdankte, war Christian Rätsch mehr als allen bewusst. Ungeahntes bewusst machen, trieb den medienpräsenten Autor zeitlebens an. Sein Werk rückt ins Bewusstsein, was Pflanzen der Götter (individuell) dringlich lehren könnten. Was sie Rätsch lehrten, manifestierte sich in Sammelaktivitäten, Vorträgen, Seminaren, Interviews, Publikationen: Natur-Schätze und Ahnen-Wissen würdigen und nutzen, ohne sie zu zerstören … (siehe P.S.-Nachtrag).
Mein Dank gilt allen, die Rätschs Erkenntnissen fruchtbare Böden bereiten. Mit mutig verlegerischem Engagement, interessierter Lektüre, wachem Geist und weitem Horizont. Lebensfreude und Wissensdurst schenken bereichernde Erfahrungen. Allen, die sich in Band 2 entdeckten Entheogenen respektvoll nähern, würde Christian (in der Mayasprache der Lakandonen) wünschen »Möge Euer Bewusstsein gut sein.«
Meinem Lebenspartner Christian Rätsch bin ich für unsere inspirierende Lebens- und Forschungsgemeinschaft dankbar. Vier Jahrzehnte schenkte uns das Leben für geteilte Erfahrungen, gemeinsam gewonnene Erkenntnisse und Bücher, die wir als Ko-Autoren schrieben.
P.S.-Nachtrag
Unsere gemeinsame Arbeit beflügelte die Erkenntnis: Nicht der Mensch ist das Maß aller Dinge, sondern das Gleichgewicht lebensnotwendiger Ressourcen der Natur, das – gefährdet durch deren maßlose Ausbeutung – dem menschenmöglichen Maß das Ende bereitet.
Leben entsteht und besteht aus der Symphonie aller Lebewesen. Wer stets »Ich zuerst, erst ich« schreit, ist in keinem Haushalt beliebt. »Ich bin zuerst dran, erst komm ich«, wird sich realisieren, wenn der Naturhaushalt diese Stimme aus der Symphonie des Lebens entfernt.
In memoriam Dr. phil. Christian Rätsch (1957-2022)
