Der Wirkstoff Psilocybin aus den Zauberpilzen (Magic Mushrooms) wird schon seit Längerem als Alternative zu der herkömmlichen Standardmedikation bei therapieresistenten Depressionen diskutiert. Auch in Lucys Rausch 14 hat Autor und Forscher Professor Dr. Torsten Passie einen entsprechenden Artikel veröffentlicht, der sich um Pro und Kontra von Psilocybin vs. Antidepressiva dreht.
Eine groß angelegte, internationale klinische Studie testete die antidepressive Wirksamkeit einer einmaligen Gabe von Psilocybin. Die insgesamt 233 erwachsenen Probanden mit behandlungsresistenter Depression erhielten in dieser Phase-2-Doppelblindstudie entweder 25, 10 oder 1 Milligramm des Pilzwirkstoffs sowie psychologische Unterstützung. «Insgesamt waren 79 Teilnehmer in der 25-mg-Gruppe, 75 in der 10-mg-Gruppe und 79 in der 1-mg-Gruppe» (Goodwin et al. 2022).
Die Ergebnisse der Untersuchung belegen zwar eine generelle Wirksamkeit von Psilocybin in der Behandlung von therapieresistenten Depressionen. Allerdings nur bei der höchsten Dosierung und nicht ohne negative Auswirkungen: «In dieser Phase-2-Studie, an der Teilnehmer mit behandlungsresistenten Depressionen teilnahmen, reduzierte Psilocybin in einer Einzeldosis von 25 mg, jedoch nicht in einer Dosis von 10 mg, die Depressionswerte über einen Zeitraum von drei Wochen signifikant stärker als eine 1-mg-Dosis, war jedoch mit unerwünschten Wirkungen verbunden. (…) Unerwünschte Ereignisse traten bei 179 von 233 Teilnehmern (77 %) auf, darunter Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel. Suizidgedanken, suizidales Verhalten oder Selbstverletzungen traten in allen Dosisgruppen auf» (ebd.).
Die Autoren der Studie schlussfolgern: «Größere und längere Studien, einschließlich eines Vergleichs mit bestehenden Behandlungen, sind erforderlich, um die Wirksamkeit und Sicherheit von Psilocybin bei dieser Störung zu bestimmen» (ebd.).
Im Editorial «Psilocybin in Treatment-Resistant Depression» von Bertha K. Madras zur Studie werden die Ergebnisse kommentiert. Die positiven Erkenntnisse aus vergangenen kleineren Untersuchungen zum Sujet konnten in dieser größer angelegten Studie nicht reproduziert werden. Dennoch wiesen die Forscher mit dieser Arbeit nach, dass hohe Dosierungen Psilocybins schon nach einmaliger Applikation durchaus antidepressiv wirksam sein können. Als nächstes wird auf Grundlage der Ergebnisse eine Phase-III-Zulassungsstudie angestrebt.
Interessant zu wissen: Psilocybin (4-PO-DMT) wird als psychedelisches Molekül immer wieder als potenzielles Pharmakon für psychotherapeutische Behandlungen diskutiert. In Wirklichkeit ist die tatsächlich psychoaktive Substanz das ebenfalls in Pilzen vorkommende Psilocin (4-HO-DMT). Psilocybin wird nach Einnahme im Körper in Psilocin umgewandelt.
Studie:
Goodwin, G.M., Aaronson, S.T., Alvarez, O. et al.
2022 Single-Dose Psilocybin for a Treatment-Resistant Episode of Major Depression, The New England Journal of Medicine 387: 1637-1648.
Editorial:
Bertha K. Madras
2022 Psilocybin in Treatment-Resistant Depression, The New England Journal of Medicine 387: 1708-1709.