The needle and the damage done: Kultur einer Drogennadel

XtraDrug culture - a mirror of reality

Mit dem intimen Einstich der Opiatkanüle waren unter anderen vertraut: William S. Burroughs, Billie Holiday, Lou Reed, Janis Joplin, Hans Fallada, Iggy Pop, John Coltrane Göring, Charlie Parker, Marianne Faithfull, Francoise Sagan, Anita O’Day, Georg Trakl, Klaus Mann, John Poole, Edith Piaf, Friedrich Glausner, Ray Charles, Jean Cocteau, Johannes R. Becher und Wladimir Wyssozkij.

Als Neil Young 1972 sein Album „Harvest“ mit dem Titel „The needle and the damage done“ veröffentlichte, bewegte sich die mediale Heroin-Hysterie auf einen Höhepunkt zu. Bis weit in die 1980er hinein bestimmte das Bild von dem an der Nadel hängenden Junkie den öffentlichen Eindruck von dem, was Opiatgebrauch im Speziellen und Drogenanwendung im Allgemeinen ausmachen würde. Interessanterweise war es ausgerechnet die AIDS-Pandemie, die allmählich zu einer Versachlichung von Wahrnehmung führte.

I’ve seen the needle

and the damage done

A little part of it in everyone

But every junkie’s

like a settin‘ sun.

Neil Young

Ermöglicht wurde die Karriere der Kanüle als außergewöhnliches Drogenutensil erst im 19. Jahrhundert aufgrund moderner wissenschaftlich-medizinischer Erkenntnisse:

1804 Dem deutschen Apotheker Friedrich Wilhelm Adam Sertüner gelingt es, das Alkaloid Morphium aus Opium zu extrahieren. Benannt wird der Wirkstoff aus der Schlafmohnpflanze nach Morpheus, dem griechischen Gott der Träume.

1841 Durch den französischen Chirurg Charles-Gabriel Pravaz wird die Injektionsspritze entwickelt.

1844 Der irische Arzt Francis Rynd verbessert das Verfahren durch die Erfindung der Hohlnadel, also Kanüle.

1873 Der englische Chemiker Charles Romley Alder Wright erforscht die Reaktion von Morphium auf Essigsäure.

1896 Der deutsche Pharmazeut und Chemiker Felix Hoffmann realisiert die Herstellung von Diacetylmorphin.

1898 Der deutsche Pharmakonzern Bayer gibt die Markteinführung von Diacetylmorphin unter dem Namen „Heroin“ bekannt.

 

Die nadelfixierte Opiatkultur ist ohne Zweifel ein Produkt der Neuzeit. Sie ist ein Kind des Zeitalters von Wissenschaft und Industrialisierung. Wie gesagt, erst die Entwicklung der modernen Medizin machte sie möglich. Aber diese spezielle Drogenkultur ist auch ein Spiegel gesellschaftlicher, ökonomischer und psychologischer Zustände und Entwicklungen dieser Epoche. Bis zum heutigen Tag.

Anzumerken ist, dass im 20. Jahrhundert der Gebrauch der Opiat-Kanüle infolge von Kriegen zunehmende Verbreitung fand. So stieg nach dem 1. Weltkrieg der intravenöse Konsum von Morphium nicht allein in Deutschland signifikant an.

Mit der Operation Rolling Thunder am 2. März 1965 starteten die USA die offene Intervention gegen das kommunistisch regierte Nordvietnam. Die als Vietnamkrieg in die Geschichte eingehende blutige militärische Auseinandersetzung dauerte bis 1975 an. Vietnam liegt im Bereich traditioneller Opiumanbaugebiete. Die Soldaten der US-Army kamen so direkt mit Heroin in Kontakt. Die schrecklichen Kriegserfahrungen förderten den Gebrauch von Opiaten. Durch heimkehrende bzw. in Europa stationierte GIs wurde dann Heroin in größeren Stil verbreitet.

Im Dezember 1979 marschierte sowjetisches Militär in Afghanistan ein und etablierte dort eine Marionettenregierung. Ursprünglich sollten die Truppen nach kurzer Zeit wieder abziehen. Tatsächlich entwickelte sich der Konflikt zu einem zehnjährigen Krieg, in dessen Folge islamistische Kräfte in dem Land an Einfluss gewannen. Viele russische Kämpfer kehrten schwer traumatisiert in ihre Heimat zurück. Eine weitere Konsequenz des Krieges war, dass die Verbreitung illegalisierter Drogen in Russland massiv zunahm. Insbesondere der deutliche Anstieg des Heroingebrauchs konnte infolge der Afghanistaninvasion festgestellt werden. Afghanistan avancierte zum Hauptproduzenten von Opium und Heroin. Russland wurde einer der größten Abnehmer des betäubenden Stoffes. Einerseits lernten viele Sowjetsoldaten in Afghanistan Heroin kennen und kamen als Junkies nach Hause. Andererseits entwickelten sich gut funktionierende Strukturen eines illegalen Marktes. Die damals entstandenen Transit- und Handelswege sind zum Teil bis heute aktiv. Korruption unter den russischen Beamten, Polizisten und Militärs förderte die kriminellen Machenschaften. Als unter Gorbatschow 1989 die letzten russischen Truppen Afghanistan verließen, blieb die Heroin-Connection weiter bestehen.

Lucys Xtra

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