„Ich will eine neue Droge …
Eine, die mich nicht nervös macht, sodass ich nicht mehr weiß, was tun …
Eine, die mir das Gefühl gibt, bei dir zu sein.“
Huey Lewis and the News
Nachdem ich einen Vergleich zwischen der eher gleichförmigen Lebensweise meiner Familie und den heroischen Abenteuern, von denen ich in Büchern las, angestellt hatte, zog ich schon sehr jung den Schluss, dass ein richtig gelebtes Leben die Suche einschließt. Das Abenteuer der Gralssuche zur Errettung der Menschheit.
Während meiner Jugend träumte ich davon, ein Krieger, ein Forscher, ein großer Wissenschaftler oder ein Weiser zu werden. Während meiner Pubertät wurde mir klar, dass eine neue, edle Herausforderung auf mich zukam. Und an diesem Punkt machte ich die Erfahrung eines starken und anhaltenden Paradoxes der menschlichen Lebensumstände (der männlichen zumindest). Obwohl Sex offensichtlich für ein glückliches Leben wichtig war, besaß ich keine perfekte Kontrolle über meine Erektionen. Es schien, dass viele männliche Wesen diese Unzulänglichkeit mit mir teilten.
Das erste Problem war, dass es gerade dann zu Erektionen kam, wenn ich sie nicht gebrauchen konnte. Das führte in der Öffentlichkeit zu einer ärgerlichen, unerwarteten Erregung, die mich unter anderem daran hinderte, aufzustehen und im Raum auf und ab zu gehen.
Später gab es neuartige Aufregungen. Die wilde Erregung des Vorspiels. Das Aufknöpfen des BHs. Das Ausziehen der Unterhose. Das Finden der besten Stellung auf dem Vordersitz des Autos. Würdest du einem rumpelnden Sitz vertrauen? Der Reißverschluss. Das Überziehen des Präsers. Das heftige Atmen. Die Ängste. Hörst du jemanden kommen? Das Manöver des Eindringens. Mann! Was ist mit meinem Ding los?
Dieses Zusammenspiel von willigem Geist und Körper wurde augenblicklich zu einer kritischen Angelegenheit. Dabei gab es 1936 noch keine Handbücher über die Pflege und den Gebrauch dieser komplizierten Ausrüstung. Ich schlug im Wörterbuch nach und entdeckte, dass etwas, das man „Aphrodisiakum“ nannte, die sexuelle Leistung verstärkt. Ich machte mich in die Bibliothek auf und schlug in jeder Enzyklopädie nach – keine einzige Erwähnung von „Aphrodisiakum“.
Wie merkwürdig, dass ein so wichtiges Thema völlig ignoriert wurde.
Klar, hier tauchte eine andere, unerklärliche, mysteriöse Seite des Erwachsenseins auf. Lindbergh konnte den Atlantik überfliegen. Wir konnten einen Mann zum Südpol bringen. Aber wir hatten keine Kontrolle über einen wichtigen Teil unseres Körpers. Vielleicht war es dies, was die Philosophen unter dem „Geist-Körper-Problem“ verstanden. Ich beschloss, mir das für zukünftige Studien aufzuheben.
Nachdem ich mitgeholfen hatte, den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen, machte ich anschließend brav mein Abitur und beschloss, Psychologe zu werden. Das schien der Schlüsselberuf zu sein. Wenn man seinen eigenen Geist verstehen konnte, klar zu denken vermochte und nicht das Opfer von Emotionen war, dann konnte man die Herausforderungen des Lebens meistern.
Um 1950 war Sex für mich kein Problem mehr. Ich lebte in einem Vorort, war verheiratet und erfolgreich domestiziert. Meine Erektionen erschienen so pünktlich wie ich zur Arbeit im Büro.
DIE SUCHE NACH DEM WUNDERMITTEL FÜHRT NACH HARVARD
Im magischen Jahr 1960 zog ich nach Cambridge (Massachusetts), um in die Harvardfakultät einzutreten. Meine sexuelle Situation hatte sich verändert. Ich war nun ein vierzigjähriger Single, der ein weiteres Mal die Spannungen, das Erschauern und die Abstürze des Liebeswerbens erlebte. Zu jener Zeit fand ich, dass meine sexuellen Ansprüche sehr elitär und wählerisch geworden waren. Ich verspürte das unaufhörlich pochende Teenagerverlangen, jeden warm-duftenden Körper in der Umgebung zu vögeln, nicht mehr. Ein One-Night-Stand konnte Lust oder Frust bedeuten, das hing von meinen Gefühlen für die Frau ab, von meinem Gefühlszustand überhaupt, von meinem Geisteszustand und meiner Geilheit.
Um mehr über dieses Gebiet zu erfahren, las ich viel Literatur zu diesem Thema und redete mit meinen Freunden aus der psychiatrischen und klinischen Abteilung. Ich lernte, dass die männliche Sexualität keine automatisch ablaufende Macho-Situation ist. Es zeigte sich auch, dass die männliche, erotische Ansprechbarkeit eine sehr komplexe und sensible Angelegenheit ist. Mehr als zwei Drittel der männlichen Bevölkerung über 35 beklagte die ungenügende Kontrolle über ihr Verlangen. Erwachsene Männer schienen Zyklen und Rhythmen zu unterliegen und alle Arten von verwundbaren Gefühlen zu besitzen, die man normalerweise dem „schwachen“ Geschlecht zuordnet. Wissenschaftliche Beobachter sind sich einig, dass die meisten Typen, die behaupten, ständig potent zu sein, entweder lügen oder zu primitiv und gefühllos sind, um die feinen Abstufungen der erotischen Beziehung in unserer schnellen, sich ständig ändernden, postindustriellen und interaktiven Zivilisation erkennen zu können.
Also gab es ein interessantes, soziales Phänomen. Damals, 1960, glaubten die Psychologen im allgemeinen, dass die vielen Konflikte, Aggressionen, Ängste und Sadismen, welche die Gesellschaft geiselten, auf sexuelle Frustration zurückzuführen sind. Freud machte als erster diese Überlegung. Wilhelm Reich zog daraus die logische Schlussfolgerung: „Sex bedeutet die freudige Aufgabe der Kontrolle zugunsten des Vergnügens. Je weniger Sex man hat, desto größer ist die Versuchung, andere zu kontrollieren“.
Nehmen wir zum Beispiel einen Kontrollfreak wie Edgar J. Hoover. Da haben wir eine Tunte, die ihre FBI-Kicks aus dem Sammeln der Dossiers über das sexuelle Verhalten von gegnerischen Politikern bezog.
Oder nehmen wir Richard Nixon, den nie jemand zärtlicher oder erotischer Gefühle bezichtigte.
Im Frühling 1960 erkannte ich, dass mit einem sicheren, verlässlichen Aphrodisiakum viele der psychologischen und sozialen Probleme, denen sich unsere Spezies ausgesetzt sah, augenblicklich gelöst werden könnten. So ging ich mit einem Team von Assistenten in die Bibliothek der medizinischen Fakultät von Harvard. Dort durchforsteten wir die Bibliographien und Zeitschriftenbestände nach Daten über sexuell stimulierende Drogen, und wir stießen auf eine ganz enorme Anzahl von Beiträgen zu diesem Thema.
Der Alraun gilt als das erste Sexstimulans. Er wird sogar zweimal in der Bibel erwähnt, und Pythagoras pries ihn. Machiavelli schrieb über ihn eine Komödie.
Das Fleisch und die Organe gehörnter Tiere wurden zu allen Zeiten und überall verwendet. „Hippomanes“, das Fleisch von der Stirn eines Fohlen, wird bei Vergil erwähnt, und im Europa des Mittelalters verwendete man den Penis von Hirschen, Bullen, Ochsen oder Ziegenböcken als Aphrodisiakum.
Amber, ein Gel aus den Innereien des Wals, wurde von der königlichen Maitresse, Mme du Barry, und dem ständig neugierigen James Boswell verwendet. Moschus war ein Dauerrenner der Erotikforscher, ebenso der Schellfisch und natürlich die Austern und Muscheln. In Japan wird der Fugufisch noch immer von hoffnungsvollen Liebenden angewendet. Jedes Jahr sterben mehr als fünfhundert Japaner auf dieser gefährlichen Suche nach mehr Lust.
Lucys Xtra
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