Text: Florian Kugel
Mit 19 Jahren erfindet er eine unmögliche Batterie und gründet wenig später den ersten Radiosender Seattles. Im Zuge der Prohibition sitzt er 18 Monate wegen Alkoholschmuggels. Er arbeitet für Geheimdienste, wird Millionär, behauptet, per Du mit dem Papst zu sein und nebenbei 6000 Menschen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur mit Acid angeturnt zu haben. Nicht umsonst nennt man ihn den Johnny Appleseed des LSD. Das Leben des Al Hubbard gleicht einem Abenteuerroman.
Göttliche Intervention
Unsere Geschichte beginnt in der Nähe von Spokane, Washington. Hier in den Wäldern hat Alfred Matthew Hubbard eine Vision. Er geht auf die 50 zu und obwohl er alles hat, was ein Mann seines Alters sich wünschen kann – eine Insel, eine Fluggesellschaft, eine Yacht – quält ihn eine bohrende Sinnsuche. Plötzlich erscheint dem glühenden Katholiken nach eigener Aussage ein engelhaftes Wesen und teilt ihm mit, dass etwas Wichtiges für die Zukunft der Menschheit bevorstehe, wobei er eine bedeutende Rolle spielen könne. Hubbard weiß das traumgleiche Erlebnis zunächst nicht zu deuten. Glaubt man seinen Aussagen, ist es allerdings nicht seine erste Begegnung mit überirdischen Wesen.
Zu diesem Zeitpunkt hat er bereits ein schillerndes Leben hinter sich. Der Psychiater Stanislav Grof nennt ihn den »mysteriösesten Mensch in der Geschichte der Psychedelik«. Keine zwei Lebensbeschreibungen gleichen sich. Es fängt schon beim Geburtsjahr an: 24. Juli 1901? Oder doch 1902? Selbst die FBI-Akte ist hier uneindeutig.
Schon früh technikbegeistert, erfand Hubbard mit gerade mal 19 Jahren den Atmospheric Power Generator – nach eigener Aussage durch zwei Engel inspiriert. Am 28. Juli 1920 trieb der gerade mal handgroße radiumbasierte Stromgenerator vor den Augen einer im Queen City Yacht Club zusammengekommenen Menge ein sechs Meter langes Boot mit bis zu zehn Knoten über den Lake Union. Hubbard schaffte es, große Patentanteile seiner Erfindung an die Radium Chemical Company in Pitsburg zu verkaufen.
1924 gründete er gemeinsam mit dem als »König der Schmuggler« bekannten Roy Olmstead KFQX, den ersten Radiosender Seattles. Es war die Zeit der Alkohol-Prohibition, das Schmuggelgeschäft lukrativ. Hubbard hing über Olmstead mit drin. In den folgenden Jahren spielte er ein doppeltes Spiel. Nach einer Razzia, bei der er festgenommen wurde, agierte er als Polizeispitzel, nutzte diese Position jedoch, um den Schmugglern zu helfen. So verdiente er doppelt. Nachdem er aufgeflogen war, saß er von 1936 bis 1938 in McNeil Island ein.
Nach seiner Entlassung erwarb er ein Kapitänszertifikat und fuhr zur See. Aufgrund seiner Schmugglererfahrung und des technischen Know-Hows, warb das OSS ihn als Agenten an. In einer verdeckten Operation schmuggelte er während des Zweiten Weltkriegs angeblich schwere US-Waffen nach Vancouver, von wo aus sie für die British Navy nach England verschifft wurden. Während seiner Tätigkeit von 1941 bis 1947 zog er nach Kanada, wo er mit Marine Sales and Services ein eigenes Unternehmen eröffnete. In Vancouver wurde er außerdem Präsident der Radium Chemical Company (später: Uranium Corporation). Einer Legende zufolge lieferte er Uran für das Manhattan Project.
Als er in den Wäldern von Spokane unterwegs ist, hat er sich bereits seinen Lebenstraum erfüllt: Er ist Millionär. Und doch ist er nicht glücklich. Etwas fehlt. Daran ändert auch die Erscheinung des Engels zunächst nichts. Als Hubbard aber 1951 von einer Studie über eine merkwürdige Substanz namens Lysergsäurediethylamid liest, erinnert er sich an seine himmlische Vision. Er wagt den Selbstversuch und anschließend weiß er, worauf sich die Erscheinung des Engels in den Wäldern bezog. Er jubiliert: »Es war das tiefste mystische Erlebnis, das ich je hatte!«
Lucys Xtra
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