Alltagsdrogenschau, Touristenmagneten und Innovationen psychedelischer Kultur

XtraAuf musealer Drogentour durch Amsterdam

Huichol-Artefakte im Kokopeli. Foto: M. Kleim.

 

Text und Fotos: Michael Kleim

Das bekannte Amsterdamer Krakerhuis[1] in der Spuistraat verweist noch heute stolz auf seine subversive Geschichte. „Geen cultur zonder subcultuur“ – keine Kultur ohne Subkultur: Dieser Slogan ist weithin an der Häuserwand sichtbar.

Selbstbewusst haben sich die Einwohner*innen der niederländischen Hauptstadt im Laufe der Geschichte zahlreiche Freiheiten genommen. So ging unter anderem der Impuls, Gebäude zu besetzen und mit neuem Leben zu füllen, von Amsterdam aus.

Während der Ära der Gegenkultur in den 1960er Jahren und noch viele Jahre darauf galt Amsterdam als magisches Zentrum Europas. Der liberale Umgang mit Cannabiskonsument*innen machte einst die Niederlande zu einem drogenpolitischen Vorreiter. Neben den legendären Coffeeshops lockte ein diverses Angebot psychoaktiver Produkte in den Smartshops Psychonaut*innen aus aller Welt in „das neue Jerusalem der Drogenkultur“[2]. „Melkweg“ und „Paradiso“[3] avancierten zu pulsierenden Orten kreativer Begegnung.

Inzwischen ist die Leuchtkraft des magischen Zentrums verblasst. Kommerzialisierung auf der einen Seite, gezieltes Abdrängen traditioneller Szeneeinrichtungen andererseits hinterließen Spuren der Destruktion. Coffeeshopbetreiber*innen müssen mit immer neuen Einschränkungen und bürokratischen Fesseln rechnen. Die Bürgermeisterin der niederländischen Hauptstadt, Femke Halsema, sagte dem „Drogentourismus“ den Kampf an. Dabei scheiterte sie zwar im Stadtparlament mit ihrem Plan, nur noch niederländischen Staatsbürgern zu gestatten, Cannabis in den Amsterdamer Coffeeshops zu erwerben.[4] Aber andere repressive Schritte sollen umgesetzt werden, wie ein Verbot, in bestimmten Stadtteilen in der Öffentlichkeit Cannabis zu rauchen.[5]

Inzwischen haben Länder wie Portugal oder Spanien das Königreich Niederlande im Bereich „Demokratischer Drogenpolitik“ überholt. Dennoch verbleibt weiterhin reichlich psychedelischer Charme in der Grachtenmetropole. Da Amsterdam sich gern als europäische Museumsstadt präsentiert, begebe ich mich im Januar 2023 auf eine besondere museologische Tour durch Mokum[6]. Welche Spuren hinterlassen Rausch und Drogen in Ausstellungen der Stadt?

In einem der traditionellen „Bruin Cafés“ genehmige ich mir einen „kopstoot“[7]. So wird in den Niederlanden eine Bestellung für ein Bier mit einem Glas Genever bezeichnet. Heineken, Amstel, Grolsch und Hertog Jan sind bekannte niederländische Biersorten und auch bei den Besucher*innen des Landes beliebt. Genever wiederum ist das alkoholische Nationalgetränk. In den Varianten „oude“ oder „jonge“[8] angeboten, handelt es sich um eine spezielle Wachholderspirituose.

Werbewirksam laden die Heineken-Brauerei und die Bols-Brennerei zu nicht alltäglichen Erfahren mit diesen Alltagsdrogen ein.

Heineken-Experience[9]

Die Brauerei in der Stadhouderskade 78 lädt Interessierte ein, die Geschichte und Gegenwart dieses Bieres mit allen Sinnen zu erleben. Zielgruppe sind vor allem Tourist*innen. Multimediale Installationen vermitteln Eindrücke über Brauprozesse und Bierkultur. Zum Abschluss gibt es auch noch etwas zum Verkosten. Bei mir bleibt der Eindruck, dass die Präsentation mehr auf medialen Effekt als auf inhaltliche Vermittlung ausgerichtet ist.

Ähnliche Assoziationen kommen mir beim

House of Bols: Cocktail & Genever Experience[10].

Diese eher kleinräumig gestaltete Präsentation ist direkt beim Museumplein in der Paul Potter Straat 14 zu finden. Auch hier werden Sinneseindrücke vermittelt und es gibt einen Schnelldurchlauf in Sachen „Wissenswertes über das Schnapsbrennen“. Die Besucher*innen landen schließlich in einer Bar und können sich aus diversen Drinks eine Kostprobe aussuchen.

Mein Urteil lautet: ich bekomme im House of Bols einen echt leckeren Cocktail, zu dem noch eine kleine Werbeausstellung als Zugabe gereicht wird.

Pfeifenmuseum[11]

In einem klassischen Pfeifen- und Tabaksladen in der Prinsengracht 488 haben die Betreiber in den oberen Etagen ein liebevoll gestaltetes Pfeifenmuseum eingerichtet.

Übersichtlich werden Opium- und Tabakspfeifen aus allen Teilen der Welt präsentiert. Rauchtraditionen werden als das vorgestellt, was sie auch sind: Teil unserer Kultur.

 

 

 

Hash Marihuana & Hemp Museum Amsterdam[12]

In den berühmten Wallen, konkret in Oudezijds Achterburgwal 148, befindet sich diese Ausstellung. Es ist weltweit das erste Museum seiner Art, dem inzwischen weitere Hanfmuseen in Barcelona und Berlin gefolgt sind. In den Räumen des Hash Marihuana Museums wird seit 1987 die sehr alte Kulturgeschichte des Hanfgebrauches rund um den Globus dargestellt und über aktuelle Entwicklungen informiert. „Die Sammlung des Museums besteht aus seltenen Artefakten zu allen Aspekten der Cannabisgeschichte und -kultur, die sein Gründer Ben Dronkers aus der ganzen Welt zusammengetragen hat.“[13] Eine Handbibliothek stellt Bücher und Zeitschriften zur Verfügung. Sonderausstellungen wie aktuell „Stay Stoned: Madness, Cannabis & Tatoos” ergänzen die attraktive Dauerpräsentation.

Ein paar Schritte weiter, in der Oudezijds Achterburgwal 130, befindet sich ein weiterer Standort des Museums:

Die Hemp Gallery[14].

Die Galerie selbst wirbt mit den Worten: „Die Hemp Gallery steckt voller Überraschungen: Vom historischen Hanfanbau und all den Produkten, die traditionell daraus hergestellt werden, bis hin zu den vielen modernen Anwendungen, die heute noch entdeckt werden.“[15] Die Hanfpflanze wird mit Blick auf Nachhaltigkeit, ökologische Aspekte und kulturelle Dimension vorgestellt. Aktuell sind auch Werke der Fotografin Maren Krings zu bestaunen: „Mit meiner Fotodokumentation möchte ich die Menschen dazu ermutigen, ihre Komfortzone zu verlassen und sich an proaktiven Problemlösungen zu beteiligen.”[16]

Zu den klassischen Bildungsstätten in Amsterdam gehört auch das

Tropenmuseum[17]

Lucys Xtra

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