Klinische Langzeitstudie zu MDMA

MAPS: Substanzgestützte Psychotherapie

Wird 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin (MDMA) bald als Medikament zugelassen? Wenn es nach Rick Doblin, dem Gründer des Forschungsorganisation MAPS (Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies) ginge, dann ja. Seit über zehn Jahren treiben er und sein Team die Zulassung psychedelischer Substanzen als neuartige Hilfsmittel in der Psychotherapie voran. Das aktuelle Juwel dieser Unternehmung ist die MDMA-gestützt Psychotherapie zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Um offiziell als Psychopharmakon zugelassen zu werden, muss die positive Wirkung des MDMA jedoch zunächst in wissenschaftlichen, klinischen Studien bewiesen werden.

In vorangegangenen Studien wurde bereits gezeigt, dass die MDMA-gestützte Psychotherapie bedeutende Heilungserfolge in der Behandlung von PTBS ermöglichen kann. In dieser neuartigen Therapieform erfahren die Patienten eine klassische Gesprächstherapie, kombiniert mit zwei bis drei mittelhoch dosierten und betreuten Erfahrungen mit MDMA. In Folge der Therapie erfuhr mehr als die Hälfte aller Probanden (56 %) eine so deutliche Heilung ihrer Symptome, dass sie nicht mehr den Kriterien für PTBS entsprachen und als geheilt galten. Kritiker haben jedoch immer wieder angemerkt, dass diese Heilungserfolge möglicherweise nur eine kurzfristige Nachwirkung der Substanz sein könnten und die Patienten tatsächlich gar keine tiefer gehende Integration ihrer Erfahrungen vorweisen könnten.

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Diese Kritik wurde nun mit einer neuen Langzeitstudie zu den Nachwirkungen einer MDMA-gestützten Psychotherapie gekontert. Die US-Amerikanerin Dr. Lisa Jerome untersuchte mit ihrem Team insgesamt 107 Testpatienten von sechs unterschiedlichen, seit mindestens einem Jahr abgeschlossenen, klinischen Phase-2-Studien. Diese Patienten hatten vor ihrer Teilnahme an den jeweiligen Studien ausführliche Fragebögen zur Einordnung ihrer Erkrankung ausgefüllt. Sie alle waren seit über zehn Jahren durch verschiedenste Ursachen schwer traumatisiert und konnten mit klassischen Methoden, wie reiner Gesprächstherapie oder traditionellen Antidepressiva, nicht von ihrem Leiden geheilt werden.

Im Rahmen ihrer Studienteilnahme erhielten sie nun erneut eine Gesprächstherapie, kombiniert mit zwei bis drei betreuten Erfahrungen mit 75 bis 125 mg reinem MDMA. Einen Monat nach ihrer letzten MDMA-Erfahrung und dem offiziellen Ende ihrer individuellen Therapie zeigte mehr als die Hälfte von ihnen eine deutliche Verbesserung ihrer Symptome und eine ebenso zunehmende Steigerung ihrer Lebensqualität. Die neu veröffentlichte Studie befragte nun erstmals alle ehemaligen Probanden mindestens ein Jahr nach dem Ende ihrer Therapie erneut.

Zu ihrer großen Überraschung fanden die Forscher heraus, dass der Anteil, der als geheilt zu zählenden Teilnehmer, sich nicht verringert, sondern sogar erhöht hatte. Ein Jahr nach ihrer letzten MDMA-Erfahrung zeigten zwei Drittel (67 %) eine deutliche Verbesserung ihrer PTBS-Symptome. Insgesamt gaben beinahe alle Probanden (97,6 %) eine wenigstens leichte Verbesserung ihrer Symptome an. Für zwei Personen (3 %) ergab sich jedoch auch eine Verschlechterung ihres Leidens.

Die Autoren sehen in dieser Langzeitstudie eine Bestätigung im Heilungspotenzial der MDMA-gestützte Psychotherapie und eine Entkräftigung der Kritik an fehlenden Langzeiteffekten. MDMA befindet sich derzeit in klinischen Studien der Phase 3, also der umfassendsten und letzten Phase vor der Zulassung als Psychopharmakon. Aufgrund hervorragender Zwischenergebnisse wurde die MDMA-gestützte Psychotherapie 2018 bereits von der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA zur Durchbruchstherapie (Breakthrough Therapy) erklärt. Diese Bezeichnung bedeutet eine schnellere Abwicklung aller nicht-wissenschaftlichen Formalien auf dem Weg zur Zulassung.

Quelle: Jerome, L., Feduccia, A.A., Wang, J.B. et al. Long-term follow-up outcomes of MDMA-assisted psychotherapy for treatment of PTSD: a longitudinal pooled analysis of six phase 2 trials. Psychopharmacology (2020). https://doi.org/10.1007/s00213-020-05548-2

Linus Naumann