Der Pate von MDMA

XtraErinnerung an Alexander Shulgin (1925–2014)

Fotos: Greg Manning / Erowid.org, 123RF

Text Markus Berger

Lucys Geschichte – In dieser Rubrik werfen wir einen Blick zurück auf die Geschichte der multidisziplinären Forschung auf dem Gebiet der Bewusstseinsveränderung und der psychoaktiven Substanzen. In jeder Lucy‘s Ausgabe rufen wir einen bedeutenden psychonautischen Experten in Erinnerung und würdigen ihn, indem wir auszugsweise einen grundlegenden Text nachdrucken.

Alexander Theodore Shulgin, von seinen Freunden Sasha genannt, war ein Chemiker, Pharmakologe, Autor und Psychonaut russischer Abstammung. Er lebte in den USA, wurde am 17. Juni 1925 in Berkeley, Kalifornien, geboren und starb am 2. Juni 2014 im Alter von 88 Jahren in seinem Heimatort Lafayette, ebenfalls in Kalifornien.

Sasha Shulgin war ein Ausnahmewissenschaftler. Nach seinem Studium der Biochemie an der Universität Berkeley und einem Intermezzo als Forschungschef in einem Unternehmen ging Shulgin in die Forschungsabteilung der US-amerikanischen Chemiefirma Dow Chemical. Er entwickelte ein potentes Insektizid namens Mexacarbat, das seinem Arbeitgeber das Geld nur so in die Kasse spülte. Im Gegenzug ermöglichte der Konzern dem Chemiker, sich mit seiner Arbeit über die psychoaktiven Moleküle zu befassen.

Ein spezielles Thema Sasha Shulgins war das MDMA. Eine Studentin berichtete ihm 1967 von der geistbewegenden Wirkung dieser Substanz, die 1912 von einem Chemiker der deutschen Firma Merck auf der Suche nach einem blutstillenden Medikament als Zwischenprodukt hergestellt worden, 1914 offiziell patentiert und kurze Zeit später in Vergessenheit geraten war. Shulgin nahm sich der Substanz an, die er als ein Fenster zur menschlichen Psyche bezeichnete. Er verstand MDMA als Herzöffner, Mittler zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein, Mittler zwischen den Menschen und als Psychopharmakon, das in der Psychotherapie eingesetzt werden kann.

Sasha Shulgin war einer der wichtigsten Referenten, Aktivisten und Autoren der psychoaktiven Gemeinde. Er brachte uns Bücher wie Pihkal (Phenethylamines I have known and loved) und Tihkal (Tryptamines I have known and loved), die berühmte Ask Dr. Shulgin-Kolumne im Internet sowie bahnbrechende Abhandlungen, Bücher und Artikel. Shulgin entwickelte über 300 psychoaktive Substanzen, beispielsweise das halluzinogene Phenethylamin DOM und die 2C-Familie, eine Reihe von potenten Phenethylaminen, zum Beispiel 2C-B, 2C-E und 2C-I. Essenziell für psychonautische Forscher ist die von ihm entwickelte «Shulgin-Skala». Damit kann man die pharmakologische Effektivität von Psychedelika bezogen auf die subjektive Erfahrung einordnen.

Am 17. November 2010 erlitt Sasha Shulgin einen Schlaganfall, und es wurde die Diagnose Leberkrebs gestellt. Dazu kamen finanzielle Sorgen, die mit den Kosten für Medikamente und Klinik einhergingen. Am 2. Juni 2014 um 17 Uhr Ortszeit wechselte Sasha Shulgin die Dimension. Ann Shulgin schrieb anlässlich Sashas Tod auf Facebook: «Sasha starb heute um exakt 5 Uhr am Nachmittag. Er war umgeben von Familie, Pflegern und buddhistischer Meditationsmusik. Er starb würdevoll, ohne sich quälen zu müssen.»

Alexander T. Shulgin
Entaktogen-Forschung – eine Gratwanderung

Beim vorliegenden von Michael Schlichting ausgewählten Text handelt es sich um eine von Prof. Dr. Hartmut Latsch (Uni Göttingen) besorgte Übersetzung des Vortrags Entactogen Research: An Act of Balance, den Alexander T. Shulgin auf dem 1. Internationalen ECBS-Kongress 1992 in Göttingen hielt. Die englische Originalabschrift findet sich im Buch Abstracts and Selected Papers von Michael Schlichting und Hanscarl Leuner (1995), Reihe Welten des Bewusstseins /Worlds of Consciousness (Band 5), Berlin: Verlag für Wissenschaft und Bildung.

Lucys Xtra

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