Vier Arten von Zauberpilzen stellen “Psilohuasca” her

Psilocybe cyanescens - Ak ccm CC BY-SA 3.0
In Lucys Rausch 11 – erscheint im Herbst 2020 – findet sich ein ausführlicher Artikel von Felix Blei über „Psilohuasca als Naturprodukt“!

Bekanntermaßen stellen sogenannte Zauberpilze, darunter die bekannten Gattungen Psilocybe und Conocybe, aber auch Vertreter weiterer Gattungen wie Inocybe, Copelandia und Pluteus, psychedelische Substanzen her. Der Hauptwirkstoff psychedelischer Pilze ist typischerweise das Psilocybin, das nach dem Konsum im Körper zum eigentlichen psychedelischen Wirkstoff Psilocin umgewandelt wird. Trotz dieses gut untersuchten Zusammenhangs behaupten immer wieder Menschen, dass sie einen klaren Unterschied in der Wirkung von Zauberpilzen und chemisch reinem Psilocybin verspüren. Beruht diese Wahrnehmung auf Einbildung oder lässt sie sich chemisch begründen?

Tatsächlich gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen dem Reinstoff Psilocybin und ganzen Pilzen oder Trüffeln: In den Pilzen befindet sich nicht nur ein einzelner Wirkstoff, sondern ein ganzer Wirkstoffcocktail. Dieser Cocktail kann beispielsweise eine Mischung der bekannten psychedelischen Wirkstoffe Psilocin, Baeocystin und Norbaeocystin enthalten. Zwischen verschiedenen Arten und teilweise auch zwischen individuellen Organismen kann es hierbei erhebliche Unterschiede in der Zusammensetzung geben.

Eine überraschende Neuentdeckung macht dieses Bild nun sogar noch komplexer. Ein Team aus deutschen Wissenschaftlern aus Jena um Felix Blei und Dirk Hoffmeister wies nun Stoffe einer komplett unerwarteten Wirkstoffklasse in gleich vier Arten der Gattung Psilocybe nach: die sogenannten β-Carboline, darunter die Substanzen Harmine, Harman und Harmol.

β-Carboline sind bekannt als eine wichtige Zutat von Ayahuasca und stammen direkt aus der Ayahuasca-Liane Banisteriopsis caapi selbst. Bei Einnahme hemmen sie die körpereigenen MAO-Enzyme, die im Normalfall psychedelische Substanzen wie N,N-DMT und 5-MeO-DMT zügig abbauen. Die untersuchten Pilze stellen also nicht nur Psilocybin, sondern ein ganzes „Psilohuasca“ her.

Die Neuentdeckung begann mit der überraschenden Detektion unerwarteter Molekülmassen in methanolischen Extrakten von Psilocybe mexicana. Die Massezahlen dieser Moleküle entsprachen den bekannten β-Carbolinen. Um jedoch Kontaminationen der Messgeräte oder Pilzkulturen ausschließen zu können, musste zunächst ein zusätzlicher Versuch durchgeführt werden: Neue Pilzkulturen wurden angezogen und mit schwerem Kohlenstoff, C15, gefüttert. Nur wenn die Pilze dieses Futter verwerteten und daraus β-Carboline herstellten, würden im Massendetektor entsprechend schwerere β-Carbolin-Molekülmassen auftauchen.

Als tatsächlich genau die vorhergesagten schwereren Massen auftraten, waren sich die Wissenschaftler sicher: Die detektierten Moleküle stammten eindeutig aus den Pilzen. Eine aufwändige Aufreinigung und NMR-Strukturanalyse der Moleküle lieferte bald darauf den letzten Beweis: Die unerwarteten Moleküle waren definitiv β-Carboline. Gefunden wurden die Stoffe in den Arten P. cubensis, P. cyansecens, P. semilanceata und P. mexicana.

Die ökologische Funktion der β-Carboline in den Pilzen ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt. Eine naheliegende Hypothese ist, dass mit diesem Schritt die Potenz der psychedelischen Wirkstoffe aktiv verstärkt werden soll. Ob die enthaltenen, vergleichsweise geringen Konzentrationen dafür ausreichen, muss jedoch gesondert untersucht werden.

Quelle: Felix Blei, Sebastian Dörner, Janis Fricke, Florian Baldeweg, Felix Trottmann, Anna Komor, Florian Meyer, Christian Hertweck, and Dirk Hoffmeister, Simultaneous Production of Psilocybin and a Cocktail of β-Carboline Monoamine Oxidase Inhibitors in “Magic” Mushrooms, 2019, Chemistry

 

Linus Naumann

 

In Lucys Rausch 11 – erscheint am 17. April 2020 – findet sich ein ausführlicher Artikel von Felix Blei über „Psilohuasca als Naturprodukt“!

Hier geht es zu Folge 87 der Nachtschatten Television zum Thema „Psilohuasca in der Natur“