DXM vs. Psilocybin

Wissenschaftliche Studie

Zauberpilze sind therapeutisch nutzbar. Foto: Fotolia

Die dissoziative Substanz Dextromethorphan (DXM) und der psychedelische Wirkstoff der Zauberpilze, Psilocybin, ähneln sich in ihrer Wirkdauer, Intensität und einigen ihrer Effekten so stark, dass selbst psychedelisch erfahrene Personen die beiden im Blindversuch oft verwechseln (Reissig 2012). Doch obwohl die Wirkungen auf den ersten Blick vergleichbar scheinen, haben etwa 8 % aller US-Amerikaner Erfahrungen mit Zauberpilzen gemacht, während dies nur 0,05 % mit dem, dazu noch legal, in Form von Hustensaft, erhältlichen, DXM getan haben.

Der Wissenschaft bekannt sind die pharmakologischen Unterschiede der beiden Substanzen. Während DXM, ähnlich wie Ketamin, die neuronalen NMDA-Rezeptoren blockiert, aktiviert Psilocybin vor allem die sogenannten „Psychedelik-Rezeptoren“ 5-HT2a-R. Diese Erklärung fanden einige Wissenschaftler aber noch zu abstrakt, um zu erklären, warum Menschen freiwillig häufiger Psilocybin als DXM konsumieren. Ein Foschungsteam um Dr. Roland Griffiths fand nun für eine neue Studie 20 gesunde Freiwillige (davon 11 Frauen), die bereit waren, für die Wissenschaft sowohl DXM als auch Psilocybin einzunehmen. Die Teilnehmer waren im Schnitt 29 Jahre alt und hatten alle bereits Erfahrungen mit psychedelischen und dissoziativen Substanzen gesammelt.

Für diese Studie bekamen sie an insgesamt fünf Studientagen entweder eine geringe (10 mg), mittlere (20 mg) oder hohe (30 mg) Dosis Psilocybin, eine hohe Dosis DXM (400 mg) oder ein Placebo. Dabei wussten weder die Probanden noch die Experimentleiter, wer an welchem Tag welche Dosis erhielt. Durch diese Doppelverblindung sollten Erwartungseffekte minimiert werden.

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An jedem Studientag beantworteten die Teilnehmer dann vor der Einnahme, sowie stündlich während der Substanzeffekte, Fragen zu ihrem Erleben. Dabei beschrieben sie die generelle Intensität der Erfahrung und ihr Wohlgefühl. Detailreicher wurden zudem visuelle Eindrücke, innere Einsichten, sowie die veränderte Wahrnehmung von Schönheit und Musik abgefragt und auch, ob sie eine mystische Auflösung von Raum, Zeit und eigener Identität erlebten.

Zunächst zeigten sich gewisse Ähnlichkeiten zwischen den beiden Substanzen: Die empfundene Intensität des DXM entsprach der einer mittleren bis hohen Dosis Psilocybin. Auch das Anfluten und die Dauer der Effekte verliefen ähnlich und die Probanden empfanden ähnlich hohe Glücksgefühle während der Effekte. Alle weiteren Aussagen offenbarten jedoch eklatante Unterschiede. Während ab einer mittleren Dosis Psilocybin bereits 40 % der Probanden eines ihrer 10 wichtigsten Erlebnisse ihres Lebens erlebten, empfanden das bei DXM nur 10 %. Sogar die geringste Dosis Psilocybin verursachte bereits stärkere mystische Erfahrungen, als die hohe Dosis DXM. Während 80 % der Probanden nach ihrem Psilocybin-Erlebnis sagten, sie könnten sich vorstellen, so etwas in näherer Zeit nochmal zu erleben zu wollen, sagten dies nur 25 % nach ihrer DXM Erfahrung. Besonders bemerkenswert ist, dass, obwohl das Wohlgefühl während der Substanzwirkungen zunächst vergleichbar war, sich die Einschätzung  in den Nachbefragungen eine Woche und einen Monat später nochmal änderte. Während das Wohlgefühl während der Psilocybinerfahrung weiterhin als hoch eingeschätzt wurde, korrigierte die Mehrheit ihre Einschätzung für das DXM-Erlebnis nachträglich nach unten. Bei beiden Substanzen wurde in der darauffolgenden Woche häufiger von Schwindel und Übelkeit berichtet, als dies bei den Placebo-Versuchen der Fall war.

Die Autoren leiten von diesen Ergebnissen ab, dass mystische Erfahrungsinhalte ein wichtiger Bestandteil der Vorliebe vieler Menschen für Psilocybin gegenüber dem oft einfacher erhältlichen DXM sein könnten. Außerdem wurde beobachtet, dass Substanzerfahrungen mit zeitlichem Abstand anders bewertet werden können, als dies während der Wirkung der Fall ist. Dieser Fakt wird von der aktuellen Medizin üblicherweise nicht wahrgenommen, da dort nur die Glücksgefühle auf der Spitze der Substanzeffekte gemessen werden.

 

Quellen:

Theresa M. Carbonaro, Matthew W. Johnson, Roland R. Griffiths, Subjective features of the psilocybin experience that may account for its self-administration by humans: a double-blind comparison of psilocybin and dextromethorphan, Psychopharmacology, 2020, https://doi.org/10.1007/s00213-020-05533-9

Reissig CJ, Carter LP, Johnson MW, Mintzer MZ, Klinedinst MA,Griffiths RR, “High doses of dextromethorphan, an NMDA-antagonist, produce effects similar to classic hallucinogens”, Psychopharmacology, 2012, http://dx.doi.org/10.1007/s00213-013-3172-z

 

Linus Naumann