Halloween, ein psychedelisches Fest?

Samhain und Entheogene

Halloween Stillleben | BY-NC-SA Dirk Netter

Was bedeutet „Halloween“? Welche Wurzel hat das Fest? Und was hat Halloween mit psychedelischen Drogen zu tun?

Woher stammt Halloween?

Der Begriff hat sich aus „All Hallows’ Eve“ gebildet – dem Abend vor Allerheiligen. Die Weiterentwicklung von Allerheiligen zum heutigen Halloween ergibt sich durch das auf Allerheiligen folgende Allerseelen.

Im Volksglauben steigen an diesem Tag die Seelen der Verstorbenen aus dem Fegefeuer auf, um sich in unserer Welt auszuruhen. Um diese Seelen zu nähren – oder zu besänftigen – wurden (und werden) vielerorts sogenannte Gebildebrote gebacken, wie beispielsweise Zopfbrote und die im schwäbischen Raum bekannte „Seele“.

Es wird vermutet, dass aus diesen Bräuchen das US-amerikanische „Trick Or Treat“ entstanden ist. Also der Brauch, fremde Häuser zu besuchen und eine Leckerei (engl. treat) zu erbeten, da den Hausbewohnern ansonsten Streiche (engl. tricks) von den als Geistern verkleideten drohten.

Dieser katholische Brauch fand dann mit irischen Siedlern seinen Einzug in die neue Welt, wo er sich langsam von einem christlichen Ritual zu einem eher säkularen (d.h. weltlichen) Brauch entwickelte. Schließlich fand der Brauch im späten 20. Jahrhundert seinen Weg von Nordamerika zurück nach Europa.

Vermutlich hat sich der mexikanische „Día de Muertos“ (dt. Tag der Toten) ähnlich dazu entwickelt – als indigene Tradition mit Elementen der christlichen Feier.

Halloween; ein heidnisches Fest?

Radikale Christen sehen den heutigen „Halloweenbrauch“ im besten Fall als konsumistische Verballhornung eines kirchlichen Festes an, im schlimmsten Fall als schweres Sakrileg, da sie darin eine satanische Huldigung dunkler Mächte sehen (analog bspw. zu den Harry-Potter-Büchern).

Die Antwort mancher christlichen Fundamentalisten besteht in einer Errichtung von sogenannten Höllenhäusern (engl. „hell house“). Was für Gruselfans wie ein interessantes Spektakel klingt, entpuppt sich als bizarre Indoktrination: Ein als Satan verkleideter Schauspieler führt das erbarmungswürdige Publikum durch verschiedene Räume, um ihnen die weltlichen und spirituellen Konsequenzen von „bösen“ Handlungen wie Homosexualität, außerehelichem Geschlechtsverkehr oder Drogenkonsum zu verdeutlichen.

Samhain und Halloween

Während der Christianisierung verstand es die Kirche, sowohl heidnische Kultplätze, als auch Rituale der entsprechenden indigenen Gemeinschaften (wie der Kelten, Slawen oder Germanen) für sich zu interpretieren, um den (freiwillig oder gewaltsam) gewonnenen Neu-Christen den Umstieg zu erleichtern.

Deshalb liegt es sehr nahe, auch in Allerseelen nach den Ursprüngen zu suchen. Üblicherweise wird dabei das irische Samhain (ausgesprochen etwa: „Sao-win“) aufgezählt.

Es ist damit neben Imbolc (1. Februar), Beltane (1. Mai) und Lughnasadh (1. August) eines der vier bedeutenden Feste der (Insel-)Kelten. Samhain wird heute üblicherweise in der Nacht zum 1. November gefeiert. Ursprünglich waren diese Feste logischerweise nicht an unserem gregorianischen Kalender orientiert, sondern an der jeweiligen Mondphase.

Zu Samhain soll der Zugang zu den Wesen der Anderen Welt offen stehen, besonders zu jenen, welche die Elfenhügel (Síd) bewohnen. Da Hölle und Satan Erfindungen der christlichen Kirche sind, waren die Bewohner dieser Anderswelt nicht notwendigerweise üble Zeitgenossen, sondern nur Bewohner „anderer Ebenen der Realität“. Einer dinglichen Realität, die sich „neben“ oder „hinter“ der unsrigen befinden soll.

In zeitgenössischen heidnischen Kreisen, wie beispielsweise bei den neuzeitlichen Druiden, Wiccas (dem modernen Hexentum) oder Asatrú (neu-germanischer Glaube), spielt Samhain meist eine bedeutende Rolle, zusammen mit seinem Gegenstück „Beltane“.

Die jeweiligen Rituale haben zahlreiche Abläufe, die extrem variieren, beziehen sich jedoch üblicherweise auf eine Art des „spirituellen Resümees“. Alte (z.B. negative) Gewohnheiten oder Gedanken sollen rituell „sterben gelassen“ werden. Auch ein Kontakt zur Totenwelt wird von manchen Zirkeln an diesem Tag angestrebt – da an diesem Tag, wie erwähnt, die Trennlinie zwischen den Welten „dünn“ sein soll.

Es drängt sich also die Vermutung auf, dass sowohl Allerseelen, als auch Halloween ihren Ursprung im altkeltischen Samhain hat. Eine strenge lineare Abstammung gilt in der heutigen Forschung jedoch als widerlegt.

Gebrauch von Entheogenen an Samhain

Auch wenn es streng archäologisch gesehen keine eindeutigen Beweise für die rituelle Verwendung von psychedelischen Substanzen gibt, so kann dennoch davon ausgegangen werden, dass die Kelten (wie die meisten indigenen Gruppen) engstens mit der Flora und Fauna ihrer Umgebung vertraut waren.

Betrachtet man nun das häufige Vorkommen des Spitzkegeligen Kahlkopfs (Psilocybe semilanceata) und des Fliegenpilzes (Amanita muscaria) auf der irischen Insel (aber auch im restlichen Europa), so wäre es sehr unwahrscheinlich, dass die Kelten deren Wirkung nicht gekannt haben sollen.

Da die überwiegende Mehrheit der indigenen Gemeinschaften den rituellen Gebrauch des Rausches in ihre Kultur aufgenommen haben, kann so auch ohne harte Beweise sinnvollerweise angenommen werden, dass auch die Kelten psychotrope Pflanzen und Pilze im rituellen Rahmen zu sich nahmen.

Denn vergleicht man die durch A. muscaria und P. semilanceata ausgelösten psychedelischen Erfahrungen, die uns durch zeitgenössische Berichte bekannt sind, mit keltischen Vorstellungen der „Anderswelt“ und „nicht-menschlichen Intelligenzen“, so erscheint ein keltischer Gebrauch von Entheogenen alles andere als unwahrscheinlich.

 

Weiterführendes:

https://meehlfoundation.org/magic-mushroom-sacraments-of-the-celts/

https://psychedelicpress.co.uk/blogs/psychedelic-press-blog/otherworld-gnosis-shaw

 

Dirk Netter