Lachgas in Großbritannien bald illegal?

Innenministerin erwägt Verbot von Lachgas-Besitz

Sogenannte Sahnekapseln mit Lachgasfüllung. Foto: gemeinfrei


Die britische Innenministerin Priti Patel verkündete, dass die Regierung mit dem Gedanken spiele, den Besitz von Lachgas zu verbieten. Dazu sei der Advisory Counsil on the Misuse of Drugs (ACMD, etwa: «Beirat für den Missbrauch von Drogen») um Ratschlag gebeten worden.

Laut eigenen Worten sei sie «bereit, hart durchzugreifen», solle der ACMD weitere Restriktionen fordern.

Noch im Juli 2021 gab die Regierung an, dass sie keine Intention hätte, «Lachgas für den persönlichen Gebrauch unter Strafe zu stellen», denn:

«Der Besitz mit der Absicht der Abgabe ist bereits rechtswidrig und wir haben keine Pläne, dies zu ändern. Lachgas ist eine psychoaktive Substanz und unterliegt den Bestimmungen des Psychoactive Substances Act 2016».

Mit dem höchst umstrittenen «Psychoactive Substances Act» schuf der britische Gesetzgeber 2016 eine massive Kriminalisierung von sogenannten «Legal Highs», welche selbstverständlich keine Verminderung des Angebots, jedoch eine Verschlechterung der Harm Reduction zur Folge hatte.

Für Lachgas bedeutete das Gesetz konkret, dass das Inverkehrbringen der Substanz zu Zwecken der Bewusstseinsveränderung illegal wurde. Geahndet wird eine Zuwiderhandlung mit bis zu sieben Jahren Gefängnis sowie Geldstrafen.

Neu ist nun die Forderung nach der Illegalisierung des Besitzes – wenn unterstellt wird, dass die Beschuldigten das Lachgas zu Zwecken der Berauschung besitzen.

Lachgas erfreut sich hoher Beliebtheit unter den 16- bis 24-jährigen Briten – es soll die zweit-beliebteste Substanz des Konigreichs sein (gleich nach Cannabis). Jeder zehnte in dieser Altersgruppe gab an, die Substanz in den Jahren 2019 und 2020 konsumiert zu haben.

Betrachtet man das Verhältnis des relativ geringem Schadpotenzials, guter Verfügbarkeit und der lebensmittelechten Reinheit, ist die Entscheidung, Lachgas zu konsumieren – und anderen Freizeitdrogen vorzuziehen – eine gut nachvollziehbare Entscheidung.

Lediglich exzessiver und regelmäßiger Konsum über lange Zeiträume führt dazu, dass die Vitamin-B12-Reserven des Körpers aufgebraucht werden, was unbehandelt zu Schäden des Nervensystems führen kann. (Einem B12-Mangel kann jedoch durch Supplementierung vorgebeugt werden).

Experten warnen jedoch, dass die vollständige Illegalisierung zu weiteren vermeidbaren Schäden führen wird: Vorstrafen aufgrund von Drogenbesitzes, welche die Chancen für Bildung und Berufstätigkeit signifikant schmälern werden.

Damit sind die realen Probleme nicht die unwahrscheinlichen gesundheitlichen Spätfolgen, sondern die juristische Brandmarkung der Konsumierenden, die durch die Prohibition selbst erzeugt werden.

Es grenzt daher an Hohn, wenn die britische Innenministerin sagt:

«Drogenmissbrauch kann verheerende Auswirkungen auf das Leben und die Gesellschaft haben. Wir sind entschlossen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um dieses Problem anzugehen und die Zukunft unserer Kinder und jungen Menschen zu schützen».

Das «Drogenproblem» besteht nicht in der unzureichenden Kriminalisierung der Konsumierenden, sondern in der gescheiterten Drogenpolitik von rechts-konservativen Politikern wie Priti Patel, deren populistische Forderungen nach der substanzfreien Gesellschaft merkwürdigerweise seit 60 Jahren erfolglos bleiben, während Millionen Konsumierende die Leidtragenden sind.

Dirk Netter