Lachgasfabrik Regenwurm

XtraMini-Review: Naturstoff und Treibhausgas N2O

Markus Berger

Das stark psychoaktive Lachgas (N2O, Distickstoffmonoxid, Stickoxydul) ist nicht nur ein klinisches Sedativum und partielles Anästhetikum sowie Treibgas für Sahnespender. Es ist außerdem ein Naturstoff, nämlich u.a. Verdauungsprodukt von Regenwürmern. Daher sind regenwurmreiche Böden auch lachgasreiche Böden. Sie sind bis zu fünfmal so potent an N2O wie Böden ohne die Würmer (Vaas 1998). Eine Übersicht zum Status quo der Forschung.

«Kleine Regenwürmer (Lumbricidae) geben durch Denitrifikation erzeugtes N2O ab» (Depkat-Jakob et al. 2013). Die Denitrifikation «ist ein mikrobieller Prozess, bei dem Organismen anorganische Stickoxide zu Distickstoffoxid (N2O) oder Stickstoffgas (N2) reduzieren» (Nebert et al. 2011) und Aufgabe von Bakterien, die entsprechend als Denitrifikanten fungieren, indem sie «unter anaeroben Bedingungen Nitrat über Nitrit und Distickstoffoxid zu molekularem Stickstoff reduzieren können» (N.N. o.J.).

Der Mechanismus der Lachgas-Emission durch Regenwürmer ist nicht eindeutig geklärt, aber er umfasst wahrscheinlich Interaktionen mit Bodendenitrifikanten in der Drilosphäre, also dem Bereich des Bodens, der dem Einfluss der Würmer (griech. drilos = Regenwurm) unterliegt (Nebert et al. 2011). Die Ergebnisse einer Untersuchung geben Anlass zur Annahme, dass mit dem Darm assoziierte, also von den Würmern aufgenommene, denitrifizierende Bodenbakterien der Ordnung Rhizobiales für die In-vivo-Emission von N2O durch Regenwürmer verantwortlich sind und zum N2O-Ausstoß bestimmter terrestrischer Ökosysteme beitragen (Depkat-Jakob et al. 2013; Ihssen et al. 2003). Es wird überdies angenommen, dass die Mikroumgebung des Darms der Würmer die aufgenommenen Lachgas produzierenden Bakterien aktiviert (Horn et al. 2003+2006). Als Kandidaten der entsprechenden Bakterien kommen z.B. Spezies der Gattungen Dechloromonas und Flavobacterium in Frage (Horn et al. 2005). Eine Studie mit dem Regenwurm Aporrectodea caliginosa erhellte, dass die Lachgas-Produktion im Darm der Würmer hauptsächlich mit dem Darminhalt und nicht mit der Darmwand assoziiert ist (Ihssen et al. 2003). Weitere Forschung am Regenwurm Lumbricus terrestris ergab, dass die höchsten Lachgas-Konzentrationen in den Bereichen Kropf/Magen und Hinterdarm des Tiers zu finden waren (Wüst et al. 2009a).

Am Rande sei bemerkt, dass die In-vivo-Emission von N2O durch Regenwürmer aus Garten- und Waldböden stark stimuliert wird, wenn die Würmer mit sterilen Nitrat- oder Nitritlösungen behandelt wurden. Im Gegensatz dazu stimulierte Ammonium die In-vivo-Emission von N2O nicht (Matthies et al. 1999). Auch Schadstoffe in Form von Pestiziden und deren Abbauprodukten beeinflussen die Denitrifikation in Böden und damit Lachgas-bildende Prozesse (Dallinger 2015). Eine Arbeit befasste sich mit dem Einfluss des Chlorphenols 2,4-Dichlorphenol (2,4-DCP) auf die Bildung von N2O in Ackerboden und verglich die Werte mit denen, die auf den Einfluss von Regenwürmern zurückzuführen sind (ebd.). 2,4-Dichlorphenol wird beispielsweise industriell verwendet, um Herbizide, also Pflanzenschutzmittel, herzustellen. Es zeigte sich, dass die «N2O-Bildung stärker durch die Anwesenheit des Regenwurmes als durch 2,4-DCP beeinflusst wird» (ebd.).

Lucys Xtra

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