LEAP Deutschland: Stellungnahme zum CanG

Wie schätzt der Verein die Lage ein?

Stellungnahme von LEAP Deutschland zum verabschiedeten Cannabisgesetz – CanG
(28. Februar 2024)

Im Koalitionsvertrag von 2022 verabredete die gegenwärtige Regierungskoalition, in dieser Legislaturperiode die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in lizenzierten Geschäften zu ermöglichen. Im Verlauf der Umsetzung dieser Vereinbarung entstand eine Kontroverse, die Züge eines grundsätzlichen sozialen und kulturellen Konflikts angenommen hat. Neben der von weiten Teilen der Fachöffentlichkeit begrüßten Zielsetzung des Reformvorhabens wurde das Projekt wegen der vermeintlichen „Gefährlichkeit von Cannabis“ beispielsweise von der Bundesärztekammer und der Gewerkschaft der Polizei sowie von konservativen Politikerinnen und Politikern abgelehnt.

Wir haben als LEAP Deutschland auf unterschiedlichen Stufen des Gesetzgebungsverfahrens deutlich Stellung bezogen: In Fachkreisen herrscht weitgehende Einigkeit, dass die seit Jahrzehnten praktizierte Prohibition mit ihrem strafrechtlichen Kontrollregime nicht nur die eigenen Ziele – Schutz der Volksgesundheit und eine generalpräventive Wirkung – verfehlt hat. Ganz im Gegenteil, die gesundheitliche und soziale Lage der psychotrope Substanzen Konsumierenden hat sich durch Strafbarkeit und einen unkontrollierten illegalen Markt deutlich verschlechtert. Daher ist aus gesundheitspolitischen, kriminalpolitischen, rechtsstaatlichen und nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik dringend geboten.

Wir begrüßen daher die Verabschiedung des CanG durch den Deutschen Bundestag in dieser Woche ausdrücklich. Mit der Herausnahme von Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz und der zukünftigen Straffreiheit von Erwerb und Besitz von Cannabis für den eigenen Konsumbedarf sowie mit der Zulassung von Anbauvereinigungen hat der Gesetzgeber endlich in einem ersten Schritt die Konsequenzen daraus gezogen, dass das Drogenstrafrecht nie wissenschaftlich begründet war und ist. Für Millionen von regelmäßig Cannabiskonsumierenden bedeutet dies das Ende patriarchaler Bevormundung.

Wir verkennen allerdings auch nicht, dass das jetzt verabschiedete Gesetz weit hinter der ursprünglichen Zielsetzung des Koalitionsvertrages zurückbleibt und teilen insofern die daran geäußerte Kritik. Dies gilt insbesondere für den defensiven Umgang der Bundesregierung mit den im Gesetzgebungsverfahren geäußerten völker- bzw. europarechtlichen Bedenken, aufgrund derer es (vermeintliche) rechtliche Hürden für die Legalisierung von Cannabis gäbe. Dies hatte zur Folge, dass die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für einen regulierten, staatlich kontrollierten Markt vollständig auf der Strecke geblieben ist. Eine wesentliche Eindämmung des Schwarzmarktes dürfte daher aufgrund des CanG nicht zu erwarten sein.

Ebenso ist der gesundheitspolitische Alarmismus zu kritisieren, der in einer Vielzahl von Restriktionen in Form von Verboten und Genehmigungsvorbehalten zum Ausdruck kommt. Dies gilt sowohl für die Mengenbegrenzungen bei straffreiem Besitz, für kleinräumige Konsumverbote in der Öffentlichkeit wie auch für die hohen rechtlichen und bürokratischen Hürden bei der Zulassung von Anbauvereinigungen.

Deshalb werden wir uns weiterhin für eine evidenzbasierte Drogenpolitik einsetzen, auch im Hinblick auf weitere Substanzen wie zum Beispiel Kokain, deren Prohibition erhebliche gesellschaftliche Schäden hervorrufen. Wir erwarten von der Bundesregierung die zeitnahe Vorlage eines Gesetzentwurfs zur sogenannten 2. Säule, mit dem die Zulassung von Modellregionen für eine staatlich regulierte und kontrollierte Wertschöpfungskette ermöglicht wird. Gleiches gilt für die Schaffung eines rechtssicheren Rahmens für den Umgang mit Nutzhanf und CBD-Produkten. Es kann nicht sein, dass hochpotentes Konsumcannabis erworben und besessen werden darf, harmlose Nutzhanfprodukte aber weiter kriminalisiert werden und für andauernde Wertungswidersprüche und Zielkonflikte in der Strafverfolgung sorgen. Und schließlich fordern wir nachdrücklich vom Bundesverkehrsministerium die Klärung der Führerscheinfrage durch gesetzliche Festsetzung eines Grenzwertes für THC, der dem Stand der wissenschaftlichen Diskussion entspricht.

Wir werden uns weiterhin im Prozess beteiligen und Vorschläge machen, insbesondere zu den erforderlichen Anpassungen und Änderungen des CanG. Wir wollen außerdem auf die Entscheidungsträger in den Polizei- und den sonstigen Strafverfolgungsbehörden einwirken, die Zielsetzung des CanG, nämlich die Entkriminalisierung des Cannabiskonsums, nicht durch proaktive Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen zu konterkarieren.

Der Vorstand von LEAP Deutschland.

leap-deutschland.de