Psychische Krankheiten wie Depressionen nehmen weltweit zu. In Deutschland sind nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts circa 8 Prozent aller Menschen über 18 Jahren betroffen. Psychedelika geraten zunehmend in den Fokus von Hirnforschern und Psychiatern, die neue Wege zur Behandlung dieser Krankheit suchen.
Die Untersuchung der durch LSD veränderten Emotionsverarbeitung im Gehirn ist ein wichtiges Thema in der Grundlagenforschung der psychedelischen Therapie.
Mithilfe funktioneller Kernspintomographie (fMRT) untersuchten Felix Müller und seine Kollegen von der Universität Basel die Verarbeitung von angstauslösenden Eindrücken im Gehirn von zwanzig freiwilligen Personen. Die Teilnehmer waren zwischen 25 und 58 Jahren alt und hatten, mit Ausnahme von zwei Probanden, noch keine Erfahrungen mit psychedelischen Substanzen gesammelt. Nach dem Zufallsprinzip verabreichten die Forscher den Probanden zweieinhalb Stunden vor einem Gehirnscan entweder eine moderate Dosis LSD (100 μg) oder ein wirkungsloses Placebo. Kurz vor dem Gehirnscan bewerteten die Teilnehmer die subjektive Intensität des LSD-Rausches auf einer Skala von 0 bis 100; während des Scans wurde ihnen eine Reihe von 30 Bildern mit wütenden, neutralen oder angsterfüllten Gesichtern gezeigt. Der Kernspintomograph zeichnete unterdessen die Aktivität insbesondere emotionsverarbeitender Hirnareale wie der Amygdala auf. An einem zweiten Versuchstag erhielten dieselben Teilnehmer dann das jeweils andere Präparat, Placebo oder LSD, damit von jedem Probanden insgesamt beide Gehirnzustände aufgezeichnet werden konnten.
Das herausstechende Ergebnis: LSD verringerte signifikant die Hirnaktivität im wichtigen Emotionszentrum Amygdala beim Anblick von angsterfüllten Gesichtern. Neutrale und wütende Gesichter zeigten dagegen keinen Unterschied zur Placebo-Kontrolle. Die Stärke des Effekts schien direkt mit der subjektiv empfundenen Intensität des Rausches verknüpft (r = –0,46; p < 0,05). Die Verminderung der Fähigkeit, angsterfüllte Gesichter zu deuten, wurde bereits im Zusammenhang mit dem ähnlich wie LSD wirkenden Wirkstoff der Zauberpilze (Psilocybin) in einer anderen Studie beschrieben. Menschen mit Depressionen neigen oft zu einer übertriebenen Verarbeitung von negativen emotionalen Reizen. Beim Anblick von Gesichtern mit negativen Emotionsausdrücken zeigen diese Personen eine überaktive Amygdala. Die Amygdala-dämpfenden Effekte, die in dieser Studie gefunden wurden, könnten demnach Teil einer antidepressiven Wirkung der Psychedelika sein.
Diese Studie wirft jedoch zugleich weitere Fragen auf. Der psychedelische Rausch kann bekanntermaßen sowohl freudig-ekstatisch als auch angsterfüllt sein. Es ist bislang ungeklärt, inwiefern der beschriebene angstmildernde Effekt von der aktuellen Stimmung der berauschten Person abhängt. Da im psychotherapeutischem Kontext verstärkt mit negativen Gefühlen und Gedanken gearbeitet wird, ist die Klärung dieser Frage für die psychedelische Psychotherapie außerordentlich interessant.