Forscher haben sich mit der Praxis indigener Ethnien aus dem Amazonasgebiet beschäftigt, vor psychoaktiven Ritualen (z.B. dem Ayahuasca-Ritual) eine wie auch immer geartete Diät (dieta) zu verordnen (Schamane) bzw. einzuhalten (Ritualteilnehmer). Dabei hat diese Diät, die nicht nur den Verzicht auf spezielle Nahrungsmittel (z.B. Salz) und Getränke (z.B. Alkohol) voraussetzt, sondern sich auch auf soziale und verhaltensbezogene Einschränkungen (z.B. Sex) bezieht, nicht unbedingt nur etwas mit den in der Ayahuasca enthaltenen Beta-Carbolinen zu tun, wie im Westen stets angenommen wird. Die im Voraus einzuhaltenden Verzichtsvorschriften spielen auch in energetischer Weise eine besondere Rolle.
«Das Zusammenspiel der Ernährungsbedingungen und der eingenommenen Pflanzen sensibilisiert den Diätwilligen dafür, Heilung, Kraft, Führung und Wissen zu erhalten. Aus klinisch-wissenschaftlicher Sicht ist diese Methode noch weitgehend unerforscht, scheint aber angesichts des zunehmenden Interesses an psychoaktiven Präparaten aus dem Amazonasgebiet, darunter Ayahuasca (Banisteriopsis caapi), und des aufkeimenden Bereichs der psychedelisch unterstützten Therapien im Allgemeinen aktueller denn je zu sein.»
Die Forscher befragten für ihre Studie 16 Heiler, die in den peruanischen Provinzen Ucayali, San Martín und Loreto tätig sind, zu ihrer Praxis der zu den Ritualen gehörigen Diätvorschriften. Wir wissen, dass die peruanischen Schamanen nicht alle dieselbe Diät voraussetzen, z.B. was den Zeitraum und die genauen Vorschriften der Diät angeht. Einige der Ayahuasqueros verzichten sogar gänzlich auf die Forderung einer entsprechenden dieta.
Die befragten Heiler beschrieben eine komplexe Intervention mit vielfältigen Anwendungen (Behandlung, Vorbeugung, Schulung) und Wirkungen in verschiedenen Bereichen (Körper, Geist, Seele, Energie). Der Prozess wurde als transformativ beschrieben, wobei die Vorteile auf die Wirkung der sogenannten Lehrerpflanzen in Verbindung mit den Ernährungsbedingungen sowie auf die Fähigkeiten des Heilers, der die Intervention leitet, zurückgeführt wurden. Darüber hinaus ergab eine detaillierte Risikobewertung ausgefeilte Sicherheitsmaßnahmen und Instrumente, um unerwünschte Reaktionen zu vermeiden. Die Bedeutung einer angemessenen Ausbildung des Heilers, der die Diät durchführt, wurde in diesem Zusammenhang besonders hervorgehoben.
Die Wissenschaftler schlussfolgern, dass die dieta ein zentrales therapeutisches Konzept und Werkzeug in der traditionellen peruanisch-amazonischen Medizin und eine einzigartige Methode zur Verwendung psychoaktiver Pflanzen ist: «Multidisziplinäre Gesundheitsforschung, die traditionelle Behandlungsmethoden indigener Kulturen, auch aus dem Amazonasgebiet, mit einbezieht, sollte im gegenwärtigen weltweiten Interesse an psychedelischen Therapien nicht vernachlässigt werden; eine solche Forschung kann langfristig zu einem umfassenderen Paradigma der psychedelischen Forschung sowie der medizinischen Praxis in Ländern beitragen, in denen reiche traditionelle Heilsysteme existieren, und vielleicht auch darüber hinaus. Sie kann auch dazu beitragen, dass die indigenen Heiler nicht nur als historische Vorreiter, sondern auch als die derzeit führenden Experten für psychedelische Medizin anerkannt werden».
Studie: Berlowitz I, O’Shaughnessy DM, Heinrich M, Wolf U, Maake C, Martin-Soelch C. (2022), Teacher plants – Indigenous Peruvian-Amazonian dietary practices as a method for using psychoactives, Journal of Ethnopharmacology 286: 114910.