Stachelmohn, Goldmohn und Schlafmohn

Psychoaktive Mohngewächse

Artikel im Heft

Arten aus der botanischen Familie der Papaveraceae (Mohngewächse) bereichern einen Garten nicht nur wegen ihres farbigen und äußerst dekorativen Flors; sie sind der ethnobotanischen Forschung schon lange als wichtige Heilpflanzen bekannt und können entsprechend eingesetzt zahlreiche Krankheitssymptome lindern. Einige Spezies – insbesondere die hier vorgestellten – können über ihre medizinischen Qualitäten hinaus auch psychonautisch verwendet werden: als aphrodisierende Liebesmittel, zur entspannenden Rekreation oder – dies gilt jedoch ausschließlich für das Opium liefernde Mohngewächs Papaver somniferum –, um visionäre Trancezustände herbeizuführen. Folge 2 der Artikelserie zu Kultur- und Pflegeanleitungen ethnobotanisch relevanter Pflanzen präsentiert drei Arten aus der botanischen Familie der Papaveraceae (Mohngewächse): den Mexikanischen Stachelmohn Argemone mexicana, den Goldmohn Eschscholzia californica sowie den Blauen Schlafmohn Papaver somniferum. Die Kultur dieser Mohngewächse im eigenen Garten ist nicht schwierig, auch nicht in Mitteleuropa, und sollte allen Pflanzenfreunden gelingen, wenn sie die grundlegenden Anzuchtund Pflegehinweise beachten. Happy Growing!

Argemone mexicana Linné

Foto: Forest & Kim Starr, CC BY 3.0

Synonyme: Argemone leiocarpa Greene, Argemone versicolor Salisb ., Papaver mexicana (L.) E.H.L. Krause u.a.
Trivialnamen: Distelmohn, Fischgemüse, Mexikanischer Stachelmohn, Teufelsfeige u. a.Vorkommen: Argemone mexicana stammt aus den Tropengebieten Mittel- und Nordamerikas sowie der Karibik. Inzwischen ist die Pflanze aber auch weit außerhalb ihrer Heimat verbreitet und eingebürgert, so zum Beispiel in Afrika, Brasilien, Indien, Nepal und Südeuropa.Botanik: Einjähriges, in frostfreien Regionen auch ausdauernd wachsendes, leicht verzweigtes Kraut mit einer Wuchshöhe bis zu 1 m. Charakteristisches Bestimmungsmerkmal sind die stacheligen Spitzen der bläulich- bis graugrünen Blätter. Die Blüte steht einzeln, hat gelbe bis orangefarbige Kronblätter und erscheint in den Monaten von Juni bis September. Die Früchte sind grün, stachelig und stehen nach oben ab. In ihnen reifen die winzigen, dunkelbraunen bis schwarzfarbigen Samenkörner heran.

Verwendete Pflanzenteile: Blätter, Blüten, Kapseln, Milchsaft (getrocknet)

Wirkstoffe: Das ganze Kraut, besonders der Milchsaft, enthält diverse Alkaloide vom Isochinolin-Typus, beispielsweise Allocryptatopin, Canadanin, Esculerin, Argemonin (N-Methylpavin), Berberin, Protopin sowie viele weitere. Im Samenmaterial wurde die potenziell toxische Ammoniumverbindung Sanguinarin nachgewiesen, außerdem Glyzeride, Fettsäuren und Lipide. Morphine sind entgegen früheren Spekulationen höchstwahrscheinlich nicht enthalten.

Wirkung: Analgetisch, aphrodisierend, euphorisierend, narkotisierend und sedierend. Die träumerische und beflügelnde Wirknuance des echten Opiums fehlt jedoch.

Ethnobotanik: Argemone mexicana ist in erster Linie als Heilpflanze ethnobotanisch relevant. Sie wird in den traditionellen Medizinsystemen Nord- und Mittelamerikas, aber auch in Indien sowie in Afrika zur Behandlung von Asthma, Gallen- und Nierenleiden, nervöser Unruhe, Schlafstörungen und anderen Symptomen empfohlen. Über ihren Gebrauch als traditionelle Ritualpflanze liegen nur wenige Informationen vor; man weiß jedoch, dass der Stachelmohn in alten mesoamerikanischen Kulturen dem Regengott Tlaloc (Nuhualpilli) geweiht und als «Nahrung der Toten» verehrt wurde.

Anzucht und Pflege
Die Anzucht des mexikanischen Stachelmohns erfolgt grundsätzlich generativ, sprich über das Aussäen der Samenkörner. Diese lässt man zwecks Erhöhung der Keimfähigkeit über Nacht in lauwarmem Wasser vorquellen. Ab Mai können sie dann ins Beet oder in hohe und breite Kübel gesät werden. Da es sich um «Dunkelkeimer» handelt, werden die Samen mit einer dünnen Schicht Erde bedeckt. Eine Vorkultur in Anzuchtschalen ist – wie bei den anderen beschriebenen Mohngewächsen – ungeeignet, da sich A. mexicana nur sehr ungern pikieren lässt. Es ist besser, direkt an Ort und Stelle zu säen. Bei der erforderlichen Keimtemperatur von 20–25 °C zeigen sich nach 2–5 Wochen die ersten Keimlinge.
Was die Pflege während der Vegetationszeit betrifft, ist der Stachelmohn sehr anspruchslos, vorausgesetzt, dass ihm ein vollsonniger Standort mit leicht sandigem Boden zur Verfügung steht. Er benötigt lediglich eine mäßige Zufuhr von Wasser – lieber ein bisschen weniger als zu viel, denn vorübergehende Dürre verträgt die Pflanze signifikant besser als Staunässe. Ob in regelmäßigen Zeitintervallen von 2–4 Wochen die Zufuhr eines organischen Düngemittels erfolgt, liegt im Ermessen des Gärtners. Verzichtet man darauf, wächst die Pflanze möglicherweise etwas kleiner und bildet weniger Blüten.
Da die Pflanze in Mitteleuropa einjährig gedeiht, entfällt die Frage nach der Überwinterung. Die Samen können aber eigenhändig geerntet und im Folgejahr wieder ausgesät werden. Alternativ kann man die Kapseln solange an der Pflanze belassen, bis die Samen ausgereift sind und von selbst auf den Boden fallen (Selbstaussaat). Als potenzieller Schädling kommt in erster Linie die Spinnmilbe in Betracht.

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Eschscholzia californica Chamisso

Foto: Markus Berger

Synonyme: Eschscholtzia californica Cham., Eschscholtzia douglasii Benth., Eschscholtzia mexicana Greene u.a.Trivialnamen: Amerikanische Steppenblume, Eschscholzie, Gelber Mohn, Goldmohn, Indianer-Mohn, Kalifornischer Mohn, Kappenmohn, Schlafmützchen u. a.

Vorkommen: Seinen Ursprung hat der heutzutage weltweit kultivierte Goldmohn in Nordmexiko sowie im Westen der USA.

Botanik: Einjährig, Wuchshöhe ca. 50 cm. Die Blätter sind wechselständig angeordnet, gefiedert und von blaugrüner bis gräulicher Farbe. Wie andere Mohngewächse bildet auch diese Spezies eine tiefgründige und fleischige Pfahlwurzel aus. Die Blüten leuchten gelborangefarbig, sitzen endständig auf dünnen und langen Stielen und erscheinen von Juni bis August. Das gemusterte Saatgut befindet sich in länglichen, spitz zulaufenden und nach oben abstehenden Samenschoten.

Verwendete Pflanzenteile: Blüten, Früchte, Kraut

Wirkstoffe: Primärer Wirkstoff des Goldmohnkrauts ist das Isochinolin-Alkaloid Californidin; daneben sind Allocryptopin, Eschscholzin, Protopin und andere Verbindungen enthalten – sogar Spuren von Morphin und Codein (Methylmorphin).

Wirkung: Euphorisierend, narkotisierend und sedierend – alles in allem sehr mild und wenig aufdringlich. Offenbar entfaltet der Goldmohn seine Wirkqualitäten besonders dann, wenn er in synergistischer Kombination mit anderen Pflanzen verwendet wird, beispielsweise zusammen mit Hanf.

Ethnobotanik: Die traditionelle indianische Pflanzenheilkunde kennt Zubereitungen aus Goldmohn als mildes und leicht euphorisierendes Beruhigungsmittel, beispielsweise zur Behandlung von Ängsten, depressiven Verstimmungen, Unruhe und Schlafstörungen. Zudem wird die Pflanze traditionell als Schmerzmittel verwendet, ferner zur Bekämpfung von Kopfläusen.

Schlafmützchen,
Eschscholzia californica Foto: Joyce Cory

Anzucht und Pflege
Wie auch bei den anderen Mohngewächsen empfiehlt es sich, den Goldmohn ab April/Mai direkt an Ort und Stelle ins Freiland, in Töpfe, Balkonkästen oder als optisch sehr reizvollen Lückenfüller zwischen Gehwegplatten zu säen. Wird die Pflanze hingegen ab Februar im Haus vorgezogen, muss man beim Pikieren höchst vorsichtig sein: Die äußerst empfindliche Pfahlwurzel darf zu keinem Zeitpunkt frei liegen, sondern muss vollständig von Erde umhüllt sein. Das vorbereitete Einpflanzloch sollte man zuvor gründlich bewässern.
Die Aussaattiefe der dunkelkeimenden Samen beläuft sich auf etwa 0,5 cm. Bei gleichbleibender Substratfeuchte und Temperaturen von 15–20 °C liegt die Keimdauer zwischen 1 und 3 Wochen. Wichtig ist, dass die Pflanze von Anfang an viel Sonne bekommt. Schatten verträgt der Goldmohn nämlich genauso wenig wie Staunässe. Daneben braucht es einen lockeren, tiefen und nährstoffarmen Boden. Ist der Boden lehmhaltig und «schwer», sollte unbedingt Sand untergemischt werden.
Bei guten Wachstumsbedingungen ist der Goldmohn gegenüber einem Krankheits- oder Schädlingsbefall weitgehend unanfällig. Die Zufuhr eines Düngemittels ist weder in der Wachstumsnoch in der Blühphase erforderlich. Die Wasserzufuhr erfolgt alle 1–2 Tage in sparsamen Mengen.

Papaver somniferum Linné

Foto: Markus Berger

Synonyme: Papaver glaucum Boiss . et Haussk n., Papaver nigrum DC ., Papaver officinale Gmel. u. a.Trivialnamen: Blaumohn, Echter Mohn, Feldmohn, Gartenmohn, Lichtschuppen, Magsomkraut, Mohn, Ölmohn, Pflanze der Freude, Schlafmohn, Speisemohn u. a.

Vorkommen: Der Schlafmohn stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum sowie aus Kleinasien; als Kulturpflanze – häufig auch verwildert und eingebürgert – gedeiht die Pflanze inzwischen weltweit.

Botanik: Schlafmohn wächst einjährig, erreicht eine Wuchshöhe von 30–150 cm und bildet eine charakteristische Pfahlwurzel aus. Die Blätter sind eiförmig, mehr oder minder gezähnt und von graublauer oder grüner Farbe. Die hübsche Blüte, die endständig auf wenig verzweigten und borstig behaarten Stängeln sitzt, ist meistens rotviolett, seltener weiß oder fast schwarz. Die kugelförmige Fruchtkapsel enthält bis zu 2000 Samenkörner.

Verwendete Pflanzenteile: Blätter, Kapseln, Milchsaft (Opium), Samen

Wirkstoffe: Zentrale Hauptalkaloide sind Morphin, Papaverin und Codein, ferner Narcotin und Thebain und andere. Die Samen enthalten nur in sehr geringen Spuren Alkaloide.

Wirkung: Analgetisch, aphrodisierend, euphorisierend, fantasieanregend, narkotisierend, sedierend, tranceinduzierend, gegebenfalls visionär.

Ethnobotanik: Der Schlafmohn gehört zu den ältesten Heilpflanzen der Menschheit; unter ihnen ist er das bedeutendste Schmerzmittel der gesamten Pharmaziegeschichte. Daneben ist Papaver somniferum als psychoaktive und trancebegünstigende Ritualpflanze relevant, so zum Beispiel in Indien und Nordthailand. Im alten Griechenland wurde das aus der Pflanze gewonnene Opium im Rahmen von Fruchtbarkeits-, Liebes- und Opferritualen als Räucherwerk verwendet.

Papaver-Zuchtform für den Garten Foto: Louise Joly

Anzucht und Pflege
Die Anzucht sowie die Pflege des Schlafmohns sind unkompliziert und anfängersicher; man bedenke, dass der Schlafmohn in Mitteleuropa auch in Wildform gedeiht. Die Samen sind lichtkeimend und brauchen daher nicht mit Substrat bedeckt zu werden; sie werden einfach ab April/Mai an Ort und Stelle ausgesät, entweder ins vorbereitete Beet oder in hohe Kübel. Bei Temperaturen von 15–20 °C und ausreichend Feuchtigkeit keimen die Samen innerhalb von 1–2 Wochen.
Entscheidet man sich für eine Kultur im Blumenbeet, muss berücksichtigt werden, dass die meisten ausgesäten Samen höchstwahrscheinlich von Vögeln aufgepickt werden. Als Präventionsmaßnahme eignet sich beispielsweise ein schützendes Netz, das über der Aussaatstelle aufgestellt oder aufgespannt werden muss. Bei zu dicht stehenden Keimlingen muss man etwas ausdünnen bzw. einzelne Keimlinge entfernen, da sich die Pflanzen ansonsten im Wachstum behindern und folglich sehr klein bleiben. Die krustigen Erdbereiche um die Pflanze herum müssen regelmäßig aufgelockert und in der Nähe heranwachsende andere Pflanzen zeitnah gejätet werden, damit sie die jungen Mohnpflanzen nicht überwuchern und schädigen.
Entscheidet sich der Gärtner für eine Topfkultur, braucht es aufgrund der langen Pfahlwurzel unbedingt einen hohen und durchlässigen Topf. Als Substrat eignet sich selbstgemischte oder handelsübliche Blumenerde.

Mohnfelder bereichern ihre Umgebung mit einem Meer aus Blüten. Foto: Welleschik / CC-BY SA 3.0

Ob nun Beet- oder Topfkultur, der Schlafmohn benötigt immer einen vollsonnigen Standort mit nährstoffreichem sowie durchlässigem Boden und muss während der Wachstumsperiode täglich gegossen werden. Sobald die Pflanze in die Blüte geht, kann die Wasserzufuhr reduziert werden – kleine Mengen alle 2–3 Tage sind völlig ausreichend. Die Zufuhr eines Düngemittels ist nicht nötig, vorausgesetzt, dass der Boden das benötigte Minimum an Nährstoffen enthält, was üblicherweise der Fall ist.
Wird der Schlafmohn von Mohnbrand oder Wurzelfäulnis heimgesucht, liegt das meist an einem falsch gewählten Standort oder unsachgemäßer Pflege. Potenzielle Schädlinge von P. somniferum sind Blattläuse, Mehltau und Schnecken.
Der Anbau des Schlafmohns unterliegt in Deutschland der Genehmigungspflicht. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass ein paar wenige Pflanzen, die aus ethnobotanischem Interesse und nicht zu Heil- oder Rauschzwecken im Garten kultiviert werden, in aller Regel geduldet werden. Schließlich gedeiht die Pflanze auch heute noch in zahlreichen Bauerngärten.

Ausgewählte Bezugsquellen für Mohn-Saatgut: Asklepios Seeds • Azarius • Magic Garden Seeds • Rühlemanns

Mohnsamen gibt es sogar im Supermarkt, allerdings ohne
Morphine. Foto: Pixabay

PRAXISTIPP MOHNSAMEN-ERNTE
Wenn sich auf dem Deckel der Samenkapsel kleine Löcher bilden, dann ist der Reifeprozess abgeschlossen und die Samen können geerntet werden. Für kleine Mengen wird einfach der Deckel vorsichtig entfernt, worauf die Samen mit den Fingern aus dem Inneren der Kapsel herausgenommen werden können. Bei größeren Mengen empfiehlt es sich, die Stängel in einer Länge von etwa 25 cm abzuschneiden, zu bündeln und über einem Auffangbehältnis fest auszuschütteln.

 

Kevin Johann