Über Laudanum

XtraMaterialsammlung zu »Hoffmannstropfen«

Text Christian Rätsch

Andere Namen:[1]

Anodynum Specificum, Arcanum, »Hoffmannstropfen« (19. Jh.), Laudanum hystericum, Laudanum opiatum, Laudanum Paracelsi, Laudanum Sanctum, Meconium, Mekonion, Tinctura Opii

Bezugsquellen:

Opiumhaltige Rezepturen (Tinctura Opii DAB9, Electuarium Theriaca n. Erg.6 zu DAB, Opii tinctura crocata DAB6) sind heute weitgehend aus den Apotheken verschwunden, zum einen, weil sie unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG Anlage III) fallen, zum anderen, weil sich die praktizierenden Ärzte nicht trauen, derartige Mittel zu verordnen, oder glauben, dass reine extrahierte Wirkstoffe oder synthetische Derivate besser handzuhaben sind. Selbst homöopathische Zubereitungen aus Opium werden kaum noch benutzt, obwohl sie ab D6 rezeptfrei sind.

 

1670 wurde von dem englischen Arzt Thomas Sydenham (1624-1689) das geschichtsträchtige Laudanum neu bzw. nochmals erfunden. Sein Laudanum (Laudanum liquidum Sydenhami) war eine Tinktur, die aus Opium, Safran (Crocus sativus), Zimt (Cinnamomum verum), Nelkenpulver (Syzygium aromaticum) und spanischem Wein[2] bereitet wurde. Später wurde sie nur noch aus Opium, Safran und hochprozentigem Alkohol (70 %-iger Ethanol) gewonnen (Opii tinctura crocata; DAB6)[3]. Die pharmazeutisch standardisierte Tinktur soll ca. 1 % Morphin enthalten. Die größte therapeutische Einzelgabe wird mit 1,5 g Opiumtinktur angegeben (Wagner 1985: 165*).

Sydenham, der »Englische Hippokrates«, war von seiner Rezeptur begeistert:

»Dieses Mittel ist ein so unentbehrliches und nützliches Werkzeug in den Händen eines geschickten und geübten Arztes, daß die Arzneiwissenschaft ohne dasselbe nur unvollkommen und wankend würde. Denn wer es gehörig anzuwenden weiß, wird damit mehr ausrichten, als man von einem einzigen Mittel erwarten könnte. Und derjenige muß sehr unerfahren sein und von der Kraft dieser Arznei wenig Kenntnis haben, der sie nur als schlafmachend, schmerzstillend kennt und den Durchfall damit zu stillen weiß; während man sie doch unter sehr vielen anderen Umständen anwenden kann, indem sie das kräftigste, herzstärkende und ein fast sozusagen einziges Mittel, so bisher in der Natur gefunden war, ausmacht« (zit. n. Seefelder 1996: 99).

Bis in das 19. Jahrhundert wurde Laudanum, zu der Zeit auch »Hoffmannstropfen« genannt, sowohl als eines der wirkungsvollsten Universalheilmittel geschätzt, als auch zum Berauschen getrunken (Seefelder 1996: 102).

Der Schweizer Arzt und Alchemist Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus (1493/4-1541), war einer der ersten europäischen Naturheilpraktiker (Braun 1990). »Es war das nicht unumstrittene Verdienst des im Kanton Schwyz geborenen Paracelsus, dass die Patentmedizin Laudanum über vierhundert Jahre zur meistkonsumierten Droge emporstieg und bis in unser Jahrhundert hinein in kaum einem Haushalt fehlte« (Kraushaar und Lieberherr 1996: 18).

Für ihn war es wichtiger, die Arzneien durch Probieren zu studieren, als die Lehrmeinungen der antiken und mittelalterlichen Autoren oder die Meinungen von Nonnen und »alten Weibern« unkritisch zu übernehmen (Peuckert 1944: 87f.).

»Ich hab ein Arcanum, heiß ich Laudanum, ist über alles, wo es zum Tode weichen will.« – So beschrieb Paracelsus sein liebstes oder eines seiner liebsten Geheimmittel. Den Hauptbestandteil seines Laudanum, des »Gelobten«, das Opium, nannte er sogar den »Stein der Unsterblichkeit«, eine deutliche Anspielung auf den alchemistischen »Stein des Weisen«.

Der ambitionierte Famulus des Paracelsus, Johannes Oporinus, schrieb darüber: »Mit seinem Laudanum, so nannte er Pillen in der Form von Mäusedreck, welche er in ungleicher Anzahl nur in der äußersten Not der Krankheiten, wie zum heiligen Anker (wie man sagt) seine Zuflucht nehmend, eingab, sich so brüstete, daß er sich auch nicht entblödete zu behaupten, daß er allein, nur durch den Gebrauch von diesen, Tote zum Leben zurückbringen könne und das hat er dann und wann, als ich bei ihm war, tatsächlich bewiesen, und die, die tot zu sein schienen, plötzlich wieder zu sich kamen.« (zit. n. Peuckert 1944: 146)

Das Laudanumrezept verriet Paracelsus erst auf dem Todesbett. Sein so hochgeschätztes Geheimmittel sei ein alkoholischer Auszug aus Koriander, »reifen Wacholderkörnern, mit Gewürznelken zerstoßen, Rinde der Bilsenkrautwurzel und Opium« (Kraushaar und Lieberherr 1996: 17).

Lucys Xtra

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