„Alkoholfrei und spritzig“

XtraZur Geschichte der Mate-Brausen

Vom traditionellen Aufguss über das exotische Gesundheitsge-tränk bis zum Szenedrink für Clubgänger: Mate Foto: PD

Text Achim Zubke

Seit etwa fünf Jahren gibt es eine Fülle an neuen koffeinhaltigen Mate-Brausen und Mate-Eistees. Ende 2017 existierten über 35 verschiedene Anbieter mit Dutzenden von Mate-Getränken auf dem Markt. Natürliche Zutaten, Bio, Fairtrade, Solidarität und Originalität werden bei der Kreation neuer Produkte immer wichtiger.
Berliner Freaks aus der Computer-Szene entdeckten Mitte der 1990er Jahre Club-Mate, die von der Brauerei Loscher in Münchsteinach seit 1994 zunächst als Nebenprodukt produziert wurde, und organisierten über ein kollektives Vertriebssystem den Nachschub ihres neuen Lieblingsgetränks. In der Hamburger Hausbesetzerszene kannte man das Getränk seit Ende der 1980er Jahre noch von der kleinen Dietenhofener Firma GEOLA und bezog es über Selbstversorger und alternative Getränkehändler.
Der für ein Mate-Gebräu relativ angenehme Geschmack bei spürbarem Koffeingehalt bot gerade nachts eine gute Alternative zu süßen Colas und künstlich schmeckenden Energydrinks. Ohnehin erblühte in dieser von MDMA angetörnten Boom-Zeit der elektronischen Tanzmusik eine neue städtische Clubkultur, die sich vermehrt für alkoholfreie Flüssigkeits- und Energiespender interessierte.
Tatsächlich handelt es sich bei Club-Mate nicht um eine Neuerfindung. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Mate-Plantagen in Südamerika angelegt. Traditionell bereitet man aus dem zerkleinerten koffeinhaltigen Pflanzenmaterial des Ilex-paraguariensis-Baums einen starken und bitteren Aufguss, der durch ein Trinkrohr (Bombilla) geschlürft wird. Diese Zubereitung fand damals in Europa nur wenige Liebhaber. Man versuchte deshalb, Mate als preiswerten Tee-Ersatz zu etablieren. 1910 setzte sich der Kaiserlich Deutsche Konsul Eduard Heinze im brasilianischen Staat Parana, wo tausende deutschstämmiger Migranten lebten, dafür ein, in Deutschland Ausschankstellen einzu-richten. Lobend erwähnte er «die Firma Dr. Graf & Co. in Berlin-Schöneberg … als eifrige Vorkämpferin des Herva-Matte-Verbrauchs».
In diese 1889 gegründete Berliner Fabrik für chemische, pharmazeutische und technische Präparate stieg 1891 der Kapitän Rudolf Lender ein und wurde 1892 Alleininhaber. Im Jahr 1906 kam die Produktion von «Yer-Präparaten» auf Basis des Mate-Krautes, der Yerba Mate, hinzu. Eines dieser Produkte war der Yermeth, ein kohlensaures Erfrischungsgetränk aus Yerba-Extrakt, Natriumbikarbonat und -zitrat und Rohrzucker, ein Vorläufer der heutigen Mate-Brausen. Ab 1913 scheint man die Yer-Präparate nicht mehr produziert oder vertrieben zu haben. Nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1919 existierte die Firma in Berlin nicht mehr. Der Kapitän a. D. Rudolf Lender starb 1923 und wurde in Potsdam beerdigt.
In einem lexikalischen Werk von Hahn und Holfert von 1906 wird Yermeth bereits beschrieben: «Das Getränk wirkt außerordentlich belebend und wird sich unter anderem auch vorzüglich zum Füllen der Feldflaschen der Touristen, Radfahrer etc. eignen.» Als Fabrikant wird hier «Obst in Bayreuth» genannt. Bei diesem Getränkeproduzenten dürfte es sich um den in Bayreuth tätigen Apotheker Hugo Obst gehandelt haben.
Hugo Obst agierte aus Wriezen an der Oder und erwarb 1899 die damals schon historische Mohren-Apotheke in Bayreuth. 1903 wurde in der Pharmaceutischen Centralhalle sein neues alkoholfreies Getränk namens Yermeth vorgestellt. So heißt es dort: «Es unterliegt keinem Zweifel, dass den alkoholfreien Getränken schon jetzt eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung zukommt … Jüngst wurde nun ein Präparat in die Öffentlichkeit gebracht, welches als Ausgangsmaterial den … Mate benützt … Diesen Tee benützt nun Obst in Bayreuth zur Darstellung eines alkoholfreien, prickelnden Getränkes, welches er ‚Yermeth‘ nennt. … Dass das Getränk außerordentlich belebend wirkt, kann der Referent bestätigen … Was den Geschmack betrifft, so sei darauf hingewiesen, dass schließlich der Geschmack eines jeden Getränkes gewöhnt werden muss.»
1904 erschien im Tropenpflanzer von H. Metzger ein Artikel, in dem er berichtete: «Vor wenigen Wochen hat sich eine Vereinigung zur Errichtung einer Deutschen Yermeth-Gesellschaft gebildet. Hoffentlich kommt die Gesellschaft bald zustande und schreitet das Unternehmen rasch voran, denn damit wäre auch den Yerba-Pflanzern wieder ein neues Absatzgebiet geschaffen.»

Lucys Xtra

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