Ein Entwurf, der Anlass zur Sorge gibt

Cannabis legal in Deutschland: Kommentar von Maximilian Plenert

Text: Maximilian Plenert

 

Einleitung: Der “Entwurf für ein Cannabisgesetz”, Bearbeitungsstand 28.04.2023, wurde durch das Bundesministerium für Gesundheit (SPD) erstellt und zur Ressortabstimmung an die beteiligten Ministerien geschickt. Auch wenn dieses Dokument noch explizit nicht fertig ist, geben einzelne Aspekte sowie die Gesamtstoßrichtung anlass zur Sorge, dass hier ein Gesetz in der Pipeline ist, das a) drogenpolitisch fatal, b) fachlich fragwürdig, c) verfassungsrechtlich kritisch, d) handwerklich fehlerhaft zu bewerten ist und e) unbeabsichtigte Nebenwirkungen verursachen würde sowie f) in seiner Wirkung kontraproduktiv zu den Zielen der Legalisierungspolitik der Ampel zu bewerten ist.

Es besteht die Hoffnung, dass sowohl die anderen Ministerien (insbesondere Grün- und FDP-geführte) als auch im parlamentarischen Verfahren nachgebessert wird, dies darf sich allerdings nicht nur auf Details beschränken und keinen groben Schnitzer auslassen.

Das Ziel der ersten Säule soll nach Karl Lauterbach und Cem Özdemir eine möglichst weitgehende Realisierung der Legalisierungspläne der Bundesregierung im Rahmen des internationalen und EU-Rechtes und möglichst der Umgehung des Bundesrates sein. Der Rechtsrahmen rechtfertigt jedoch keinen der im Folgenden genannten Kritikpunkte.

Bei einigen Kritikpunkten mag man entgegnen, dass dies in der Praxis sicher nicht so eng gesehen wird. Das würde allerdings zur Willkür führen und diese sollte es bei  strafbewehrten Verboten nicht geben.

Dies ist eine Adhoc-Stellungnahme, keine erschöpfende Analyse. Sie geht nicht auf alle Details ein und der Autor ist kein Jurist. Sie soll den politischen Entscheidungsträgern aufzeigen, an welchen Stellen Änderungen am Entwurf geboten sind.

LTO schreibt über die Bewertung des Gesetzentwurfs im Rahmen des 44. Strafverteidigertages:

Der Entwurf enthalte so viele in sich widersprüchliche und nicht kontrollierbare Vorgaben an die Konsumierenden, so die Kritik. „Die Subtexte (…) enthalten die Etikettierung von Konsumierenden als besonders gefährliche Bürger, deren Genussgewohnheiten nur durch besonders restriktive Regelungen in Zaum gehalten werden können“. Der Besitz von Cannabis zum Eigenkonsum müsse ohne Einschränkung straflos gestellt werden, so die Strafrechtler/innen. – www.lto.de/recht/juristen/b/strafverteidigertag-funktionales-strafrecht-reformen-bagatelldelikte-cannabis-entkriminalisierung/

RA Ferner – Fazit: Ich meine es ernst, wenn ich den Aspekt sozialer Benachteiligung in den Fokus stelle: Die gut verdienenden Teile der Bevölkerung werden sich in die Legalität bewegen können; alle anderen bleiben im illegalen Bereich. So kann das „Kiffer-Gesetz“ am Ende das Gegenteil von dem bewirken, was es sollte: mehr Kriminalisierung, Verschärfung der durch seit Jahrzehnten nicht existenten Drogenpolitik hausgemachten Probleme und Schaffung von sozialem Sprengstoff. Insbesondere wenn man bedenkt, dass der Gesetzgeber in seiner Begründung allen Ernstes meint, die Suchtprävention sei über die gesetzlichen Krankenversicherungen zu finanzieren – während nach meinem Eindruck die meisten Gutverdiener hier profitieren und privat versichert sein werden.

www.ferner-alsdorf.de/cannabisgesetz/

  • Politische Betrachtung der Wirkung des Gesetzes

Der Gesetzesentwurf sieht eine komplette Neuregelung von Cannabis außerhalb des Rahmens des bisherigen BtMG vor. Dies und das damit verbundene Ende der Strafbarkeit des Besitzes von bis zu 25 Gramm und 3 Cannabispflanzen wäre ein drogenpolitischer großer Fortschritt und ein solides Zwischenziel auf dem Weg zur allgemeinen Legalisierung. Der Zugang zu Cannabis als Medizin wird damit auch erleichtert. Der Club-Anbau ist allerdings überreguliert, Non-Profit-Vereine sollen hier professionelle Standards und komplexe Regulierung umsetzen.

Es ist daher zu befürchten, dass sich der existierende Cannabismarkt eher um die Graumarkt-Säulen “Versorgung über Apotheken per einfachem Rezept” und “Eigenanbau” erweitern wird. Der Club-Anbau, wie er aktuell beschrieben wird, wird es sehr schwer haben, dagegen zu konkurrieren. Im schlimmsten Fall könnte die festgeschriebene Evaluation in einigen Parametern eine Verschlechterung der Situation ergeben und eine kommende Regierung das Projekt damit stoppen.

Es wurden zahlreiche überzogene Verbote und Kontrollen eingeplant, die auch politisch kaum helfen werden, die Akzeptanz beim Gegner einer Legalisierung zu erhöhen, im Gegenteil schreiben sie mitunter die Dämonisierung von Cannabis direkt fort.

Eigentlich wurde die notwendige  Kritik am Gesetzesentwurf schon vergangenes Jahr in einem Artikel des Autors für die Zeitschrift RAUSCH formuliert:

Die Akzeptanz durch die Verbraucher*innen wird zentral bei dem ersten großen Ziel, der Transformation des Schwarzmarktangebotes in ein legales System, das (auch mit grauen und privaten Zonen) für möglichst alle Verbrau­cher*innen funktionieren soll. Notwendig wird hierfür der Grundsatz bei der Regulierung sein: „Es muss für den Verbraucher einfacher sein, ein vernünftiges und gut brauchbares Produkt legal zu erwerben, als es über den Schwarzmarkt zu beziehen.”

Mit “einfacher” sind niedrigere Transaktionskosten inklusive objektiver oder subjektiver Risiken und Ängste gemeint. Gerade bei einer Substanz, die heute noch verboten und stigmatisiert ist und auch in Zukunft durch das Gesetz nicht plötzlich legal und akzeptiert sein wird (Akzeptanz in dem Sinne, dass es keine Diskriminierung mehr aufgrund von Cannabis gibt).

Kinder- und Jugendschutz sind das primäre Ziel des Gesetzes, die Eindämmung des Schwarzmarktes das zuletzt genannte. Der große gesellschaftliche Benefit einer Politik in Richtung Legalisierung liegt jedoch in ihr selbst, also dem auch in der Säule 1 mitgedachten Wechsel vom Schwarzmarkt zu legalen Formen des Bezugs. Ein überzogener Fokus auf das erste Ziel droht, die Reduktion des Schwarzmarktes zu erschweren.

Zahlreiche Einschränkungen sowie die weitgehenden Regeln für Clubs sind praktisch nicht kontrollierbar. Wer sich an die Gesetze halten möchte, dem wird ein korrektes Verhalten beliebig schwer gemacht und ein Weg aus der Illegalität und einer Versorgung vom Schwarzmarkt vergällt. Gleichzeitig stellen diese kaum einen effektiven Schutz gegen Missbrauch der Regeln durch Schwarzmarkthändler dar.

  • Keine kritischen Datensammlungen durch die Clubs

Die Clubs haben zu dokumentieren, 5 Jahre zu speichern und nach Bedarf den Behörden vorzulegen, welche Menge an welches Mitglied verkauft wurde. Dies mag in einer idealen Welt mit fairen Behörden und vernünftiger Politik kein Problem sein. Bei einer bisher verbotenen Substanz, deren Konsumenten aus der Illegalität geholt werden sollen, wird dies jedoch massive Bedenken hervorrufen. Ängste über einen Missbrauch von diesen Daten durch Behörden, mit vermeintlich legitimen Anliegen, oder auch nicht, und die Gefahr von Konsequenzen beispielsweise im Bereich Führerschein, Waffenrecht, Sorgerecht, Berufsrecht (Verbeamtung), die existenzbedrohend sein können, werden Menschen abschrecken, sich über Clubs zu versorgen. Dies gilt insbesondere in den Bundesländern, deren Landesregierung sich gegen Reformen in der Cannabispolitik stark machen, könnte aber auch überall durch die Wahl eines AfD-Stadtrates/-Magistratsmitglieds/-Landrats drohen.

  • Polizeiliche Repression ist kein Jugendschutz

In § 6 wird Personen unter 18 Jahren nicht nur der Besitz, sondern auch der Konsum von Cannabis untersagt. Die Polizei und die Ordnungsämter sollen die zuständigen Jugendämter informieren. Diese sollen dann verpflichtende Kurse für den/die Betroffene inklusive Sorgeberechtigte anordnen. Ein Einzug von Cannabis im Rahmen der Gefahrenabwehr wie bei Alkohol wäre vollkommen okay. Aber festgeschriebene und vorgeschriebene Ersatzbestrafungen alleine wegen des (behaupteten) Konsums, sind verfassungsrechtlich ebenfalls fragwürdig.

Die heutigen Folgen eines Polizeikontaktes aufgrund von Cannabis wurden in den Konsultationen zudem als Entwicklungsrisiken für Kinder und Jugendliche beschrieben, davon muss eine fortschrittliche Cannabispolitik wegkommen.

  • Verfassungsrechtlich bedenkliche Konsumverbote

Im § 6 Absatz 3 wird pauschal der Konsum im Umkreis von 250 Metern um Schulen, Kita und Orten, an denen sich Kinder und Jugendliche regelmäßig aufhalten, verboten.

Dies ist in Großstädten in Berlin weder praktikabel noch kontrollierbar (weder Bürger noch Polizei können ad hoc erkennen, ob der Tatbestand vorliegt) und ist in keiner Art und Weise für den Kinder- und Jugendschutz geboten – und ohnehin verfassungsrechtlich fragwürdig. Welche Gefahr soll für ein Kind oder Jugendlichen davon ausgehen, wenn in 250 Meter Entfernung ein Erwachsener etwas anzündet und raucht oder etwas dampft und Cannabis enthält und nicht etwa nur Tabak?

Das Konsumverbot 250 Meter um die Anbauvereinigungen ist ebenfalls fragwürdig.

  • Eltern im Fadenkreuz der Jugendämter

Eltern, die Cannabis gebrauchen, sind heute schon bei den Jugendämtern einer echten oder gefühlten Stigmatisierung ausgesetzt. Selbst wenn sie Cannabis-Patienten sind. Regelungen wie in § 6 Absatz 2 oder auch § 8 Absatz 4 öffnen hier Tür und Tor, Eltern zu verunsichern und sie anschwärzbar und erpressbar zu machen.

Natürlich sollten Cannabis und Cannabispflanzen grundsätzlich vor dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen gesichert sein. Dies ist Teil der elterlichen Sorgfaltspflicht und muss nicht extra gesetzlich eingefordert werden. Im Übrigen sind in jedem Haushalt zahlreiche weitaus gefährlichere Gegenstände (Messer, Schere, Reinigungsmittel, Medikamente etc.) vorhanden, die noch eher und besser gesichert werden müssen als Cannabis.

  • Clubs nur auf der grünen Wiese

Die Regelungen von § 6 Absatz 4 sind geeignet zu verhindern, dass in Innenstädten irgendwelche Clubs entstehen können.

  • Führerschein – Handeln statt nochmal evaluieren

Im Führerscheinrecht (Artikel 9 des Gesetzentwurfs) soll das Verkehrsministerium erst Grenzwerte evaluieren, dabei liegen bereits ausreichend Vorschläge durch einschlägige Experten vor, die nur umgesetzt werden müssten. Jede weitere Verzögerung setzt das Unrecht der Ersatzbestrafung durch Führerscheinentzug weiter fort.

  • “Zuständige Landesbehörde”

Es wäre naiv, davon auszugehen, dass Landesbehörden beispielsweise in Bayern oder in Berlin bei einem zuständigen AfD-Stadtrat wirklich komplett neutral ihre Kompetenzen ausüben werden.

  • Cannabisdampf ist kein Tabakrauch

In § 5 sowie der Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes ist eine Gleichstellung des Rauchens und des Verdampfen von Cannabis mit Tabakrauch vorgesehen. Insbesondere das Verdampfen von Cannabis ist vergleichbar mit dem Verbrennen von Tabak durch das Rauchen.

Patienten, die auf eine Inhalation von Cannabis angewiesen sind, beispielsweise auf einer langen Zugfahrt etc., würde damit ebenfalls das Leben unnötig schwer gemacht.

  • Kein expliziter Ausschluss eines medizinischen Eigenkonsums wie in § 3 Absatz 1 und der Überschrift Kapitel 3 – (Behelfs-)versorgung nicht tabuisieren

Problem: Die meisten Menschen nutzen Cannabis auch zu medizinischen Zwecken. Vom Freizeitgebrauch zum Entspannungsmittel und Mittel der einfachen Selbstmedikamentierung bis hin zum Einsatz gegen schwere Erkrankungen liegt ein fließendes Spektrum. Diese Menschen, inklusive zahlreicher heutiger Cannabis-Patienten, würden den Club-Anbau und Eigenanbau nutzen. Im Falle einer Ablehnung der Krankenkasse zur Kostenübernahme oder bei Patienten, die gar nicht erst einen Arzt finden, der eine Therapie mit Cannabis unterstützt, haben Betroffene schlicht keine andere Alternative, als sich über andere Kanäle als die Apotheke zu versorgen. Cannabis aus dem Club-Anbau oder Eigenanbau ist natürlich kein Arzneimittel im regulatorischen Sinne, aber es liegt in der Eigenverantwortung des Konsumenten, zu welchem Zweck er/sie Cannabis nutzt. Durch den völlig überflüssigen expliziten Ausschluss einer medizinischen Nutzung würde dieser tabuisiert, insbesondere die Clubs müssten so tun, als ob es das nicht gäbe. Unabhängig davon, wie man zu dieser Behelfsversorgung stehen mag, sie existiert heute so oder so, eine Tabuisierung wäre der falsche Weg, damit umzugehen.

  • Ausschluss von Opfern der Prohibition und kranken Menschen

Nach § 10 Absatz 1 darf keinen Club leiten, wer in den letzten fünf Jahren rechtskräftig wegen eines BtM-Deliktes (außer es wäre nach dem neuen Gesetz nicht mehr verboten) verurteilt wurde. Dies schließt auch Konsumenten wie Patienten aus, die sich nicht mehr zu schulden gekommen lassen haben als mehr als 3 Pflanzen oder mehr als 25 Gramm Besitz, was in Bayern durchaus direkt zu einem Strafbefehl führen kann.

Nach Absatz 2 wird die Zuverlässigkeit in Frage gestellt, wenn jemand zu einem missbräuchlichen Konsum neigt oder psychisch krank ist. Angesichts der zahlreichen (oft fehlerhaften, weil fachlich nicht fundierten) Abhängigkeitsdiagnosen in den Akten von zahllosen Bürgern, insbesondere von Cannabis-Patienten, ist dies eine neue Ungerechtigkeit. Der Ausschluss von Menschen mit psychischen Erkrankungen ist höchst fragwürdig.

  • 3 Pflanzen pro Kalenderjahr
  • § 8 sieht einen privaten Eigenanbau von maximal 3 Pflanzen vor. Die Grenze drei Pflanzen ist eher niedrig, die Beschränkung auf ein Jahr, statt auf 3 Pflanzen zu einem Zeitpunkt dient weder der privaten Versorgung und damit auch nicht der Bekämpfung des Schwarzmarktes, noch ist sie in irgendeiner Form kontrollierbar.

Wofür bei 3 Pflanzen pro Jahr eine Person jedoch 5 Stecklinge pro Monat beziehen darf, bleibt ein Rätsel.

  • Nicht ausschließlich “Staatsprävention”

In § 7 wird ein Primat der BZgA bei den Informationsangeboten festgeschrieben. Dies  darf in der Ausgestaltung nicht dazu führen, dass es hier einen Primat dieser Behörde gegenüber fortschrittlichen Angeboten gibt.

  • Wozu Jugendschutzbeauftragte?

Welchen Sinn und Zweck sollen Beauftragte für den Jugendschutz in den Clubs haben, wenn diese keine unter 18-jährigen Mitglieder haben dürfen und diese entsprechend nicht bedienen dürfen? Es braucht einen Verantwortlichen zur Durchsetzung dieser Gesetze, aber weitere Angebote für Jugendliche wären hier fehl am Platz.

  • Sehr eingeschränkte Amnestie 

Jeder Mensch, der allein wegen des Besitzes von 30 Gramm bestraft wurde, würde nicht mehr unter die Amnestieregelung fallen. Gleiches gilt für Patienten, die 4 Pflanzen zur Eigenversorgung angebaut oder Menschen, die geringe Mengen Cannabis eingeführt haben.

  • Patienten und Großhändler werden illegalisiert

Ein hoffentlich nur handwerklicher Fehler liegt in § 41 Strafvorschriften vor. Der Besitz aufgrund ärztlicher Verschreibung und der Handel bzw. Anbau zu medizinischen Zwecken soll “nicht bestraft werden”. Damit ist trotzdem eine Rechtswidrigkeit des Handelns gegeben. Damit wäre der Geschäftszweck der heutigen medizinischen Großhändler illegal. Patienten mit ärztlicher Verschreibung wären explizit von der Pflicht einer Erlaubnis für den Erwerb und damit für den Besitz augenommen, in Zukunft wäre ihr Handeln damit im Grunde illegal –  und nur straffrei.

Korrektur: Die entsprechenden Handlungen sollten explizit von der Strafbarkeit befreit werden.

  • Folgen der Zulassungspflicht von Vermehrungsmaterial

Um die Qualität des angebauten Cannabis sicherzustellen, darf für den Anbau nur Vermehrungsmaterial verwendet werden, das gemäß § 14 vom Bundessortenamt zugelassen wurde.

“Das Vermehrungsmaterial (also das Saatgut, Edelreiser oder Steckhölzer) der geschützten Sorte darf allein vom Sortenschutzinhaber der geschützten Sorte erzeugt, aufbereitet, in Verkehr gebracht, ein- oder ausgeführt werden (§ 10 SortSchG). Dieser Grundsatz gilt auch, wenn eine Sorte sich von der geschützten Sorte nicht deutlich unterscheiden lässt, oder deren Erzeugung die fortlaufende Verwendung der geschützten Sorte erfordert (z.B. Hybridsorten), des Weiteren wenn eine Sorte von der geschützten Sorte (Ausgangssorte) im Wesentlichen abgeleitet worden ist.” – Über die “Wirkung des Sortenschutzes” aus dem Wikipedia Artikel zum Sortenschutz. de.wikipedia.org/wiki/Sortenschutz#Wirkung_des_Sortenschutzes

Die Beschränkung nur auf zugelassene Sorten löst kein bekanntes oder relevantes Problem, das es mit der Qualität geben könnte. Wurde eine ökonomische Folgenabschätzung durchgeführt? Nach diesen Regeln haben nur existierende und damit ausländische Samenbanken eine Chance auf Zulassungen. Würde beispielsweise ein großer Anbieter versuchen, sein gesamtes Sortiment anzumelden, und all jene mit “deutlichen Unterschieden” würden zugelassen, würde dies den Raum der Sorten, die noch zugelassen werden könnten, enorm einschränken,  sodass es kaum noch deutlich unterscheidbare Arten gäbe. Damit hätte diese Samenbank praktisch für die nächsten 25 Jahre das Monopol auf Cannabis-Saatgut. Auch eine Konzentration auf einige wenige Anbieter wäre bedenklich.

Wozu wird der Tausch von Vermehrungsmaterial unter den Clubs ermöglicht, wenn es sich sowieso nur um eine der zugelassenen Sorten handelt?

  • Handwerkliche Anmerkungen

Im BtMG sind, abgesehen vom Konsum, alle Umgangsformen mit Betäubungsmitteln wie Cannabis erlaubnispflichtig. Über §3 BtMG können pharmazeutische Unternehmen, Forscher, aber auch Patienten eine entsprechende Erlaubnis beantragen. Eine solche allgemeine Klausel fehlt im Gesetz.

Unnachsichtige Folgen: Aus Patientensicht war der § 3 BtMG der Hebel für die vor Gerichten erstrittenen Fortschritte im Bereich Cannabis als Medizin. Ohne die Urteile zum Recht auf den Erwerb und später den Anbau von Cannabis durch Patienten hätte es das heute geltende Cannabis-als-Medizin-Gesetz nicht gegeben. Über die Abschaffung dieses rechtlichen Weges wird uns Patienten eine Antragsmöglichkeit und damit ein Druckmittel genommen, um weitere Reformen zu erstreiten. Zahlreichen Patienten wird bis heute die Kostenübernahme durch die Krankenkasse verweigert, damit sie sich rechtlich in der gleichen Situation wie der Kläger befinden, der damals sein Recht auf Eigenanbau erstritten hatte. Sie könnten nach dem heutigen BtMG einen Antrag auf Eigenanbau einklagen, um ihre Eigenversorgung zu sichern und/oder faire Regeln zu erwirken.

  • Kein Hürde zu hoch, kein Club zu klein

Durch den hohen regulatorischen Aufwand und unabhängig von der Größe der Clubs werden diese gezwungen, möglichst groß zu werden und möglichst viel Umsatz zu machen. Es wäre sinnvoll, wenn auch kleinere Clubs mit nur 50 bis 100 Mitgliedern möglich wären, für die dann deutlich niedrigere, angemessene Standards gelten sollten.

Politisches Detail: Mit dem Cannabisgesetz soll Huckepack ein Rauchverbot in geschlossenen Fahrzeugen in Anwesenheit von Minderjährigen und Schwangeren beschlossen werden. Über den Sinn oder Unsinn dieses verfassungsrechtlich bedenklichen Eingriffs lässt sich streiten, dies ist allerdings eine andere Debatte und hat nichts im Cannabisgesetz zu suchen.

vgl. auch www.aerzteblatt.de/nachrichten/133782/Kein-schneller-Schutz-von-Kindern-vorm-Rauchen-im-Auto-zu-erwarten vom 29. April 2022.

Der Autor

Maximilian Plenert, über 25 Jahre Grüne Drogenpolitik, Bundesvorstand von Akzept e.V., Mitglied in Schildower Kreis und LEAP, langjähriger Mitarbeiter des DHV und teilnehmender Experte an den Konsultationen des Bundesdrogenbeauftragten zur neuen Cannabispolitik der Bundesregierung.