LSD ist eine weltweit gesellschaftlich geächtete und gebannte, also verbotene Substanz. Gleichzeitig hat LSD die Gesellschaften der Erde nachhaltig verändert, beeinflusst und inspiriert. Die Bedeutung der psychedelischen Erfahrung spielt für die soziokulturelle Genese der vergangenen Jahrzehnte eine immense Rolle. Zum einen brachte die interdisziplinäre Erforschung der Psychedelika und der veränderten Bewusstseinszustände das wissenschaftliche Weltbild ins Wanken, zum anderen entsprang ein Großteil des Einflusses von LSD und Psychedelika aus Aktivitäten des Untergrunds und etablierte sich erst nach und nach im Mainstream, vor allem durch Künstler, Kreative und Wissenschaftler aller Couleur, deren Erfahrungen sich in ihrer Kunst, ihren Erfindungen und Forschungen widerspiegelten.
Am 19. April vor 75 Jahren entdeckte der Schweizer Chemiker Albert Hofmann die psychoaktiven Eigenschaften des LSD (das er fünf Jahre zuvor entwickelt hatte). 24 Jahre später hatte LSD endgültig die Welt erobert und beflügelte den US-amerikanischen Summer of Love von 1967, die Geburt der modernen psychedelischen Kultur. Diese Bewegung begann dann 1968 – vor genau 50 Jahren – aus dem Untergrund die Umwälzung gesellschaftlicher Konventionen. LSD, die anderen Psychedelika und die Hippiekultur veränderten Kunst, Kultur, Wirtschaft, Erziehung und Umweltbewusstsein nachhaltig. Die Inspirationen aus der Psychedelik der 60er und 70er sind heutzutage allgegenwärtig. In Literatur, Musik und bildender Kunst, in Kino und Fernsehen, in Werbung, Produktdesign und Alltagsleben sind die Einflüsse der psychedelischen Kultur inzwischen zur Normalität geworden.
Die vorliegende Lucy’s Rausch widmet sich als Sonderausgabe dem Jahrestag des LSD und thematisiert die Entstehung der psychedelischen Bewegung. Auf diesmal 128 statt 112 Seiten haben wir unter anderem Beiträge von Ralph Metzner und Ram Dass, Timothy Leary, Susanne G. Seiler und Wolfgang Bauer zusammengetragen, die die Geschehnisse von damals aus erster Hand dokumentieren. Ein Text von Albert Hofmann und eine literarische Collage zu LSD bilden dafür die Grundlage.
Der Ethnopharmakologe Christian Rätsch gibt einen Überblick über die Vielfalt psychedelischer Rockmusik für Kenner, Claudia Müller-Ebeling berichtet über die LSD-Kunstrichtung Blotter Art. Der Psychiater und Psychotherapeut Peter Gasser erzählt von seiner Arbeit mit LSD als Psychotherapeutikum, Michael Schlichting über die Anfänge der Psycholytischen und Psychedelischen Therapie. Daneben präsentieren wir Beiträge zu Microdosing, psychedelischem Cannabis, spirituellem Leben und viele mehr.
Ganz besonders am Herzen liegt mir der Beitrag von Bewusstseinsforscher Stanislav Grof. Er beschäftigt sich mit den Konsequenzen, die sich aus der reflektierten Beschäftigung mit holotropen Bewusstseinszuständen ergeben – ein Lebensweg, den wir Psychonautik nennen. Im Angesicht der verheerenden politischen, gesellschaftlichen und ökologischen Lage, mit der wir gegenwärtig konfrontiert sind, vermag die ernsthafte Beschäftigung mit veränderten Bewusstseinszuständen und spiritueller Philosophie ein fruchtbares Potenzial zu entfalten, das der Heilung des kollektiven Bewusstseins dient – und damit unseres Lebensraums, der Erde.
Markus Berger, Chefredakteur