UK: Frau stirbt nach Einnahme von synthetischen Cannabinoiden

Fragwürdige Berichterstattung seitens der Boulevard-Presse

Symbolbild: Cannabisblüte mit Fruchtgummis (By Elsa Olofsson via unsplash)

Eine 23-Jährige aus London starb am 2. April nach der Einnahme von synthetischen Cannabinoiden. Gemeinsam mit einer Freundin konsumierte die junge Frau die offenbar als «Cannabis-Gummibärchen» deklarierten Süßwaren. Die Freundin wurde mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen.

Geordert wurden die «Gummibärchen» via unspezifizierter Messaging-App. Verpackt waren die Süßigkeiten als «Trrlli Peachie O’s», einer Adaption der im Vereinigten Königreich beliebten Marke Trolli (die auch im deutschsprachigen Raum bekannt ist) und deren Pfirsichringe. Ein 37-Jähriger aus Südlondon wurde in Verbindung mit der Tat verhaftet. Laut Scotland Yard befanden sich vergleichbare Produkte und größere Mengen Bargelds in seinem Besitz.

Unfälle mit synthetischen Cannabinoiden sind Produkte der Prohibition

Sachverständige bemängeln seit Jahrzehnten, dass die herrschende (Cannabis-)Prohibition zu einer gesteigerten Verbreitung von synthetischen Cannabinoiden auf dem Schwarzmarkt führt. Als Grund dafür gelten unter anderem die leichte Beschaffung über das Darknet, hohe Gewinnmargen sowie die Tatsache, dass die betreffenden Substanzen lange Zeit gesetzlich unreguliert waren.

Aufgrund der mangelnden Etikettierung und der oft unklaren Nebenwirkungen raten Experten vom Konsum synthetischer Cannabinoide ab, da diese ungleich zum «herkömmlichen» Cannabis tatsächlich schwerwiegende gesundheitliche Probleme hervorrufen können.

Stuart Bell, Officer der Metropolitan Police in London, verfolgt – leider wenig überraschend – weiterhin die Argumentation der Prohibition:

„Drogenhändler schaden der Gesellschaft und gefährden die Sicherheit des Einzelnen. Wir werden gezielt gegen diejenigen vorgehen, die in diese Aktivitäten verwickelt sind, sowie gegen diejenigen, die im Besitz dieser Substanzen angetroffen werden“.

Unseriöse Berichterstattung über Cannabis-Unfälle

Unglücklicher dagegen ist die betreffende Berichterstattung diverser Magazine und Tageszeitungen. So überschrieb die BBC den Vorfall mit «Gummies: Woman dies after eating ‚cannabis‘ gummy sweet» (zu deutsch: «Gummibärchen: Frau stirbt nach Verzehr von „Cannabis“-Gummibonbons»), und der Guardian titelte: «Woman dies in east London after eating ‘cannabis sweet’» (zu deutsch: «Frau stirbt im Osten Londons nach dem Verzehr von „Cannabis-Bonbons»).

Während unterschlagen wird, dass es sich dabei um synthetische Cannabinoide und nicht um herkömmliches Cannabis handelte, wird zumindest der Begriff «Cannabis Sweets» in Anführungszeichen gesetzt.

Nahezu alle verbleibenden, relevanten Magazine unterließen es, direkt auf diesen Umstand zu verweisen – der, wie oben angedeutet, nicht als Marginalie gehandelt werden sollte, da es sich bei Cannabis und synthetischen Cannabinoiden um unterschiedliche Substanzen handelt.

Diese Berichterstattung steht symbolisch für einen Trend, der sich auch in diversen deutschsprachigen Medien bemerkbar macht, in dem (unbewusst) der politischen Ideologie der Prohibition das Wort geredet wird – eine fehlende kritische Distanz, die seriöser Berichterstattung widerspricht.

So schreibt beispielsweise «RTL News»: «Frau stirbt nach Verzehr von EINEM Cannabis-Bonbon» – ein Verweis darauf, dass dies mehr in der derzeitigen Drogenpolitik, denn in der Droge selbst begründet liegt, fehlt selbstverständlich. Die unpräzise (wenn nicht falsche) Nachricht, die einem Gros der Leserschaft nach der Lektüre der Überschriften im Kopf verbleibt: «Cannabiskonsum kann tödlich enden.».

Für Schockmeldungen und Klicks mögen entsprechende Überschriften dienlich sein. Ein seriöser Diskurs, der schlussendlich der ganzen Gesellschaft zugute kommen würde, wird damit jedoch nicht vorangetrieben.

 

Dirk Netter