Lucy’s Mix Nr. 4

Gras aus Kanada

Deutsche Cannabispatienten müssen immer wieder Lieferengpässe beim niederländischen Produzenten Bedrocan hinnehmen – und dann fehlt ihnen ihre Cannabismedizin aus der Apotheke. Dem setzt die Bundesregierung jetzt etwas entgegen: Seit August wird in deutschen Apotheken auf Anfrage Gras aus Kanada angeboten, das Patienten mit einer Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung medizinischer Cannabisblüten erwerben dürfen. Vier neue Sorten stehen zur Verfügung: Argyle (Strain CBD Nordle), Houndstooth (Super Lemon Haze), Princeton (Ghost Train Haze #1) und Penelope (CBD Skunk Haze). Eigentlich könnten sich die Patienten über die Aktion freuen; sie zeigt jedoch auch die ablehnende Haltung der Regierung zum Eigenanbau. Anstatt diesen den Patienten zu gestatten, importiert man Cannabis aus Übersee – und an den ökologischen Fußabdruck der Aktion hat offenbar keiner gedacht.


Fotos: Carhart-Harris et al.

LSD im menschlichen Gehirn

Der britische Neuropsychopharmakologe und Drogenforscher David Nutt, ehemaliger Drogenbeauftragter Englands, hat zusammen mit einer Forschergruppe am Londoner Imperial College mittels bildgebender Verfahren untersucht, welche Aktivitäten LSD (Lysergsäurediethylamid) im menschlichen Gehirn auslöst. Die Studie zeigt unter anderem, dass unter LSD-Einfluss Gehirnareale miteinander verknüpft werden, die sonst nicht interagieren. So werden beispielsweise visuelle Reize eines auf LSD reisenden Menschen nicht nur vom visuellen Cortex (dem Sehzentrum), sondern auch von Hirnregionen verarbeitet, die im Normalbewusstsein nicht auf diese Sinnesreize reagieren.

Der an der Studie beteiligte Forscher Robin Carhart-Harris erklärte: «LSD verbindet das Gehirn zu einem großen Ganzen.» Das Interessante daran ist: Es gibt auch Gehirnregionen, die normalerweise zusammenarbeiten, auf LSD aber voneinander abgetrennt werden, sodass es zu Erfahrungen wie Ich-Auflösung und Verschmelzung mit dem All-Einen und dem Universum kommen kann. Die 20 Probanden hatten 75 Mikrogramm LSD bekommen; danach wurden sie mittels Magnetresonanz-Tomographie (MRT), Magnetenzephalographie und einer weiteren bildgebenden Technologie untersucht.

www.nature.com/news/brain-scans-reveal-how-lsd-affects-consciousness-1.19727;
www.pnas.org/content /113/17/4853.abstract

Rodrigo Duterte Foto: Sitevjr /CC BY 4.0

Drogenterror auf den Philippinen

Rodrigo «Rody» Roa Duterte (*1945), ein ehemaliger Drogenfahnder der Polizei, ist seit Juni 2016 Präsident der Philippinen und will mit Drogenkonsumenten und -dealern aufräumen. Der Hardliner Duterte rief öffentlich dazu auf, Drogengebraucher zu denunzieren und «Drogensüchtige» zu ermorden. «Wenn Sie irgendwelche Abhängige kennen, gehen Sie hin und töten Sie sie – ihre Eltern dazu zu bringen, wäre zu schmerzhaft.» (Zitiert nach The Guardian, 1. Juli 2016).

Seit Rodrigo Duterte im Amt ist, wurden über 1000 Verdächtige bei Polizeieinsätzen getötet, mehr als 15 000 sitzen im Gefängnis. 686 000 Drogennutzer und Kleindealer haben sich bisher (Stand Sept. 16) aus Angst um ihr Leben freiwillig gestellt. Laut Berichten kam es seit Dutertes Mordaufruf zu mehr als 1500 ungeklärten Tötungen. Offiziell gab es in den ersten beiden Monaten des Drogenkriegs 2446 Tote, doch die Dunkelziffer liege wohl «weitaus höher», so der Hanfverband. Auf einen Interventionsversuch der UNO antwortete Duterte lapidar, er kümmere sich nicht um Menschenrechte. Jetzt hat der in der Drogenpolitik engagierte deutsche Pfarrer Michael Kleim eine Petition an den Papst lanciert, die fordert, Duterte zu exkommunizieren. Da das Oberhaupt der katholischen Kirche auf den Philippinen großen Einfluss hat, hofft Kleim, dass sich der Präsident dadurch in die Schranken weisen lässt.

DHV-Zusammenfassung: bit.ly/2cePTSh;
Guardian-Originalmeldung: bit.ly/29vLD0T

Podiumsdiskussion mit Hannes Hergarten, Urs Rohr, Lars Stark und Hans Cousto Foto: Urs Wittwer

20 Jahre Eve & Rave

Die Schweizer Zweigstelle des Vereins Eve & Rave, der 1994 in Berlin gegründet wurde, feierte am 17. September 2016 ihr 20-jähriges Bestehen. Am 16. Februar 1996 fand in Solothurn die Gründungsversammlung des Schweizer Eve & Rave-Ablegers statt; Initiator und Präsident in den ersten 10 Jahren war Roger Liggenstorfer, heute Leiter des Nachtschatten Verlags. Seither ist Eve & Rave ein wichtiger Teil der Schweizer Party- und Feierkultur.

Bei einem Podium zur 20-Jahr-Feier in Zürich referierten nebst den Gründervätern Liggenstorfer und Hans Cousto der aktuelle Eve & Rave-Präsident Koni Wäch, Christian Kobel (Leiter der Jugendberatung Streetwork Zürich, Lars Stark (ärztlicher Leiter der Arud), Urs Rohr von der Suchtpräventionsstelle der Stadt Zürich und Hannes Hergarten (Präsident von Safer Dance Schweiz). Danach gab es eine große Benefiz-Party. Streetwork Zürich unterstützte den Anlass mit einem Drug-Checking-Angebot und führte total 44 Analysen durch.

www.eve-rave.ch; www.eve-rave.net

Mr. Nice ist tot

Howard Marks, weltweit bekannt als Mr. Nice, starb am 10. April 2016 im britischen Leeds. Er wurde 70 Jahre alt. Geboren am 13. August 1945 im walisischen Kenfig Hill (UK), hatte er in den 60ern an der Elite-Universität Oxford erfolgreich ein Studium abgeschlossen. Als Drogenschmuggler war er zeitweise einer der meistgesuchten Männer der Welt – denn Cannabisprodukte, sein Hauptgeschäft, waren zu Howards Zeiten nun mal weltweit illegalisiert. Erst 2015 hatte Howard Marks verkündet, dass er an Darmkrebs erkrankt war. Er starb im Beisein seiner vier Kinder.


Über 60 Aktivisten der Drug Policy Alliance (DPA) verteilten in Kostümen aus der Zeit der US-Alkoholprohibition vor dem UNO-Gebäude ihre Zeitung Post-Prohibition Times.

Protest an der UNGASS 2016

Die UNO-Sondersitzung zum Thema Drogenpolitik vom 19.– 21. April 2016 war die erste ihrer Art seit 1998, als der illusorische, aber offizielle Slogan hieß: «Eine drogenfreie Welt – wir können es schaffen!» Leitmotiv der UNGASS 2016 war eine bessere Zukunft für die Jugend der Welt. Am Eröffnungstag verteilten Aktivisten vor dem UNO-Gebäude Kopien der Post-Prohibition Times mit einem offenen Brief an den UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon «für eine wirkliche Reform der globalen Drogenpolitik ». Zu den Unterzeichnenden gehören die ehemaligen Präsidenten von Mexiko, Kolumbien, Brasilien, Chile, Nigeria, Kap Verde, der Schweiz und Portugal; die US-Senatoren Elizabeth Warren, Cory Booker, Bernie Sanders und Hillary Clinton; Geschäftsleute wie Warren Buffett, George Soros und Richard Branson; die Schauspieler Michael Douglas und Jane Fonda sowie der Superbowl-Champion Tom Brady. Auch zahlreiche ehemalige UN-Beamte haben den Brief unterschrieben. Der UNO-Sicherheitsdienst beschlagnahmte jedoch die Zeitungen, und die Konferenzteilnehmer durften das Gebäude mit der Zeitung nicht betreten. Pressefreiheit scheint bei der UNO nicht hoch im Kurs zu stehen. Einmal mehr missachten Prohibitionisten fundamentale Menschenrechte – hier das Recht auf freie Information – und willige Beamte stehen bereit für den Vollzug dieser repressiven und völlig überflüssigen Maßnahme. Ein trauriger Tag für die UNO.

www.drugpolicy.org/ungass2016?page=1