Du kreierst psychedelische DJ-Sets, die dein Publikum nächtelang verzaubern. Was ist deine Intention als psychonautischer DJ?
«Good Vibes Music from La Gomera» ist der Untertitel meines Soundcloud-Kanals – und das ist Programm. Unter Good Vibes Music verstehe ich alles, was dich trägt, inspiriert, animiert, ein Wohlgefühl aufkommen lässt und vor allem den ständigen Strom der Gedanken anhält, sodass du ins Schweben kommst und richtig tief eintauchen und genießen kannst. Kurz gesagt: «Out of the brain, into the body», dann kommt der Rest von selbst.
Geht es dir ausschließlich um den Spaß an der Sache oder hast du eine Botschaft?
Es geht nicht nur um Spaß, sondern darüber hinaus um die Verbindung mit dir selbst. Es ist eine der stärksten Meditationen, diese Sets sowohl zu kreieren als auch dazu zu schwingen. Dieses vollkommen natürliche Schwingen zum Sound verbindet uns mit allem, was ist, denn: Nada brahma, alles schwingt!
Welche Musikstile verquickst du am liebsten?
Musikstile sind sehr wandelbar und ungenau. 2016 versteht man unter Minimal oder Deephouse oder auch Trance etwas anderes als noch vor fünf Jahren. Ich halte nicht viel von Kategorisierungen, die kommen aus dem Kopf. Meine Selektionen erfolgen ausschließlich nach der Art des Energiefeldes, das diese Musik erschaffen kann; es geht darum, was man fühlt, wie sie funktioniert und nicht danach, wie der Verstand diese Musik bezeichnen würde. So gesehen ist fast alles Techno, was ich spiele.
«Energien und Sounds, die zum richtigen Zeitpunkt ineinander morphen»
Diesen Sommer liebe ich besonders den sogenannten Ethereal Techno, der von Labels wie Steyoyoke, Definition, Selador und einigen anderen etabliert wurde und im Moment viele Künstler inspiriert. Er zeichnet sich aus durch Mystik, Deepness und treibende Sechzehnteltriolen, die sich subtil im Hintergrund aufbauen, und natürlich durch den massiven Einsatz von modulierten Vintage-Synthesizern. Letztendlich aber leben vor allem meine längeren Sets von der Fusion verschiedenster Energien und Sounds, die zum richtigen Zeitpunkt ineinander morphen.
Seit wann bist du als DJ unterwegs und wie kamst du zur Musik?
Mit 12 Jahren hörte ich schon Disco-Platten, und als ich 13 war (1976), schenkten mir meine Cousins ihren Kassettenrecorder mit allen Tapes. Ich tauschte meine Matchbox-Sammlung gegen meinen ersten Verstärker und baute mir Boxen mit Lautsprechern vom Sperrmüll, so fing alles an. Mit einem Freund machte ich Schuldisco und Privatpartys.
«Im besten Fall werden wir alle in mancher Nacht eins.» Abu.Id
Mit 16 gründete ich eine Band, aber erst 1996 erwischte mich die Techno-/Trance-Welle total. Ich ließ die Rockmusik hinter mir und kaufte mir zwei Technics-Plattenspieler, die ich heute noch habe und zuhause oft genieße. Hier auf La Gomera, dieser speziellen Insel mit ihrer magischen Energie und ihrem bunten Mix an Kulturen, hat sich mein Verständnis für Musik und ihre Wirkung so weiterentwickelt, dass ich immer besser verstehen und vor allem fühlen lernte, auf was es wirklich ankommt. Dafür bin ich sehr dankbar.
Wie stehst du selbst zur Psychonautik?
Psychonautik ist ein mächtiges Tool und ein Weg, wie du einmal so schön sagtest, das eigene geistige Betriebssystem mit allem Datenmüll wieder in den Urzustand zu versetzen. Psychedelische Erfahrungen haben auch mir das Tor aus der Illusion geöffnet und tun es immer wieder. Ich meine damit aber keinen Spaß-/Party-Use, sondern rituellen Gebrauch.
Wie wichtig sind dir als DJ die Gemeinschaft und die Vibes aus dem Publikum?
Mir ist die Verbindung zum Tribe, zu den Leuten vor mir, superwichtig. Sie sind ein ebenso wichtiger Faktor für ein gelungenes Event wie die Künstler, das Soundsystem und natürlich der Ort. Im besten Fall werden wir alle in mancher Nacht eins. Und Leute, lasst bitte die Phones zuhause oder im Gepäck, wenn ihr tanzen geht. Smartphones sind Partykiller! And then … close your eyes, feel the music and fly away!
Interview Markus Berger