Psilocybin gegen Rauchen

Psychedelic Science News

Jedes Jahr sterben in Deutschland weit über 100 000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Psilocybin, der psychedelische Wirkstoff der Zauberpilze, könnte dabei helfen, diese Zahlen zu senken.

Neben Aufklärung und Prävention ist die Suchttherapie das wichtigste Mittel, um von Nikotinsucht betroffene Menschen beim Aufhören zu unterstützen. Klassische Therapieansätze verhelfen jedoch nur circa 30 Prozent der Teilnehmer dazu, für 12 Monate oder länger mit dem Rauchen aufzuhören. Forscher um Matthew W. Johnson von der John Hopkins Universität in Baltimore, USA, wollen deshalb einen Umbruch im Umgang mit an Nikotinsucht Erkrankten wagen: die Psilocybin-gestützte Suchttherapie, welche Elemente der klassischen Suchttherapie mit gut vorbereiteten psychedelischen Erfahrungen verbindet.

Für ihre Pilotstudie fanden die Forscher 15 Freiwillige, die im Mittel seit 30 Jahren rauchten und im Schnitt sechs gescheiterte Versuche hinter sich hatten, mit dem Rauchen aufzuhören. Die Therapie startete mit vier klassischen Therapiesitzungen im Abstand von je einer Woche. In einer ersten psychedelischen Sitzung wurde den Probanden im Rahmen einer gemeinsamen Therapiestunde eine moderate Dosis Psilocybin (20 mg/70 kg Körpergewicht) verabreicht. Ab diesem Stichtag galt es auch für alle Teilnehmer, mit dem Rauchen aufzuhören. Die Teilnehmer bekamen zwei Wochen Zeit, ihre erste Psilocybinerfahrung zu verarbeiten, dann folgte die zweite psychedelische Sitzung. Diesmal wurde ihnen eine stärkere Dosis Psilocybin (30 mg/70 kg) verabreicht, die sie wieder in einer geleiteten Therapiestunde zu sich nahmen. Nach einer einmonatigen Integrationszeit stand es den Probanden frei, an einer dritten Psilocybin-gestützten Therapiesitzung teilzunehmen. Damit endete die Therapie. Nun galt es für die Teilnehmer, die individuellen Erfahrungen und das von vielen als spirituell empfundene Erleben während des Psilocybin-Rausches in ein Ablegen der Sucht umzuwandeln.

Nach zehn Wochen sowie nach drei, sechs und zwölf Monaten wurden die Teilnehmer mittels Atem- und Urintests auf ihr Rauchverhalten getestet. In Selbstauskunftsbögen trafen sie zudem Aussagen zu ihrem persönlichen Wohlbefinden, Verhalten und ihrer Spiritualität. Das Ergebnis: Zehn Personen (60 Prozent) waren auch nach zwölf Monaten immer noch rauchfrei: eine Erfolgsverdoppelung im Vergleich zu etablierten nicht-psychedelischen Therapieformen.

Die Forscher fanden dabei einen Zusammenhang zwischen dem selbst angegebenen spirituellen Empfinden während der Psilocybinerfahrung und dem Erfolg der Therapie (r = 0,55; p = 0,03). Ganz ohne Hindernisse war die psychedelische Therapie aber nicht für alle: Eine Person gab an, im psychedelischen Zustand schwere Kindheitserinnerungen wieder erlebt zu haben, was ihr allgemeines Wohlbefinden auch zwölf Monate später noch beeinträchtigte.

Obwohl diese Pilotstudie nur wenige Teilnehmer und keine interne Kontrollgruppe hatte, sehen die Autoren die Ergebnisse als wichtigen ersten Erfolg. Eine zweite Studie mit mehr Probanden und interner Kontrollgruppe läuft bereits seit 2016. Den Link zur Studie findet ihr hier.

Matthew W. Johnson et al., 2016: «Long Term follow-up of psilocybin-facilitated smoking cessation». The American Journal on Drug and Alcohol abuse, Vol. 43.

Linus Naumann