Am 4. Mai 2019 wurde in zahlreichen Städten weltweit* der alljährliche Global Marijuana March zelebriert. Hanfaktivisten, Patienten und Konsumenten aus aller Welt fanden sich zusammen, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass Cannabis kein „Teufelskraut“ ist und dass Cannabis-User normale Menschen sind – welche jedoch aufgrund einer fragwürdigen politischen Situation unverhältnismäßig kriminalisiert werden. Deshalb wird mit dem internationalen GMM für eine vernunftbasierte Cannabis-Politik demonstriert. Wir haben uns für euch auf den Weg nach Frankfurt gemacht, um über den GMM zu berichten:
„Dem Wahren, Schönen, Guten“, prangt am Dachfries der Alten Oper, dem Startpunkt der Demonstration. Ein gleichermaßen passender Slogan für diese Veranstaltung, genau wie der diesjährige GMM-Leitsatz „Keine Pflanze ist illegal!“.
Trotz der unangenehm niedrigen Temperaturen und des schauerhaften Regenwetters fanden sich einige Hanffreundinnen und -freunde zusammen, um den Kundgebungen zu lauschen.
Nahe des Roßmarktes hielt der Zug an, damit die Demonstranten einigen Rednern zuhören konnten – darunter auch ein Frankfurter Abgeordneter der PARTEI. Die Polizei bat unterdessen die Veranstaltungsleiterin – vermutlich aufgrund des permanent süßlichen Geruchs –, dass „doch bitte nicht auf der Straße konsumiert werden möge“. Einmal wieder machte sich die Ratlosigkeit einiger Ordnungshüter bemerkbar. Denn unter den Teilnehmenden befanden sich mehrere Cannabispatientinnen und -patienten, die ihre Medizin völlig selbstverständlich auch in der Öffentlichkeit einnehmen dürfen. Glücklicherweise blieben die Demonstrierenden jedoch von der Polizei weitestgehend unbehelligt.
Vor der Frankfurter Staatsanwaltschaft, auf der in großen, ehernen Lettern der Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ angebracht ist, blieb der Zug ein weiteres Mal stehen und die Cannabispatientin und -aktivistin Magda Sebelka kam zu Wort. Sie lieferte ein Paradebeispiel für die Diskriminierung, der die Betroffenen ausgeliefert sind: Trotz der Anerkennung durch Arzt und Krankenkasse bekam sie zahlreiche Probleme mit der Justiz; Mitgefühl der zuständigen Behörden ist nicht wahrzunehmen.
Wenn kranken Menschen ihr Medikament verwehrt wird, oder sie dazu gezwungen sind, minderwertiges, überteuertes Cannabis aus der Apotheke zu kaufen, anstatt sich die eigentlich anspruchslose Pflanze auf dem Balkon zu ziehen, dann darf ganz offen die Frage gestellt werden, ob hier nicht mit der Würde des Menschen gespielt wird.
Unter „Legalize It!“-Rufen und begleitet von entspannten Reggae-, Hiphop- und House-Beats zog der Demotross schließlich in Richtung Opernplatz. Von Passanten und Touristen ernteten die Demonstrierenden freundliche Zurufe, und viele filmten den Zug mit ihren Smartphones.
Offensichtlich ist die Zeit reif für einen Wandel in der Cannabis-Handhabung – jedoch stellen wir uns während des Heimweges die Frage, wie sinnvoll es ist, lediglich für die Legalisierung von Cannabis zu streiten. Zwar ist eine Entkriminalisierung bzw. Legalisierung von Cannabis definitiv zu befürworten, es lässt aber auch die vielen anderen psychoaktiven Substanzen außer Acht, die immer noch unverhältnismäßig und willkürlich kriminalisiert werden.
Eine evidenzbasierte Drogenpolitik nimmt nicht eine einzige Substanz in den Blick, sondern sollte alle psychoaktiven Substanzen gleichermaßen betrachten. Der „War On Drugs“ ist gescheitert, Jugendschutz und Prävention sind mit der derzeitigen restriktiven Drogenpolitik nicht zu vereinbaren. Auch wenn dies für konservative Politiker offenbar schwer zu begreifen ist – eine vernünftige Legalisierung aller Substanzen ist selbst für Drogengegner die beste Lösung.
Von der Prohibition profitiert überwiegend der Schwarzmarkt und damit das organisierte Verbrechen. Verfolgt werden in erster Linie unschuldige Konsumentinnen und Konsumenten, die im Zweifelsfalle niemandem schaden, außer sich selbst.
Deshalb:
Legalize It!! (aber nicht nur Cannabis!)
* In Dresden, Freiburg, Konstanz, München und Viersen finden die Demonstrationen am Samstag, dem 11. Mai 2019 statt.
Dirk Netter, Mirko Berger