Vor etwa 60 Jahren entdeckte der berühmte Ethnobotaniker R. G. Wasson (1898 bis 1986) zusammen mit seiner Frau einen alten Pilzkult in Oaxaca, Mexiko. Aus der Erforschung resultierte die Beschreibung neuer Arten durch Roger Heim (1900 bis 1979) in Frankreich, und Albert Hofmann (1906 bis 2008) berichtete im Januar 1958 über die Entdeckung des Wirkstoffes Psilocybin und dann bald der instabilen Vorstufe Psilocin (GARTZ 1999, 2014A).
Die frühen Berichte über Expeditionen nach Mexiko mit verschiedenen Erwartungen und Erfahrungen sind auch heute noch spannend zu lesen (GARTZ 2014B). Die Faszination dieser klassischen Erforschung ist bis heute ungebrochen: So hat sogar der afrikanische Staat Togo eindrucksvolle Briefmarken zur Erinnerung an Wasson in heutiger Zeit herausgegeben.
Meine eigenen Untersuchungen wurden durch Berichte über eigenartige psychoaktive Wirkungen bei Risspilzen wesentlich mit beeinflusst, die sonst immer nur Vergiftungen mit Muscarin verursacht hatten (GARTZ 2011): Aus heutiger Sicht war es ein Glücksfall, dass der Pionierartikel von Gerhard Drewitz (1921 bis 2001) erschien, kurz nachdem ich begann, Pilze von der Weide zu untersuchen. So konnte erstmalig in der Inocybe aeruginascens Babos Psilocybin nachgewiesen werden, was im Februar 1985 publiziert wurde. Als besonders «wertvolles Nebenprodukt» konnte eine neue analoge Substanz zum Psilocybin gefunden werden, die der Wissenschaft auch bezüglich der chemischen Synthese noch unbekannt war und nur in der Inocybe aeruginascens vorkommt (GARTZ 1999, 2011, 2014A). Die exakte Isolation dieses Aeruginascins aus Pilzmaterial und nachfolgender Synthese wurde mehrmals beschrieben (GARTZ 2014B). Dieser Stoff scheint modifizierend bei der psychoaktiven Wirkung der Pilze zu wirken und ist bisher nicht gesetzlich erfasst (GARTZ 2011, GARTZ 2014B).
Neben dieser spektakulären Entdeckung konnte ich im Rahmen meiner Habilitationsarbeit und den idyllischen Bedingungen in der DDR bezüglich der Erforschung dieser Pilze auch umfangreiche Arbeiten zur Kultivierung durchführen. So konnten erstmalig in vitro Fruchtkörper von Gymnopilus purpuratus (Cooke & Massee) Singer und Psilocybe bohemica Sebek erhalten werden, und verschiedene Anzuchtverfahren zeigten auch bei der bekannten europäischen Art Psilocybe semilanceata (Fr.) Kummer Erfolg (GARTZ 1999, 2014A). Besonders erfolgreich waren auch Versuche zur Biotransformation von Fremdsubstanzen, die den Kulturmedien für Psilocybe cubensis (Earle) Singer zugesetzt wurden. Die ohnehin als einfachster Zuchtpilz seit 40 Jahren bekannte Spezies tolerierte nicht nur hohe Dosen an Tryptamin, sondern auch von Stoffen mit Ethylund Propylgruppierungen, die in der Natur nicht vorkommen. Hier entstanden erstmalig biotechnologisch im Pilz die psychoaktiven Diethylanalogen des Psilocybins und Psilocins, die Albert Hofmann 1959 synthetisch hergestellt hatte. Dabei konnte auch erstmalig eine grünblaue Verfärbung der Psilocybe cubensis bei Druck beobachtet werden. In Analogie zur Oxydation des Psilocins, die zu blauen bis tiefblauen Verfärbungen führt, verfärbt die Diethylverbindung, so wie diese speziellen Pilze, bei Einwirkung von Sauerstoff. Die resultierenden sechs DDR-Patente zur Pilzkultur wurden im Original abgedruckt (Gartz 2014b):
Faszinierend für den Mykologen ist die Auffindung von neuen Arten, die bisher noch nicht beschrieben wurden. Mit neuen Arten meine ich im klassischen Sinne die Abgrenzung der schon bekannten Pilze von Aufsammlungen mit konstanten, differenten Merkmalen. Heute gibt es auch Mykologen, z. B. aus Mexiko, die, allein sammelnd, dann winzige Details zur Artdifferenzierung aufwerten. Das ist unseriös, man sollte nur mal zum Vergleich die unterschiedlichen Typen von Menschen (eine Art, Homo sapiens) betrachten.
Wir hatten das große Glück, mit viel Zeit für die Feldmykologie verknüpft, neue Arten mit eindeutiger Abgrenzung zu finden. So wurde die erste blauende und psychoaktive Pilzart Südafrikas im Januar 1994, im Hochsommer in 1500 Metern Höhe im Gras gefunden, das interessanterweise mit Kunstdünger behandelt worden war. Diese Psilocybe natalensis Gartz, Reid, Smith & Eicker taucht mittlerweile als gültige Art auf (GARTZ 1995, STAMETS 1999) und wurde in Herbarien der Universitäten Leipzig, Berlin und Pretoria hinterlegt.
Schon seit Beginn meiner Forschung haben mich Pilze von Holzresten besonders fasziniert. Im November 1986 hatte ich die Möglichkeit, mit Hilfe kompetenter Mykologen aus der damaligen CSSR, die Psilocybe bohemica bei Sazava in einer großen Anzahl von Pilzen zu studieren: Auf Seite 84 wird ein typischer Pilz mit feuchtem braunem, streifigem Hut gezeigt, der dann nach weiß mit blauen Flecken abtrocknet.Besonders interessant ist die Verbreitung der Psilocybe cyanescens Wakefield mit ihren im Alter typischen gewellten Hüten seit etwa 1990 in Europa: Sie wurde bereits vor 70 Jahren aus den Kew Gärten in England beschrieben. Allerdings kommt bei solchen isolierten Standorten in Botanischen Gärten mit Recht sofort der Verdacht auf, dass eine Einschleppung des Pflanzenmaterials aus anderen Teilen der Welt erfolgte. 1962 wurde die Art aus dem Nordwesten der USA beschrieben, die identisch ist, wie ich selbst feststellen konnte. So glauben die Amerikaner an eine europäische Herkunft, die Europäer ebenfalls an eine Einschleppung der Art, vielleicht aus Nordamerika. Jedenfalls erfolgt die nun stürmische[…]
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