Das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz: Ein Ansporn für Forscher

Der Deutsche Bundestag hat am 23. September 2016 das Gesetz zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe (Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz, NpSG) beschlossen. Das Gesetz sieht ein weitreichendes verwaltungsrechtliches Verbot des Umgangs mit neuen psychoaktiven Stoffen (NPS) vor. Das Verbot erfasst das Treiben von Handel, das In-Verkehr-Bringen, die Herstellung, die Ein-, Aus- und Durchfuhr, den Erwerb, den Besitz und das Verabreichen von NPS. Damit will man die Gesundheit der Bevölkerung vor den unkalkulierbaren und schwerwiegenden Gefahren schützen, die mit einem Konsum von NPS verbunden sind.

Mit dem neuen Gesetz wird die Situation verschärft, nicht entschärft.

Das Gesetz enthält in Ergänzung zum einzelstofflichen Ansatz des Betäubungsmittelgesetzes eine Stoffgruppenregelung, um NPS zukünftig rechtlich effektiver begegnen zu können. Die beiden NPS-Stoffgruppen, die dem Verbot unterliegen, sind in der Anlage des Gesetzes aufgeführt:

  • von 2-Phenethylamin abgeleitete Verbindungen (d. h. mit Amphetamin verwandte Stoffe, einschließlich Cathinone)
  • Cannabimimetika / synthetische Cannabinoide (d.h. Stoffe, welche die Wirkung von Cannabis imitieren)

Diese Verbindungen machen seit dem Jahr 2005 zwei Drittel aller neuen Stoffe aus, die über das europäische Frühwarnsystem gemeldet werden. Insofern bestand bei diesen Stoffgruppen ein dringlicher Handlungsbedarf für den Gesetzgeber.

Die anhaltende Flut von NPS ist beunruhigend, da diese Stoffe nicht selten kaum einschätzbar und möglicherweise deutlich gefährlicher sind als bekannte Drogen, und sie ist eine direkte Folge des Verbotes bestimmter psychoaktiver Substanzen. Durch das Verbot ganzer Stoffgruppen sind weitere Ausweichreaktionen der Drogenhersteller in Richtung noch riskanterer neuer Substanzen aus anderen Stoffgruppen zu befürchten. Das NpSG ist nichts anderes als ein Ansporn für Forscher, neue psychoaktive Substanzen aus anderen Stoffgruppen zu entwickeln und auf den Markt zu werfen. Mit dem neuen Gesetz wird die Situation verschärft, nicht entschärft.
Niemand stirbt durch den Konsum von Cannabis; mit NPS kommt es hingegen immer wieder zu Todesfällen. Daher wäre es im Sinne des Gesundheitsschutzes sinnvoller, den Anbau von Cannabis für den Eigenbedarf zu erlauben sowie den Bezug von Cannabis in Mengen für den Eigenbedarf zu ermöglichen. Auch für andere Psychoaktiva, die bereits gut erforscht sind und für die Gesundheit ein geringes Risiko darstellen, sollten regulierte und kontrollierte Abgabemodelle erprobt werden.
Die Verbotspolitik bei psychotrop wirkenden Substanzen erfüllt ihren Zweck nicht und muss als gescheitert klassifiziert werden. Wir brauchen für den Gesundheitsschutz nicht noch mehr Gesetze und Paragraphen, sondern mehr Drogenkultur, einen regulierten Markt mit Qualitätskontrollen und ein neutrales vertrauenswürdiges Informationssystem.

Hans Cousto ist Sachbuchautor, Musikwissenschaftler und Mitbegründer von Eve&Rave Berlin.