Eine Sorte Roggenmehl mit dem Namen Mehlzauber, produziert von der bayerischen Firma Kunstmühle Reisgang aus Pfaffenhofen an der Ilm, muss jetzt aus sämtlichen Supermarkt-Ketten zurückgezogen werden. Das Mehl vom DIN-Typ 1150, das man besonders gerne zum Backen von Mischbrot verwendet, führe bei Verzehr zu verschiedenen Krankheitssymptomen – Kopfschmerzen, Bluthochdruck, Übelkeit. Und Halluzinationen.
Rauschkundige wissen, welcher Schädling das Mehlzauber-Produkt befallen hat: Der Mutterkorn-Pilz, aus dem Albert Hofmann das LSD-25 gewann, ist verantwortlich für die verschiedenen Beschwerden. Verunreinigungen von Mehl mit Claviceps purpurea sind durch ständige Lebensmittelkontrollen und strenge Auflagen für Essbares heutzutage seltener geworden, haben aber besonders in früheren Zeiten der Menschheitsgeschichte viele das Leben gekostet (Stichwort Antoniusfeuer). Der lange, wurmartig-anmutende Pilzkörper befällt verschiedene Getreide-Sorten eher, wenn es im Sommer feuchte Perioden gab. Im Mutterkorn befinden sich die sogenannten Mutterkorn-Alkaloide, die für eine Vergiftung sorgen (z.B. Ergotamin und Ergometrin).
Sämtliche Mehlzauber-Mehle mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum bis zum 17.7.2020 sollen nun aus dem Handel entfernt und vernichtet werden. Die Firma gibt an, nicht selbst für den Fauxpas verantwortlich zu sein, sondern ein Produktlieferant, mit dem sie zusammengearbeitet habe. Jegliche weitere Zusammenarbeit sei daher bereits eingestellt. Kunden, die das Mehl erworben haben, können es ohne Kassenbon in der Filiale, in der sie das Produkt erworben haben, zurückgeben.
Albert Hofmann, Gordon Wasson und Carl Ruck vermuteten, dass die alten Griechen Mutterkorn dem Kykeon beimischten, einem Trunk, der in den Mysterien von Eleusis zum Herbeiführen von ekstatischen und visionären Zuständen gebraucht wurde. Welche Zutaten aber wirklich im eleusinischen Zaubertrank vorhanden waren, bleibt bis heute – passend zum Namen des antiken Ritus – ein Mysterium. Mutterkorn ist nur eine von vielen Möglichkeiten, die in der Wissenschaft als mögliche Ingredienz für das Kykeon gelten, neben beispielsweise Mohn. Wer sich weiterführend für die altgriechischen Mysterien interessiert, sollte einen Blick in das Buch „Der Weg nach Eleusis“, verfasst von den oben genannten Autoren, werfen. Das Buch ist lange schon vergriffen, aber antiquarisch noch verfügbar.