Manchmal macht es nur die Mikrodosis!

XtraÜber den Microdosing-Trend

Text: Markus Berger

Allerorten ist von Microdosing die Rede. Man hört es im Gespräch zwischen Freunden psychoaktiver Substanzen, liest in Fachzeitschriften für Drogenkunde davon, inzwischen findet man aber auch in renommierten Mainstream-Magazinen Abhandlungen über diese Modeerscheinung, über die wir noch so wenig wissen, weil sie noch so jung ist. Ein Überblick über eine neue Richtung innerhalb der Psychonautik und Psychedelik.

Microdosing (auch micro-dosing), zu Deutsch: Mikrodosierung, ist eine Form der Einnahme kleinster oder geringer Mengen psychoaktiver Moleküle, die zurzeit immer mehr im Trend liegt. Zahlreiche Psychonauten, aber auch nicht drogenaffine „ganz normale Leute‟ beschäftigen sich mit Microdosing, also dem zielorientierten Konsum von minimalen Dosierungen psychoaktiver Substanzen, deren pharmakologische Effekte und Wirkungen häufig, im Grunde meistens, nichts mit den klassischen Wirkweisen der verwendeten Substanzen zu tun haben. Wieso aber praktizieren immer mehr Menschen diese mikrodosierte Applikation von Psychedelika? Die Antwort ist einfach: Weil sie zahlreiche Vorteile bieten soll, die auch und gerade im Alltag von großem Nutzen sein mögen, wie zum Beispiel die Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit und Wahrnehmung, antidepressive Effekte, Leistungssteigerung im Sport, auch Doping etc. pp.

Microdosing mit den „klassischen‟ Psychedelika

Die Tryptamine LSD, Psilocin/Psilocybin, Ibogain und andere sowie einige psychedelische Phenylethylamine wie Meskalin, MDMA, 2C-B und weitere werden im sogenannten Microdosing-Bereich eingenommen, zum Beispiel, um die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern, das allgemeine Wohlbefinden zu steigern oder um körperlich fitter und belastbarer zu sein. Im Allgemeinen sagt man, dass etwa 5 bis 10 Prozent der visionären Dosierung von Psychedelika im Microdosing die gewünschten Effekte bringen. Erfahrene Microdoser, die zum Beispiel mit LSD arbeiten, empfehlen als Unterstützung für den Alltag eine Dosis von 10 bis 20 Mikrogramm alle drei bis vier Tage. Das soll geistig fitter, wacher, belastbarer und gesünder machen sowie stimmungsaufhellend und insgesamt positiv wirken.

Ein Beispiel aus der Landschaft der Mainstream-Medien liefert die Zeitung „Die Zeit‟ (Campus) in ihrem Artikel „LSD statt Kaffee‟ vom 22. Dezember 2016. Darin wird ein Protagonist namens Christian (geänderter Name) zitiert, der morgens zum Wachwerden und vor der Uni lieber eine Kleinstmenge LSD einnimmt, anstatt sich mit Kaffee für den Alltag zu dopen: „Wenn Christian einen langen Tag hat, kocht er sich nach dem Aufstehen keinen Kaffee, sondern greift zur Nagelschere, holt ein Stück Pappe aus einer kleinen Metallbox in seinem Zimmer und schneidet sich ein etwa einen Millimeter großes Stück ab. (…) Das Fitzelchen Pappe legt er sich in den Mund und wartet. Nach etwa einer Stunde geht es los. (…) Kaffee, zeigt er mit seinen Händen, ist so ein Auf und Ab, wie eine Achterbahn. Mit LSD dagegen: Er fährt mit seiner Hand eine schnurgerade Linie durch die Luft. Ein Trip wie auf einer frisch geteerten Autobahn‟ (Quelle).

Es gibt daneben auch Anwendungen der Tryptamin- und Phenethylamin-Psychedelika, die gezielt zur Behandlung von Krankheiten und Leiden eingesetzt werden. Immerhin haben diverse Psychonauten und auch manche Forscher schon vor Jahrzehnten herausgefunden, dass man mit geringsten Mengen LSD, Psilocybin(-Pilzen) und Meskalin Kopfschmerzen, Migräne und auch Clusterkopfschmerzen zu behandeln in der Lage ist. Der Chemiker und Mykologe Jochen Gartz dazu: „Schon 1961 wurde über die Wirksamkeit sehr geringer Dosen von Psilocybin bei verschiedenen Erkrankungen berichtet (…) und es scheint, dass diese Substanzklasse ihren Weg über solche unspektakulären Dosierungen durch ihre sehr geringe Toxizität bei guter Wirkung zurück in die Medizin finden kann“ (Gartz 2003). Nun, bisher sind auch mikrodosierte Psychedelika noch nicht wieder in der Medizin angekommen.

Auch im riesigen Pool der Drogendatenbank von Earth und Fire Erowid finden sich Texte zum Thema, zum Beispiel der Artikel „Cluster Headache Treatment with Psilocybin Mushrooms & LSD‟, der verschiedene Erlebnisse von Betroffenen reflektiert: „Wir haben diverse Reports von Anwendern, die mit geringen Dosierungen LSD erfolgreich ihre Migräne behandeln. Die Pharmaka, die schulmedizinisch für eine Migränetherapie eingesetzt werden, sind strukturell mit LSD und den anderen Tryptaminen verwandt; es hat sich aber herausgestellt, dass Psilocybin sowohl die akuten Schmerzen eines Anfalls reduzieren kann, wie auch, dass Clusterattacken nach Einnahme von psychedelischen Tryptaminen über Wochen oder Monate ausbleiben können‟ (Erowid 2003).

Der US-amerikanische Psychologe, Autor und Psychedelikaforscher James Fadiman ist ein engagierter Anhänger und Fürsprecher des LSD-Microdosing. Wie zum Beispiel das Magazin „Vice‟ berichtete, ist Fadiman davon überzeugt, dass die heilsamen Kräfte des LSD insbesondere dann forciert werden, wenn das Molekül in kleinsten Mengen eingenommen wird. Wie „Vice‟ am 18. April 2016 schrieb, bekommt Fadiman „täglich etliche E-Mails begeisterter Microdosing-Fans, die ihm berichten, wie sie alle möglichen Krankheiten und gesundheitlichen Belange wie Angst, Depressionen oder sogar Clusterkopfschmerzen und Menstruationskrämpfe besiegt haben. Wann wissenschaftliche Einrichtungen beginnen werden, diese Berichte ernst zu nehmen, ist indes noch vollkommen unklar. Der Grundgedanke des Microdosings baut auf der lang gehegten Überzeugung auf, dass geringe Mengen LSD bei der Bewältigung psychischer Probleme helfen und zu einer neuen Wahrnehmung führen können‟ (Quelle).

James Fadiman sammelt weiterhin Reports von Usern, die mit Microdosing von Psychedelika Erfahrungen gemacht haben. Auf seiner Website (siehe am Ende des Artikels) befindet sich eine Erklärung, wie man sich als Anwender daran beteiligen kann. Darin findet sich auch eine kleine Orientierungshilfe für Neulinge innerhalb des Microdosings, in der nachfolgenden Tabelle ist festgehalten, welche Dosierungen Fadiman für die einzelnen Substanzen empfiehlt:

LSD: 8 bis 10 Mikrogramm
1P-LSD: 10 bis 15 Mikrogramm
Psilocybin: 0,5 bis 2 Milligramm
Pilze (diverse Arten): 0,2 bis 0,5 Gramm (trocken), etwa 7 Gramm (frisch), Sklerotien („Trüffel‟) 1 bis 2 Gramm
Ibogain: 4 bis 6 Milligramm

Die Angaben für die Pilzarten sind allerdings eher schwammig (man beachte das passende Wortspiel), weil die Psilocybe-Spezies doch recht unterschiedliche Wirkstoffkonzentrationen aufweisen; man vergleiche nur beispielsweise den potenten Psilocybe azurescens mit dem eher wirkstoffarmen Psilocybe cubensis. Zudem unterliegen frische wie auch getrocknete Fruchtkörper der Pilze (auch abhängig von der Lagerung etc.) zuweilen enormen Wirkstoffschwankungen, weshalb hier nur wiederholt werden kann, wie wichtig die Findung einer individuellen Dosis für den Einzelnen ist. Ergänzen lässt sich noch die Dosierung von Meskalin, die einigen Kopfschmerz-, besonders Migränepatienten mit einer Menge zwischen 10 (!) und 60 Milligramm hilfreiche Dienste erweisen kann.

Lucys Xtra

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