Cannabis-Politik in Deutschland nach der Bundestagswahl

Könnte eine kommende Ampel-Koalition die Drogenpolitik verändern?

Das Reichstags-Gebäude in Berlin, in dem der Deutsche Bundestag arbeitet. Foto: Fionn Große | @fionngrosse | via unsplash.com

Im aktuellen Nachspiel der Bundestagswahl bleibt eine sogenannte «Ampel-Koalition» nicht ausgeschlossen: SPD, FDP und Grüne erklärten sich am 18. Oktober 2021 zu ersten Koalitionsverhandlungen bereit. Trotzdem gibt es bereits auch Unstimmigkeiten, besonders die neoliberale FDP zeigt sich skeptisch.

In zumindest einem Punkt ist man sich allerdings einig, nämlich der Befürwortung einer Cannabis-Legalisierung. Alle drei Parteien haben diese Forderung in ihren Wahlprogrammen festgeschrieben. Im Falle einer bevorstehenden Rot-Grün-Gelb-Regierung bleibt also tatsächlich ein kleiner Funken Hoffnung auf Wandel in der deutschen Drogenpolitik.

FDP-Vorstand Christian Lindner sprach sich diesbezüglich beispielsweise für eine Abgabe in Apotheken aus. Diese solle allerdings mit vorhergehender »gesundheitlicher Aufklärung« einhergehen. Trotzdem gibt sich Lindner weiterhin verhalten hinsichtlich der Thematik: Ihm seien »Kriminal- und Gesundheitsprävention« wichtig, nicht »die Legalisierung eines Rechts auf Rausch«.

Doch was genau versprechen die drei Ampel-Parteien in Bezug auf eine Cannabislegalisierung? Die FDP hält sich nicht lange mit dem Thema auf und widmete den Legalisierungsbestrebungen lediglich ein Kapitel (»Kontrollierte Freigabe von Cannabis«) in ihrem Programm. Dort heißt es:

»Wir Freie Demokraten fordern eine kontrollierte Freigabe […] Wir setzen uns dafür ein, den Besitz und Konsum für volljährige Personen zu erlauben. Nur mit einem Verkauf in lizenzierten Geschäften können die Qualität kontrolliert, die Weitergabe von verunreinigten Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet werden. Wenn Cannabis ähnlich wie Zigaretten besteuert wird, können jährlich bis zu einer Milliarde Euro eingenommen werden. Zu beachten bleibt jedoch, dass eine zu hoch angesetzte Steuer und damit ein entsprechend hoher Preis nicht zur effektiven Eindämmung des Schwarzmarktes führen wird. Das zusätzliche Geld soll für Prävention, Suchtbehandlung und Beratung eingesetzt werden […]«
Quelle: Wahlprogramm 2021, Freie Demokratische Partei

Auch im sogenannten «Zukunfstprogramm 2021» der SPD sieht es kaum anders aus: Unter dem Punkt »Gesundheitsschutz, Jugendschutz und Entkriminalisierung bestimmen unsere Drogenpolitik« wird ein Konzept zur Legalisierung in ein paar Zeilen abgehandelt, – quasi nur beiläufig erwähnt (Lucy berichtete). Dabei sprechen sich die Sozialdemokraten für Modellprojekte aus, die eine Entkriminalisierungsstrategie erproben sollen, »begleitet durch Maßnahmen der Prävention, Beratung und Behandlung im Jugendbereich«.

Die Grünen punkten mit dem meisten Inhalt zur Thematik. Auch bei ihnen ist zwar nur ein Paragraf für die Legalisierung reserviert, von allen drei Ampel-Parteien bleiben die Grünen allerdings diejenigen, die sich in ihrem Programm am meisten mit einer anzustrebenden Cannabis-Entkriminalisierung auseinandersetzen. So steht unter dem Punkt »Für eine verantwortungsvolle Drogen- und Suchtpolitik« geschrieben:

»Grüne Drogenpolitik beruht auf den vier Säulen Prävention, Hilfe, Schadensminimierung und Regulierung. Das heutige Betäubungsmittelrecht ist reformbedürftig. Auf dem Schwarzmarkt existiert kein Jugend- und Verbraucherschutz. Wer abhängig ist, braucht […] keine Strafverfolgung. […] Wir wollen Kommunen ermöglichen Modellprojekte durchzuführen und sie dabei unterstützen, zielgruppenspezifische und niedrigschwellige Angebote in der Drogen- und Suchthilfe auszubauen. Hierzu zählen etwa aufsuchende Sozialarbeit, Substanzanalysen (Drug Checking), Substitutions- und Diamorphinprogramme (auch in Haftanstalten) und Angebote für Wohnsitzlose sowie die bessere Vermittlung in ambulante und stationäre Therapie. […] Wir stärken die Suchtprävention mit modernen Ansätzen und digitalen Medien unter Einbeziehung der Zielgruppe, auch für Alkohol, Medikamente und Tabak. […] Das derzeitige Verbot von Cannabis verursacht mehr Probleme, als es löst. Deshalb werden wir dem Schwarzmarkt den Boden entziehen und mit einem Cannabiskontrollgesetz auf der Grundlage eines strikten Jugend- und Verbraucherschutzes einen regulierten Verkauf von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften ermöglichen und klare Regelungen für die Teilnahme am Straßenverkehr einführen. Die Versorgung mit medizinischem Cannabis wollen wir verbessern und die Forschung dazu unterstützen.«
Quelle: Wahlprogramm 2021, Bündnis 90/Die Grünen