Goa – Drei Buchstaben sind genug, um ein farbenfrohes Repertoire von Assoziationen zu wecken. Szenefremde mögen sich nun dreadlockige Hippies in quietschebunten Klamotten vorstellen, von Hasch und Räucherstäbchen geschwängerte Partyluft und vor allem einen ziemlich durchgeknallten Sound. Anhänger der Goa-Szene sind sich zudem darüber im Klaren, dass dieser ziemlich durchgeknallte Sound heutzutage recht differenziert ist. Von hyperaktiv-psychotischen 180 Einschlägen pro Minute bis zu poppigem Arschwackel-Groove ist auf einem Goa-Festival so ziemlich alles möglich. Zwischen diesen Extremen hat sich ein Genre entwickelt, welches das Beste aus den psychedelischen Klangwelten von Goa vereint: Progressive Trance.
Lebensfrohe Delfine hüpfen vor der Kulisse eines tropischen Sonnenuntergangs aus dem Meer. Im glühenden Abendhimmel über ihnen öffnen sich transdimensionale Wurmlöcher, aus denen außerirdische Wesen strömen. Dieses Klangbild bestimmte bis Mitte oder Ende der Neunziger den Sound von Goa Trance. Der Name kommt nicht von ungefähr: Das indische Goa gilt seit Beginn der Hippie-Bewegung als Paradies für Aussteiger aus aller Welt. Irgendwann schwappte die Technowelle an seine palmengesäumten Strände, und elektronische Tanzmusik wurde aufgrund ihres subkulturellen und überaus psychedelischen Potenzials begierig aufgesogen.
Als jene Welle schließlich gebrochen war, rollte sie zurück nach Europa. Doch dort wurde man der überbordenden Melodien, der ekstatischen Acid-Kaskaden und des an Hysterie grenzenden Frohsinns des nun als «Psytrance» bezeichneten Sounds nach und nach überdrüssig. Stattdessen entdeckte man die psychedelischen Qualitäten von minimal gehaltenen Arrangements, die sich auf Rhythmus und einzelne Sounds konzentrierten.
«Es gab so ein generelles Gefühl, wegzukommen vom verschwurbelten, hippiesken, Sonne- und LSD-getränkten Psytrance hin zu einer technoiden, ernsthafteren, europäischeren Variante», erinnert sich Mario Reinsch, der mit seinem Projekt Haldolium zu den Pionieren von Progressive Trance zählt.
Ein nicht weniger einflussreicher Produzenten-Kollege, Atmos aus Schweden, fasste die Situation im Interview um die Jahrtausendwende so zusammen: «Progressive Musik wurde für viele DJs und Musiker ein Ausweg, als ihnen klar wurde, dass klassische Trance-Musik immer weniger ihren Sinn erfüllte, weil sie tatsächlich nicht mehr trancig genug war. Sie wurde lediglich immer schneller und schneller, hysterisch, lärmend und beliebig.
Zuvor, von 1990–1995, war Trance eine Reise in den Sound. Trance hatte eine warme Botschaft aus erdachten und erträumten Welten und eine Geschwindigkeit, die sich auf den menschlichen Herzschlag bezog. Trance war eine Lebensauffassung, ein Bewusstseinszustand – anstelle der späteren Einbahnstraße in die Hölle, bei der es nur noch […]
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