Rausch

XtraEine nüchterne Betrachtung quer durch die Kulturen

Ein Klosterkellermeister probiert seinen Wein. Aus der Handschrift: Li livres dou santé, 13. Jahrhundert.

Text Jeremy Narby

Englisch ist normalerweise eine ziemlich gute Sprache, doch wenn es um «Rausch» geht, ist sie weniger gut. Wenn man im Wörterbuch nachsieht, findet man intoxication, aus dem lateinischen toxicum, Gift, Geschenk auf Deutsch. Aber Rausch ist nicht giftig.

Die Anthropologen sagen immer, dass Kultur wichtig ist; in diesem Fall widerspiegeln die Worte, die uns zur Verfügung stehen, die Werte unserer Kultur, und sie beschränken auch die Art und Weise, wie wir über die Dinge denken.

«Rausch» ist ein gutes Wort. Es kommt aus dem mittelhochdeutschen riuschen, das heißt «ungestüme Bewegung», und aus dem proto-germanischen ruskona für «stürmen, ein Geräusch machen». «Rausch» bezieht sich nicht auf «Gift», sondern auf Bewegung und Klang (Rauschen = Geräusch). Das Wort «Rausch» zeigt, dass es eine enge Verbindung zwischen den Begriffen des akustischen Rauschens, des Rausches und des intensiven Vergnügens gibt.

Ein weiteres Wort, das zur Übersetzung von «Rausch» verwendet wird, ist inebriation, was auch «Trunkenheit» bedeutet. Inebriation kommt vom lateinischen ebrius, das wiederum von der protoindoeuropäischen Wurzel *hegwh– für «trinken» stammt. Ebrius bedeutet «betrunken», seine zweite Bedeutung ist «voll», wie ein Bauch voller Wein. Ebrius ist das, was man ist, wenn man viel Wein getrunken hat. Der Kopf dreht sich.

Ebrius ist die Wurzel des französischen Wortes ivresse. Es gibt alle möglichen Arten der ivresse, Dinge, die den Kopf verdrehen. Liebe, Sex, Macht, Musik und sogar Wut können alle eine bildhafte ivresse hervorrufen, was hier bedeutet, «außer sich geraten (unter dem Einfluss einer starken Emotion)».

Wenn man in Peru über den Rausch spricht, den Ayahuasca hervorbringt, nennt man ihn mareacion, von mareo, Schwindel oder Seekrankheit. Es ist, als ob der Kopf sich wegen der Seekrankheit dreht. Das ist nicht das gleiche Wort wie borracho, was soviel bedeutet wie von Alkohol betrunken. Es gibt also verschiedene Arten, über Rausch nachzudenken und ihn zu benennen – das englische Wort rush hat die gleiche Wurzel wie das deutsche Rausch. Wenn sich also der Kopf dreht, gibt es ein Rauschen, ein Sausen, ein Geräusch im Kopf. Wissenschaftler könnten sich auf einen «veränderten Bewusstseinszustand» beziehen. Das mag wissenschaftlich klingen, aber es ist nicht ganz unproblematisch.

Lucys Xtra

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