Vier Ayahuasca-Sitzungen und acht Wochen Achtsamkeitstraining im Vergleich

Foto: pxhere
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Ayahuasca ist ein Sammelbegriff für Tränke, die auf der beta-carbolinhaltigen Ayahuasca-Liane Banisteriopsis caapi basieren und meist psychedelische N,N-DMT-haltige Pflanzen enthalten. In den letzten Jahren wurden mehrere Pilotstudien veröffentlicht, welche die positiven Wirkungen von schamanisch begleiteten Ayahuasca-Erfahrungen auf die Konsumenten aufzeigten. Dabei zeigten sich überraschende Ähnlichkeiten zu den Wirkungen etablierter Meditations- und Achtsamkeitsübungen.
Eine Gruppe von Forschern um Joaquim Soler aus Barcelona verglich die Effekte von absichtlich nicht-meditativen Ayahuasca-Erfahrungen mit denen eines achtwöchigen Programms zur Achtsamkeitsschulung. Dazu fanden sie zwanzig Freiwillige, die sie in zwei gleich große Gruppen aufteilten. Eine Gruppe sollte insgesamt vier Ayahuasca-Sitzungen im Abstand von je einer Woche durchführen. Diese wurden in einem nicht-religiösen Umfeld in einem wohnlichen, aber nüchternen Raum und unter Aufsicht erfahrener Sitzungsleiter abgehalten. Dabei wurde kein spezieller Fokus auf Mystik oder Achtsamkeitsthemen gelegt.
Die andere Gruppe bestand aus Menschen mit einer konkreten Motivation, an ihrer Wahrnehmung zu arbeiten, und nahm an einer etablierten Achtsamkeitsschulung teil. Darin übten sie für 2,5 Stunden jede Woche, nicht-bewertend auf ihre Körpergefühle zu achten sowie Yoga und sitzende Meditation zu praktizieren. Weiterhin nahmen sie an einem «Tag der Stille» teil.
Um die Effektivität der zwei Behandlungen zu vergleichen, mussten die Teilnehmer vor und nach ihrem Programm Fragebögen ausfüllen. Darin gaben sie an, inwieweit sie bestimmten Aussagen zu den fünf Facetten von «Achtsamkeit» zustimmten: Beobachtungsgabe («Wenn ich bade oder dusche, spüre ich aktiv das Gefühl von Wasser auf meiner Haut»), Ausdrucksfähigkeit («Ich finde immer passende Worte, um meine Gefühle zu beschreiben»), Aufmerksamkeit («Ich bleibe auch bei Ablenkungen fokussiert»), Akzeptanz (»Ich schäme mich nicht für meine Gefühle») und Passivität (»Ich beobachte meine Gefühle, ohne mich dabei in ihnen zu verlieren»).
Das Achtsamkeitstraining erzielte signifikante Steigerungen in allen fünf Facetten der Achtsamkeit (p < 0,001). In der Gruppe der Ayahuasca-Konsumenten war lediglich die Facette der Passivität signifikant erhöht (p = 0,02). Andere Facetten veränderten sich nicht statistisch signifikant. Die Effekte schwankten in der Ayahuasca-Gruppe allgemein deutlich stärker zwischen den einzelnen Teilnehmern.
Die Autoren leiten von diesem Ergebnis zwei Aussagen ab: Zum einen erhöhte Ayahuasca die Facette der Passivität, selbst wenn dies nicht das Ziel der Sitzungen war. Zum anderen verhalf die psychedelische Erfahrung den Teilnehmern nicht von allein zu einem bewussteren Leben. Damit aus einer psychedelischen Erfahrung ein langfristiger Gewinn an Lebensqualität entspringt, muss man zusätzlich und bewusst an sich arbeiten. Aus diesem Grund schlagen die Autoren weitere Studien vor, insbesondere zur Kombination von Ayahuasca-Gebrauch und Achtsamkeitstraining. In der synergetischen Nutzung der beiden Techniken vermuten sie besonders positive Effekte auf die Teilnehmer.

Soler et al. (2018): Four Weekly Ayahuasca Sessions Lead to Increases in “Acceptance” Capacities: A Comparison Study With a Standard 8-Week Mindfulness Training Program. Frontiers in Psychopharmacology.

Linus Naumann