Menschen reagieren individuell verschieden auf psychoaktive Substanzen wie den Ecstasy-Wirkstoff MDMA. Diese Unterschiede lassen sich nicht allein durch die aktuelle Tagesform der Konsumenten erklären. Es ist denkbar, dass sowohl genetische Faktoren als auch das Geschlecht bei der Wirkung eine Rolle spielen.
MDMA wirkt im Gehirn hauptsächlich auf das Serotoninsystem ein, das unter anderem Emotionen verarbeitet. Dabei bindet das MDMA an den Serotonin-Transporter 5-HTT, der daraufhin «rückwärts » läuft und große Mengen dieses Botenstoffs aus den Neuronen freisetzt. Dies führt zu verschiedenen Effekten, vor allem zu starken Glücksgefühlen. Nicht alle Menschen tragen jedoch die gleiche Kopie dieses Transporter-Gens in sich. Es sind zwei Varianten dieses Gens bekannt, genannt L-Form und S-Form, die zu unterschiedlich starkem Vorkommen des Transporters im Gehirn führen. Träger der aktiveren L-Form besitzen bis zu 40 Prozent mehr dieser Serotonintransporter und neigen statistisch gesehen seltener zu Depressionen.
Träger der L-Form des Gens verspürten mehr Angst beim Konsum.
Forscher um Kim Kuypers aus Maastricht untersuchten nun den Zusammenhang zwischen diesen Rezeptor-Varianten und der Wirkung von MDMA. Dazu sammelten sie Daten von vier bereits veröffentlichten klinischen Studien. Darin wurden die MDMA-Effekte bei 63 gesunden Studienteilnehmern (48 Männer und 15 Frauen) zwischen 18 und 40 Jahren aufgezeichnet. Ausschlusskriterien für die Teilnahme an den Studien waren Suchtprobleme, psychische Krankheiten und Schwangerschaft. Durch Blutproben wurde außerdem die genetische Veranlagung der Probanden festgestellt. Zur Untersuchung der MDMA-Wirkung nahmen die Teilnehmer an zwei Terminen einmal ein Placebo und einmal 75 mg MDMA ein. Auf der Höhe der MDMA-Wirkung, nach 90 Minuten, beantworteten die Teilnehmer Fragen zu positiven Effekten wie Freude, Gelassenheit oder Erregung und zu negativen Effekten wie Angst, Verwirrung und Erschöpfung.
Alle Teilnehmer verspürten, unabhängig von Genetik und Geschlecht, starke positive Empfindungen wie Lebhaftigkeit, Freude und Entspannung. Verbreitete negative Nebeneffekte waren Verwirrung und Angst. Die Träger der „L-Form“ des Serotonin-Transporter-Gens verspürten deutlich mehr Angst beim Konsum von MDMA. In dieser Gruppe zeigte sich zudem ein Geschlechterunterschied: Während Frauen im Schnitt eine Verminderung depressiver Gefühle erfuhren, wurden diese Gefühle bei den Männern sogar erhöht.
Die Autoren diskutieren, ob tatsächlich allein die Gen-Variante des Serotonin-Transporters für diese Ergebnisse verantwortlich ist. Andere Studien zu diesem Transporter zeigten nämlich, dass auch der chemische Zustand (Methylierungsmuster) des Transporters eine Rolle bei seiner Aktivität spielt und nicht nur seine Häufigkeit im Gehirn. Zudem existieren weitere genetische Untergruppen des Transporters, die dessen Häufigkeit und Aktivität im Gehirn beeinflussen. Diese wurden in der vorliegenden Studie nicht untersucht. Die Autoren empfehlen weitere Experimente mit einer detaillierteren Einteilung der Probanden im Hinblick auf die Genetik des Serotonin-Transporters, um den Einfluss der Gene auf den MDMA-Rausch weiter zu entschlüsseln.
Kuypers et al. 2018: Depressive mood ratings are reduced by MDMA in female polydrug ecstasy users homozygous for the l-allele of the serotonin transporter. Scientific Reports
Linus Naumann