Von Vorerfahrungen und Vorspeisen

Bis Mitte der 1980er Jahre war Ecstasy (MDMA) legal und wurde vor allem an Workshops sowie privat eingenommen. Damals hatten viele Konsumenten zuvor schon Erfahrungen mit LSD, Zauberpilzen und/oder anderen psychedelisch wirkenden Substanzen gemacht oder sie waren in der einen oder anderen Meditationstechnik bewandert. Nicht selten wurde MDMA als Krönung bei Workshops zu Holotropem Atmen oder verschiedenen Massagetechniken verabreicht. Als Partydroge wurde MDMA seinerzeit selten bis nie konsumiert.
Für erfahrene LSD-Konsumenten war MDMA eine leicht verdauliche Kost – viele genossen die flauschigen und empathischen Effekte von MDMA, doch für manche war Ecstasy nichts anderes als eine Weichspülerdroge.
Nach dem Verbot konnten keine geführten Sessions mehr angeboten werden, und aufgrund der zunehmenden Medienberichte begannen immer mehr Leute, MDMA ohne Grundkenntnisse über dessen Wirkung einzunehmen. In der Folge stieg auch die Zahl der Problemfälle. Als Reaktion darauf gaben verschiedene Szeneorganisationen in den 90er Jahren Broschüren mit den wichtigsten Informationen zu den gängigen Partydrogen heraus. MDMA war inzwischen zur beliebtesten Partydroge avanciert, insbesondere in der Technoszene.

Echte Psychedelika sind eben keine Weichspülerdrogen.

Mitte der 90er Jahre hatten die meisten jungen MDMA-Konsumenten keine Vorerfahrungen mit anderen Psychoaktiva. MDMA war für sie der Einstieg in die Welt psychotrop veränderter Bewusstseinszustände. Wenn sie dann später LSD oder Zauberpilze nahmen, war dies für viele von ihnen keine leicht verdauliche Kost.
Echte Psychedelika sind eben keine Weichspülerdrogen. In der Folge – um unerwünschte Nebenwirkungen abzufedern – wurde deshalb die gleichzeitige Einnahme von LSD und MDMA (Candyflip genannt) immer populärer. Diese Kombination gilt als gut verträglich und wird deshalb heute auch in durchaus bürgerlichen Kreisen bei Familienfesten gereicht.
Ende der 1990er Jahre wurde Speed (Amphetamin) immer populärer, und viele junge MDMAKonsumenten hatten schon vorher Erfahrungen mit Speed gemacht. Für diese Konsumenten war die Ausgangslage für ihre erste MDMA-Session eine völlig andere als für die erfahrenen LSD-Konsumenten in den 80er Jahren. Insbesondere wenn man kurz vor der MDMA-Einnahme Speed konsumiert, werden die empathischen Effekte von MDMA gedrosselt und die Wirkung ist bei Weitem nicht so ein Wohlfühlprogramm wie nach der Einnahme von MDMA nach einer Phase der Nüchternheit.
Die Wirkungen von psychoaktiven Substanzen müssen immer im Kontext mit den anderen eingenommenen Psychoaktiva betrachtet werden. Beispielsweise beginnen viele Anlässe mit einem alkoholischen Aperitif, und das Kokain wird erst nach dessen Konsum offeriert. Hierbei ist mit einer verstärkten Wirkung des Kokains zu rechnen, da eine Einnahme von Kokain nach dem Konsum von Alkohol zur Bildung der Substanz Cocaethylen im Körper führt. Cocaethylen hemmt die Wiederaufnahme von Dopamin in gleicher Weise wie Kokain, und es kommt zu einer deutlichen Verstärkung der Wirkung des Kokains. Konsumiert man hingegen zuerst das Kokain und trinkt danach erst alkoholische Getränke, tritt dieser Effekt nicht ein.

Hans Cousto ist Sachbuchautor, Musikwissenschaftler und Mitbegründer von Eve&Rave Berlin.